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Das Falsche in mir

Das Falsche in mir

Titel: Das Falsche in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Bernuth
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ins Gesicht und schiebt mir mit der anderen Hand eine Flasche Schnaps unter die Nase.
    »Danke, nein«, sage ich höflich und versuche, seinem Griff zu entkommen, als mich einer seiner Kompagnons in den Schwitzkasten nimmt.
    »Trink das!«
    »Hören Sie auf damit!«
    »Runter damit!«
    Ich nehme gehorsam einen Schluck der scharfen Flüssigkeit, die in Hals und Magen brennt. Mir schießen Tränen in die Augen, ich muss husten. Und schon wieder stößt die Flasche an meine Lippen. Ich stoße sie zur Seite, sie fällt auf den Boden und zerspringt. Ich nutze den Überraschungseffekt und befreie mich mit einem Ruck aus der Umklammerung.
    »Lassen Sie mich in Ruhe«, sage ich. Meine Angst ist weg, jetzt regiert eine Wut, die ich fast nicht mehr unter Kontrolle habe. Dabei merke ich nicht, dass meine Mütze heruntergefallen ist und mir jemand die elegante Hornbrille, mein zweites camouflierendes Element, von der Nase gerissen hat. Es fällt mir erst auf, als ich die Blicke bemerke.
    »Hey«, sagt einer, und seine Stimme klingt klar und nüchtern. »Den kenn ich irgendwoher.«
    Zwei der Männer halten mich von hinten fest, die anderen starren mich an. Zwei Passantinnen gehen rasch und mit gebührendem Abstand an uns vorbei.
    »Wie heißt du?«
    »Das geht dich nichts an.« Noch immer habe ich keine Angst, sondern warte auf meine Chance, diesen Idioten zu entkommen.
    »Ich kenn den aus dem Fernsehen«, sagt ein Rothaariger. Sein Gesicht ist rosig wie ein Ferkel, die kleinen, dicken Augen und die massive Kinn-Mund-Partie erinnern allerdings eher an ein ausgewachsenes Schwein. Ich trete mit aller Kraft gegen das Schienbein des einen, der mich festhält, und während er aufschreit und mich loslässt, ist der andere dran.
    Bevor sich der Rest auf mich stürzen kann, laufe ich los, Richtung Hauptbahnhof. Ich höre lautes Fluchen, Getrappel und dann schließlich meinen Namen. Und gleich danach den Ruf nach der Polizei.
    Sie haben mich erkannt.
    Ich laufe am Bahnhof vorbei, durch das Gewirr der kleinen Gassen. Schließlich habe ich sie abgehängt. Es ist noch immer dunkel, und ich verlangsame meine Schritte, gehe einfach so vor mich hin, ohne Mütze und Brille. Wenigstens der Schal ist mir geblieben.
    Ein paar Stunden später geht es mir besser. Ich habe eine neue Mütze, diesmal mit Ohrenklappen aus falschem Fell, und eine billige Sonnenbrille erstanden. In einem türkischen Lebensmittelladen kaufe ich Fladenbrot, Butter, Schafskäse und Tomaten. Außerdem löslichen Kaffee, denn das Zimmer in meinem Hotel ist mit einem Wasserkocher, Tassen und Kaffeelöffeln ausgestattet.
    Um zehn Uhr beschließe ich, ins Hotel zurückzugehen, aufdie Gefahr hin, dass die Polizei jetzt die Gegend durchkämmt. Aber ich bin einfach nicht imstande, den ganzen Tag in der eisigen Luft auf der Straße zu verbringen. Außerdem gibt es neben der Rezeption des »Monsoon« einen Computer, den die Gäste gegen Bezahlung benutzen können.
    Ich mache mich langsam auf den Weg zurück, den Blick gesenkt, nicht zu schnell, nicht zu langsam, so normal wie möglich, um kein Aufsehen zu erregen. Die Sonnenbrille setze ich wieder ab, weil niemand bei diesem düsteren Wetter eine trägt, es sei denn, er hat etwas zu verbergen.
    Als ich wieder auf der Nibergstraße bin, fährt ein Polizeiwagen langsam an mir vorbei. Ich verschwinde in einem Geschäft für gebrauchte Handys und versuche, so zu tun, als sähe ich mich um. Zu meinem Pech kommt sofort ein junger Mann und fragt mich nach meinen Wünschen. Kaum zwei Minuten später hat er mir ein billiges Modell mit aufgeladener Prepaidkarte verkauft, das ich achtlos in die Tasche stecke. Und schon stehe ich wieder vor der Tür, weil ich einfach nicht imstande war, ein längeres Verkaufsgespräch zu führen.
    Um nicht panisch zu werden, sage ich mir, dass die Ohrenklappen mein Profil verdecken. Zu spät sehe ich, dass der Wagen fünfzig Meter vor mir in zweiter Reihe hält, die Signalleuchte auf dem Dach blinkt träge vor sich hin. Ich überlege, ob ich umdrehen soll, aber es sind jetzt recht viele Menschen unterwegs. Ich versuche, mich hinter Mänteln zu verstecken und dabei den Eindruck zu vermeiden, als würde ich genau das tun: mich verstecken.
    Zwei Polizisten, ein Mann und eine Frau, stehen wie unschlüssig an ihrem Wagen, scheinen die Gesichter der Entgegenkommenden zu mustern. Ein weiterer Wagen hält schräg gegenüber. Ich biege in die Schradergasse ein, die zu einer öffentlichen Tiefgarage führt. Ein Wagen kommt

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