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Das Experiment Angel - Maximum Ride ; 1

Das Experiment Angel - Maximum Ride ; 1

Titel: Das Experiment Angel - Maximum Ride ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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streckte die Hand aus, um sie zu trösten.
    Ein Eraser versetzte mir mit seinem handgenähten italienischen Stiefel einen kräftigen Tritt. Aua!
    »Ha, erwischt!«, kreischte Ari, und die anderen lachten schallend. Sie tanzten beinahe vor Schadenfreude und Aufregung.
    »Es sieht ja fast so aus, als wolltet ihr gar nicht zurück in die Schule«, fuhr Ari fort und zeigte seine messerscharfen gelblichen Zähne. Aus seiner Eraserschnauze tropfte Geifer auf mich herab.
    Es waren fünf Eraser und wir drei. Ich bin für meine Größe abartig kräftig, aber Ari wog lockere siebzig Kilo mehr als ich, und er hielt den Stiefel fest auf meine Stirn gepresst. Ich wünschte mir einen Schuss – nur eine einzige Kugel, die seinen Schädel weggepustet hätte.
    Ich fing Fangs Blick auf. Seine Augen waren dunkel und ausdruckslos. Dann schaute ich zu Nudge. Ich versuchte ihr ein aufmunterndes Lächeln zu übermitteln, aber da mein Gesicht voller Blut war, erzielte ich nicht die erhoffte Wirkung.
    Dann hörten wir nur noch das entsetzliche Geräusch des Hubschraubers in der Luft, der sich uns näherte. Die Eraser schwenkten wild brüllend die Arme.
    »Was für eine rührende Szene«, meinte Ari zu mir herunter. »Wir gehen jetzt alle nach Hause. Ganz wie in alten Zeiten.«
    59 Angel lebte! Solange sie lebte, konnte ich mit allem fertig werden.
Ich wusste, dass sie lebte, weil ich sie in dem elenden Käfig neben meinem sehen konnte. Wenn wir die Finger durchs Gitter steckten, waren wir gute zwei Zentimeter zu weit voneinander entfernt, um uns zu berühren.
    »Wenigstens haben sie dir eine große Box gegeben«, sagte sie mit leiser, heiserer Stimme. »Ich bin in einer mittelgroßen.«
    Meine Kehle war zugeschnürt. Dass sie trotz allem immer noch versuchte, tapfer zu sein, erschütterte meine Welt. Ich fühlte mich beschämt, weil ich so lange gebraucht hatte, hierherzukommen, und beschämt, weil wir uns von den Erasern hatten gefangen nehmen lassen, beschämt, weil ich eine Versagerin war, nicht nur eine Missgeburt.
    »Es ist nicht deine Schuld«, sagte sie, meine Gedanken lesend. Sie sah schrecklich aus. Um die Augen hatte sie tiefe Ringe, auf den Wangen purpurrote Flecken, die auf einer Seite am Rand schon gelb und grün wurden. Angel sah so dünn wie ein Blatt aus und ihre Knochen so zart wie Blumenstängel. Ihre Federn waren schmutzig und hingen herab.
    Nudge und Fang waren in Käfigen uns gegenüber. Nur ein Gang trennte uns. Nudge wirkte ziemlich kaputt. Sie versuchte die Angst in den Griff zu bekommen, aber diesen Kampf verlor sie. Fang saß reglos da und hatte die Arme um die Knie geschlungen. Als er Angel zum ersten Mal gesehen hatte, hatte er sie angelächelt, aber danach blickte er nur noch ernst, cool und distanziert drein. Er hatte sich ganz in sich zurückgezogen, an den einzigen Ort, der ihm noch geblieben war.
    »Es tut mir leid, Max«, flüsterte Angel mit besorgten Augen. »Alles ist meine Schuld.«
    »Rede doch keinen Blödsinn«, tröstete ich sie. Meine Stimme klang wegen der gebrochenen Nase, als hätte ich Stockschnupfen. »Das hätte jedem von uns passieren können. Und es ist meine Schuld, dass Fang, Nudge und ich erwischt wurden.«
    Die Gerüche von kaltem Metall und Sterilität um mich herum riefen grauenvolle Erinnerungen in mir hervor, die ich vor langer Zeit begraben hatte. Fetzen von Licht, Schmerzen und Angst zuckten in meinem Kopf auf und machten mich leicht verrückt. Endlich hatte meine Nase aufgehört zu bluten, aber sie tat noch weh. Meine Kopfschmerzen waren schlimm – echt –, und ich sah die eigenartigsten Bilder. Was hatte das alles zu bedeuten?
    »Max, da ist was, das ich dir unbedingt sagen muss.« Angel brach in Tränen aus.
    »Pssscht«, sagte ich. »Das kann warten. Ruhe dich aus, bis du dich ein bisschen besser fühlst.«
    »Nein, Max, es ist echt wichtig …«
    Eine Tür ging auf. Laute Schritte auf dem Linoleum. Angels Augen verrieten Panik. In mir stieg Wut auf, dass etwas , dass jemand einem kleinen Mädchen solche Angst einjagen konnte.
    Ich spannte die Muskeln an, verengte die Augen und bemühte mich, möglichst grimmig auszusehen. Sie sollten es zutiefst bedauern, sich je mit Angel und vor allem mit mir angelegt zu haben. Es würde ihnen leid tun, überhaupt geboren zu sein.
    Ich ballte die Hände zu Fäusten. Ich hockte sprungbereit in meinem Käfig. Ich würde jeden angreifen und fertig machen, der die Tür öffnete. Anfangen würde ich mit Ari, diesem größten Schwein aller

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