Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das fahle Pferd

Das fahle Pferd

Titel: Das fahle Pferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
dass ich einmal mit einer Botschaft zu einem Irrenarzt geschickt wurde und im Vorzimmer warten musste. Dort saß eine nette alte Dame und nippte an einem Glas Milch. Sie machte höflich Konversation über das Wetter, doch plötzlich lehnte sie sich vor und fragte leise:
    ›Ist das Ihr Kind, das dort hinter dem Kamin begraben wurde? Um zwölf Uhr zehn kann man es jeden Tag sehen. Aber Sie mü s sen vorgeben, das Blut nicht zu bemerken.‹
    Es waren nicht die Worte, sondern die ruhige Selbstverständlichkeit, mit der die Frau sprach, die mich schaudern machte. Aber jeder leiseste Hinweis auf Irrsinn in einem Manuskript veranlasst den Schauspieler sofort zu brüllen und zu toben.«
    »Ich fand es übrigens interessant, dass der Darsteller des Macbeth gleichzeitig den dritten Mörder spielte. Machte man das früher auch schon?«, wollte Hermia wissen.
    »Ich glaube wohl«, meinte David. »Wie praktisch muss es doch in jenen Zeiten gewesen sein – da war immer gleich ein Mörder zur Stelle, wenn man etwas zu bereinigen hatte. Heutzutage geht das leider nicht mehr so einfach. Wie bequem wäre es doch, wenn man einfach ein Unternehmen anrufen und verlangen könnte: ›Bitte, senden Sie mir sofort zwei zuverlässige Mörder, ich möchte meine Erbtante loswerden.‹«
    Wir lachten alle.
    »Aber in gewissem Sinne kann man das doch tun, nicht wahr?«, bemerkte Poppy unschuldsvoll.
    Wir sahen sie an.
    »In welchem Sinne, Kleines?«, fragte David.
    »Nun, ich meine, es gibt doch Leute, die so etwas tun… Nur ist es wahrscheinlich sehr, sehr teuer.«
    Poppys Augen waren arglos aufgerissen, die Lippen halb geöffnet.
    »Was willst du damit sagen?«, erkundigte sich David neugierig.
    Poppy machte ein verwirrtes Gesicht.
    »Oh, ich dachte… wahrscheinlich habe ich alles durcheinandergebracht. Ich meinte ›Das fahle Pferd‹ und all diese Dinge.«
    »Ein fahles Pferd? Was ist denn das?«
    Poppy errötete und senkte die Lider.
    »Ach, ich bin wohl dumm! Ich habe bloß einmal das Wort gehört – aber sicher habe ich es falsch verstanden.«
    »Komm, Kleines, bestell dir ein schönes Eis mit Schlagsahne«, lächelte David freundlich.

9
     
    E s ist eine wohl bekannte Tatsache: Wenn einmal ein besonders ausgefallenes Wort erwähnt wurde, hören wir es bestimmt im Laufe von vierundzwanzig Stunden zum zweiten Mal. Diese Erfahrung machte ich auch am folgenden Vormittag.
    Mein Telefon klingelte und ich meldete mich.
    Ein Keuchen war zu hören, dann klang eine atemlose Stimme wie eine Herausforderung: »Ich habe darüber nachgedacht und ich werde kommen.«
    Hastig überlegte ich, was das bedeuten könnte.
    »Das ist ja sehr schön«, antwortete ich, um Zeit zu gewinnen.
    »Es… hm… es betrifft also…«
    »Schließlich schlägt der Blitz nicht zweimal ein.«
    »Ah – sind Sie sicher, dass Sie die richtige Nummer gewählt haben?«
    »Aber natürlich! Sie sind doch Mark Easterbrook, oder?«
    »Ich hab’s!«, rief ich mit plötzlicher Erleuchtung. »Mrs Oliver!«
    »Oh«, kam es erstaunt zurück. »Wussten Sie das denn nicht? Es handelt sich um dieses Fest von Rhoda. Ich werde also kommen und meine Bücher signieren, wenn ihr so viel daran liegt.«
    »Das ist wirklich riesig nett von Ihnen. Sie werden natürlich die große Attraktion sein.«
    »Aber es ist doch keine Gesellschaft, oder?«, erkundigte sich Mrs Oliver misstrauisch. »Sie wissen, wie das ist. Die Leute kommen und fragen mich aus, was ich gerade schreibe – obwohl sie doch sehen, dass ich gerade Tomatensaft trinke. Und Sie sind sicher, dass man mich nicht etwa zum ›Roten Pferd‹ schleppt und verlangt, dass ich Bier trinke?«
    »Zum roten Pferd?«
    »Nun, meinetwegen auch zum fahlen Pferd. Kneipen meine ich. Dort passe ich einfach nicht hin; ich kann höchstens ein einziges Glas trinken.«
    »Wie kommen Sie gerade auf den Namen ›Zum fahlen Pferd‹?«
    »Es gibt doch dort herum ein Lokal, das so heißt, oder nicht? Kann aber auch sein, dass es ein schwarzes Pferd ist… oder ganz woanders liegt. Vielleicht habe ich es mir auch bloß eingebildet. Ich bilde mir immer die unmöglichsten Dinge ein.«
    »Wie sind Sie mit dem Kakadu weitergekommen?«, fragte ich.
    »Der Kakadu?« Mrs Oliver schien absolut nicht zu verstehen.
    »Und mit dem Kricketball?«
    »Wirklich«, bemerkte Mrs Oliver empört. »Sie müssen entweder verrückt sein oder einen Kater haben. Rote Pferde und Kakadus und Kricketbälle! Hat man so etwas schon gehört!«
    Ich hörte ein Krachen, als sie den

Weitere Kostenlose Bücher