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Das falsche Urteil - Roman

Das falsche Urteil - Roman

Titel: Das falsche Urteil - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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war doch erst elf.«
    »Mm«, sagte deBries. »Und dann wurde er verurteilt.«
    »Ja. Obwohl er alles abstritt. Es war der 20. Juni, das weiß ich noch, weil in derselben Woche die Ferien anfingen, wir haben in der Schule die Radioreportage gehört.«
    »Unglaublich«, sagte deBries. »Und was hat er gekriegt?«
    »Zwölf«, sagte Rooth.
    DeBries nickte.
    »1974 entlassen«, sagte er. »Und wann ging es wieder los?«
    »1981. Er war in sein Haus zurückgezogen und hatte die Hühnerzucht wieder aufgenommen.«
    »Hühnerzucht?«
    »Sieben. Oder Eierfarm, oder was du willst. Er schien
durchaus kein gebrochener Mann zu sein. Hatte schon vor der Beatricegeschichte mit dem Federvieh angefangen... war so eine Art Pionier, glaube ich, mit künstlichem Licht im Hühnerstall, so dass die Viecher die Nacht für den Tag gehalten haben oder so. Hat den Tag um zwei Stunden verkürzt, und deshalb haben sie schneller gelegt oder so ähnlich ...«
    »Erstaunlich«, sagte deBries. »Erfinderischer Knabe.«
    »Sicher«, sagte Rooth. »Hat seine Eier in Linzhuisen und hier in Maardam verkauft. Vor allem in der Markthalle, glaube ich. Doch, er ist immer wieder auf die Beine gekommen.«
    »Stark?«
    »Ja«, sagte Rooth und dachte nach. »Das war es doch gerade... er war gewissermaßen unmenschlich stark.«
    Er verstummte und deBries nahm sich noch eine Zigarette.
    »Der Marlenemord«, sagte er dann und blies einen dünnen Rauchstreifen über den Schreibtisch. Rooth hustete.
    »Scheißschlot«, sagte er. »Na ja, im selben Wald wurde also wieder eine Frauenleiche gefunden. Fast an derselben Stelle sogar. Und nach zwei Monaten wurde er wieder festgenommen. Nach zwanzig Jahren also.«
    »Und auch diesmal hat er nicht gestanden?«
    »Gestanden? Nicht ums Verrecken. Hat nicht einen Millimeter nachgegeben. Sei zweimal mit der Kleinen im Bett gewesen, aber das sei nun wirklich alles, behauptete er. Auch diesmal gab es wieder einen schrecklichen Prozess, aber davon erzähle ich ein andermal. Er ist auf jeden Fall einzigartig ... war einzigartig, sollte ich vielleicht sagen.«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Er ist der Einzige hier zu Lande, der zweimal ohne Geständnis wegen Mordes verurteilt worden ist. Absolut einzigartig, ganz einfach.«
    DeBries dachte nach.

    »Ist sein Geisteszustand untersucht worden?«, fragte er.
    »Beide Male«, sagte Rooth. »Ganz gesund, hieß es. Da gab es keinen Zweifel.«
    »Hat er sie auch vergewaltigt?«
    Rooth zuckte mit den Schultern.
    »Weiß ich nicht«, sagte er. »Spermaspuren gab es jedenfalls keine. Aber beide waren nackt, als sie gefunden wurden. Und beide waren erwürgt worden. Ungefähr mit derselben Methode.«
    »Aha«, sagte deBries und verschränkte die Hände im Nacken. »Und jetzt liegt er selber da. Das riecht wirklich nicht gut, das kann ich dir sagen. Um über etwas anderes zu reden, wo steckt Münster?«
    Rooth seufzte.
    »Im Krankenhaus«, sagte er. »Du glaubst doch wohl nicht, der Kommissar könnte die Finger von so einem Leckerbissen lassen?«
    »Leckerbissen?«, wiederholte deBries. »O Scheiße!«

14
    Münster entfernte das Papier von den gelben Rosen und steckte es in seine Jackentasche. Die Krankenschwester lächelte vorsichtig und flüsterte, als sie die Tür öffnete: »Viel Glück.«
    Kann ich auch brauchen, dachte Münster und ging hinein. Das Bett links war leer. Im rechten, vor dem Fenster, lag der Kommissar und Münster musste sofort an einen alten miesen Witz denken: Warum sind die Einwohner der Stadt Neubadenberg so unsäglich doof?
    Weil die Hebammen dort alles umgekehrt machen.
    Sie werfen nämlich die Babys weg und ziehen die Nachgeburt auf.
    Van Veeteren eine Nachgeburt? Ganz so schlimm war es
vielleicht nicht, aber als Münster sich vorsichtig dem Bett näherte, sah er immerhin ein, dass er in der nächsten Zeit vom Badminton befreit sein würde.
    »Hrrm«, sagte er vorsichtig und blieb am Fußende stehen.
    Der Kommissar öffnete die Augen, eins nach dem anderen. Einige Sekunden verstrichen. Dann öffnete er auch den Mund.
    »Ja Scheiße.«
    »Wie geht es dem Kommissar?«, fragte Münster.
    »Zieh mich hoch«, fauchte Van Veeteren.
    Münster legte die Blumen auf die Bettdecke und konnte Van Veeteren halbwegs zum Sitzen bringen – mit Hilfe zweier Kissen und der geröchelten Instruktion des Kommissars.
    Seine Gesichtsfarbe erinnerte Münster an Erdbeeren, die über Nacht in Alkohol gelegen haben, und nichts sprach gegen die Vorstellung, dass Van Veeteren sich auch so

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