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Das Falsche in mir

Das Falsche in mir

Titel: Das Falsche in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Bernuth
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Straße erkannt zu werden.
    Anne Martenstein und Karen Beck sind an einem Mittwoch und an einem Donnerstag verschwunden. Jeweils nachts. Jemand muss sie also verfolgt und dann die Gelegenheit genutzt haben, als sie allein waren. Und genau das leuchtet Sina nicht ein.
    Anne war vor ihrem Verschwinden mit Freunden unterwegs und wurde zuletzt im »Jensen« gesehen. Diese Freunde kommen alle als Täter nicht infrage, sie haben sich gegenseitig Alibis bis zur Sperrstunde des »Jensen« gegeben, die wochentags, außer Freitag, halb zwei ist. Da war Anne bereits über anderthalb Stunden weg.
    Karen war bei einer Freundin und wollte eigentlich mit ihr zusammen in den Club am Haager Weg gehen. Dann fühlte sich die Freundin laut ihrer Aussage nicht wohl, und Karen ging allein.
    Beides Zufälle. Nicht die Regel. Die Regel lautet, dass Mädchen nicht alleine ausgehen. Jungen machen das – manchmal. Mädchen nie. Und das liegt nicht nur – aber auch – daran, dass deren Eltern Soloaktionen mitten in der Nacht niemals erlauben würden. Mädchen – normale Mädchen – tun das ohnehin nicht gern, denkt Sina, während sie durch die Dunkelheit läuft und sich ohrfeigen könnte, dass sie das nicht schon bei den allerersten Ermittlungen gesagt hat.
    Doch, sie hat es gesagt, natürlich, aber nicht deutlich und bestimmt genug.
    Mädchen sind nachts mit Freundinnen unterwegs oder zu Hause. Sie gehen nicht alleine aus, sie dürfen es nicht und sie wollen es nicht.
    Ein Freund hatte Anne angeboten, sie heimzubringen. Sina versucht, sich seine Aussage im Wortlaut ins Gedächtnis zu rufen.
    Anne wohnt doch nur fünf Minuten weg. Ich hätte sie heimbringen können und danach wieder zurückgehen können. Aber sie wollte nicht.
    Abends hatte es geregnet, nachts hatte es den ersten Frost gegeben. Überfrierende Nässe, sehr glatte Straßen. Sonst wäre Anne wie üblich mit dem Rad gefahren, also viel weniger gefährdet gewesen als zu Fuß.
    So viele Zufälle auf einmal. Was für ein geduldiger Täter, der bereit war, diese glücklichen Zufälle abzuwarten.
    Dann Karen Beck, deren Freundin angeblich nicht mitwollte in den Club am Haager Weg. Noch ein sensationeller Zufall – die Freundin fühlt sich nicht wohl, Karen Beck geht – völlig ungeplant – allein auf die Piste.
    Allein. Ohne Verabredung mit irgendjemandem.
    Mädchen wie Anne oder Karen machen das nicht. Höchstens dann, wenn sie sicher sind, Bekannte zu treffen. Aber Karen verschwand an einem Donnerstag, einem Tag, an dem normalerweise wenige Leute ausgehen und Schüler schon gar nicht, die warten auf Freitag. Sie haben in Karens Bekanntenkreis herumgefragt – niemand war an diesem Tag unterwegs.
    Freitag ist der richtige Tag, um auszugehen. Aber da herrscht viel zu viel Betrieb, um ein Mädchen zu entführen.
    Da hatte der Täter ja wieder einmal richtig viel Glück. Ideale Bedingungen für eine Entführung. Es ist mitten in der Nacht, die Straßen sind kaum belebt, Rufe können ungehört verhallen, ein Mädchen ist leichte Beute.
    Sina zündet sich im Gehen eine Zigarette an. Sie schmeckt scharf und trocken in der beißenden Kälte. Sie mustert die Häuser, an denen sie vorbeiläuft. Wie gut, dass ihr visuelles Gedächtnis sie selten im Stich lässt, denn an die genaue Adresse kann sie sich nicht erinnern.
    Sie spürt das Vibrieren des Telefons in ihrer Jeanstasche und zieht es heraus. Auf dem Display steht Gronbergs Name.
    »Ja«, sagt sie.
    »Wo bist du?«, quäkt Gronberg in ihr Ohr.
    »Unterwegs. Was ist los?«
    »Es gibt eine neue Spur.«
    »Was?«
    »Du hast doch mit Hemming diesen Carl Mulisch entdeckt, der als Einziger eine Freundschaftsanfrage an Leander Kern gerichtet hat.«
    »Der über Facebook?«
    »Ja, du hast den Namen komisch gefunden …«
    »Ja, ich weiß. Und?«
    »Leander Kern hat ihm geantwortet. ›Du bist nicht Carl Mulisch.‹«
    »Das war seine Antwort?« Wind ist aufgekommen, wirbelt den Schnee auf dem Boden auf, lässt Gesicht und Lippen einfrieren, sodass sie kaum ein Wort herausbekommt.
    »Ja. Es ist so, ein Carl Mulisch existiert nicht. Wir konnten aber eine IP -Adresse lokalisieren.«
    Sina stellt sich hinter einen parkenden BMW X5 mit mattschwarzer Panzerlackierung. Wenigstens bietet er ein bisschen Schutz vor dem eisigen Wind. »Wo?«
    »In einem griechischen Imbiss.«
    »In einem griechischen …«
    »Kennst du die Franklinstraße? Von dort aus ist die Anfrage gesendet worden.«
    »In der Nähe vom Lessingdamm, nicht weit vom

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