Das fahle Pferd
Beweise.
Die Sache ist klug ausgedacht, Mr Easterbrook, verdammt klug! Und wir besitzen nur eine relativ kleine Namenliste. Der Himmel mag wissen, wie weit verbreitet die ganze Sache ist!«
Er schüttelte zornig den Kopf und fuhr fort: »Nehmen wir nur einmal diese Frau – Thyrza Grey. Sie sagten mir, dass sie mit ihren geheimnisvollen Kräften prahlte. Nun, das kann sie ohne jede Gefahr tun. Mag man sie einsperren, des Mordes anklagen – sie kann ihre Vergehen vor jedem Gericht laut bekennen… und man müsste sie trotzdem wieder auf freien Fuß setzen. Sie ist nie direkt in Verbindung mit den Menschen getreten, die auf unserer Liste stehen; das wird sich bestimmt beweisen lassen. Nach ihren eigenen Angaben sitzt sie ruhig in ihrer Scheune und arbeitet nur per Telepathie. Jeder Gerichtshof würde darob in brüllendes Gelächter ausbrechen.«
Ich atmete tief durch und sagte überstürzt: »Vielleicht haben wir eine Möglichkeit, tiefer in die Sache einzudringen. Ich habe mit einer Freundin zusammen einen Plan ausgearbeitet. Sie mögen ihn vielleicht für sehr dumm halten…«
»Überlassen Sie die Beurteilung ruhig mir.«
»Ich entnehme Ihren Worten, dass Sie an die Existenz einer solchen Organisation glauben und auch daran, dass sie… Resultate erzielt.«
»Ganz bestimmt.«
»Aber wir wissen nicht, wie diese zu Stande kommen. Nur die ersten Schritte sind uns bekannt. Ein… Kunde setzt sich mit Mr Bradley in Birmingham in Verbindung und unterschreibt einen gewissen Vertrag. Wahrscheinlich wird er daraufhin an das ›Fahle Pferd‹ verwiesen. So weit ist uns alles klar. Was aber geschieht dann? Um genauer zu sein: Was geht im ›Fahlen Pferd‹ vor? Das muss jemand herausfinden.«
»Weiter!«
»Nun – ich bin bereit, als Kunde dorthin zu gehen.«
Lejeune starrte mich sprachlos an.
Ich erzählte ihm alles, was Ginger und ich geplant hatten. Er hörte mit gerunzelter Stirn zu und zupfte an seiner Oberlippe.
»Mr Easterbrook, ich verstehe Ihren Standpunkt. Aber sind Sie sich auch klar darüber, in welche Gefahr Sie und Ihre Freundin sich begeben? Vor allem Ihre Freundin?«
»Und ob ich das weiß!«, seufzte ich. »Wir haben stundenlang darüber gestritten. Mir sagt diese Rolle, die sie spielen will, gar nicht zu. Aber sie lässt sich nicht davon abbringen – nicht um alles in der Welt.«
Ganz unerwartet fragte Lejeune: »Ihre Freundin ist rothaarig, nicht wahr, so sagten Sie doch?«
»Ja«, gab ich verblüfft zu.
»Mit einem Rotschopf kann man nicht argumentieren«, lächelte der Inspektor. »Glauben Sie mir – ich muss es wissen!«
Ich fragte mich, ob seine Frau zu dieser Sorte gehörte.
27
B ei meinem zweiten Besuch in Birmingham spürte ich keine Nervosität mehr. Ich folgte der Anweisung Gingers, die mir geraten hatte, mich völlig in meine Rolle hineinzuversetzen, und nun machte mir die Sache beinahe Spaß.
Mr Bradley begrüßte mich mit einem Lächeln des Wiedererkennens.
»Ich freue mich, Sie zu sehen«, rief er und reichte mir seine schwammige, schlaffe Hand. »Sie haben sich also das kleine Problem überlegt, wie ich mit Vergnügen feststelle. Aber Sie hätten sich ruhig mehr Zeit lassen können.«
»Nein, das war unmöglich – die Angelegenheit ist… nun, sie ist wirklich dringend…«
Bradley betrachtete mich eingehend. Er sah meine fahrigen Bewegungen und bemerkte, wie ich unsicher seinen Blick mied.
»Nun, nun«, meinte er tröstend, »lassen Sie uns sehen, was man da tun kann. Sie möchten also eine kleine Wette abschließen, nicht wahr? Da haben Sie ganz Recht; es gibt kein besseres Mittel, um seinen Geist von… hm… Sorgen zu befreien.«
»Die Sache ist so…«, begann ich und schwieg sogleich wieder. Mochte Bradley doch die Verhandlung eröffnen!
»Ich sehe, Sie sind etwas unruhig. Nun ja, Vorsicht kann nie schaden. Aber ich gebe Ihnen mein Wort darauf, dass unser Gespräch sich in vollkommen legalen Bahnen bewegen wird. Kein Gericht der Welt kann etwas dagegen einwenden. Lassen Sie uns die Angelegenheit folgendermaßen bezeichnen: Sie haben eine Sorge, die Sie schwer belastet. Da Sie eine gewisse Sympathie für mich fühlen und überzeugt sind, ich werde volles Verständnis für Sie aufbringen, kommen Sie zu mir, um die Sache zu besprechen. Ich bin ein erfahrener Mann und kann Ihnen vielleicht auch raten. Geteiltes Leid ist halbes Leid, heißt es bekanntlich. Wollen wir auf dieser Basis beginnen?«
Ich nickte mehrmals, wie erleichtert, und begann meine
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