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Das fahle Pferd

Das fahle Pferd

Titel: Das fahle Pferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Geschichte zu erzählen. Mr Bradley lauschte sehr aufmerksam; er ging sofort auf alles ein und half mir über gewisse Formulierungsschwierigkeiten hinweg, sodass es mir schließlich ganz leicht fiel, ihm über meine Jugendleidenschaft für Doreen und unsere heimliche Heirat zu berichten.
    »Ja«, nickte er verständnisvoll. »So etwas geschieht oft! Ein junger Mann mit hohen Idealen… und ein hübsches Mädchen. Ehe man sich’s versieht, ist man schon verheiratet. Und was kommt dabei heraus?«
    Ich schilderte ihm, was dabei herausgekommen war.
    Allerdings überging ich dabei großzügig alle Einzelheiten. Der Mann, den ich verkörpern wollte, würde nicht bei Kleinigkeiten verweilen. Ich zeichnete nur das allgemeine Bild der Enttäuschung – ein junger Narr, der erkannte, welch ein Narr er gewesen war.
    Ich deutete an, dass wir einen letzten, endgültigen Streit miteinander hatten. Wenn Bradley daraus entnahm, ein anderer Mann sei dabei im Spiel gewesen, so genügte das.
    »Wissen Sie«, erklärte ich verstört, »sie war wirklich ein nettes Mädchen… obwohl nicht das, was ich erwartet hatte. Und ich hätte niemals geglaubt, dass sie so… nun, dass sie sich so verhalten könnte, wie sie es jetzt tut.«
    »Was geschah denn?«
    »Ich… ich hatte nie mehr etwas von ihr gehört… und tatsächlich glaubte ich, sie sei gestorben.«
    »Wunschträume, Wunschträume, mein Lieber!« Mr Bradley schüttelte betrübt den Kopf. »Tatsache ist, Sie wollten die Frau einfach vergessen.«
    In seiner Art war er ein ganz guter Psychologe, dieser Advokat mit den kleinen, schlauen Augen.
    »Ja«, bestätigte ich dankbar. »Sehen Sie, es war mir an sich auch gleichgültig, denn bisher hatte ich noch nie an eine Wiederverheiratung gedacht.«
    »Aber jetzt hat sich das geändert?«, fragte er freundlich.
    »Nun ja…«, gab ich zögernd zu, in der letzten Zeit sei mir tatsächlich dieser Gedanke gekommen.
    Aber ich hielt an meiner Rolle fest und weigerte mich entschieden, etwas über das betreffende Mädchen zu sagen. Sie sollte nicht in diese Sache hineingezogen werden, erklärte ich fest.
    Meine Haltung schien richtig zu sein, jedenfalls beharrte er nicht darauf, Näheres zu erfahren. Stattdessen bemerkte er: »Ganz verständlich, mein Lieber. Sie haben jetzt die bittere Erfahrung überwunden – Sie haben zweifellos ein Mädchen gefunden, das völlig zu Ihnen passt, das Ihren literarischen ■ Geschmack teilt wie auch Ihre Lebensweise – eine echte Lebensgefährtin.«
    Diese Worte ließen mich erkennen, dass er ganz genau Bescheid wusste über Hermia. Seit er meinen Brief mit der Bitte um eine zweite Besprechung erhalten hatte, musste er sich über meinen Lebenswandel und meine Damenbekanntschaften erkundigt haben. Dabei war er natürlich unweigerlich auf Hermia gestoßen, denn man sah mich kaum jemals mit einer anderen Frau.
    »Wie verhält es sich denn mit einer Scheidung? Das wäre doch die natürlichste Lösung«, meinte er bedächtig.
    »Ausgeschlossen«, seufzte ich. »Meine… Frau will nichts davon wissen. Sie verlangt, dass… dass ich zu ihr zurückkehre – nach all den Jahren! Natürlich hat sie erfahren, dass es jetzt eine andere Frau in meinem Leben gibt, und… und…«
    »Hässliche Handlungsweise; das kennt man. Da scheint es für Sie wirklich keinen Ausweg zu geben, es sei denn… aber Ihre Frau ist ja noch jung…«
    »Und gesund«, fügte ich bitter hinzu. »Sie wird noch Jahrzehnte leben.«
    »Oh, das kann man nie wissen, Mr Easterbrook. Sie hat bisher im Ausland gelebt, wie Sie sagen?«
    »So behauptet sie wenigstens. Aber ich weiß nicht, wo sie all die Jahre gesteckt hat.«
    »Vielleicht im Orient. Oh, und dort gibt es so viele ansteckende Krankheiten – möglicherweise trägt sie den Keim zu einer solchen schon in sich. Manchmal zeigt sich so etwas erst nach Jahren, wenn man wieder in die Heimat zurückgekehrt ist. Ich habe zwei oder drei derartige Fälle gekannt.« Er unterbrach sich einen Moment, um dann sehr betont fortzufahren. »Wenn es Sie irgendwie beruhigen kann, würde ich sogar eine kleine Wette darauf abschließen, dass es sich auch bei Ihrer Frau so verhält.«
    Eigensinnig schüttelte ich den Kopf. »Sie wird noch viele Jahre leben!«
    »Nun, ich muss zugeben, dass diese Möglichkeit groß ist, aber lassen Sie uns einen Einsatz machen. Fünfzehnhundert zu eins, dass die Dame noch vor Weihnachten stirbt. Wie finden Sie den Vorschlag?«
    »Nein – früher… es muss viel früher geschehen!

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