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Das falsche Urteil - Roman

Das falsche Urteil - Roman

Titel: Das falsche Urteil - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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ja.«
    »Ja, wenn.«
    »Schwer zu sagen«, sagte deBries.
    »Sehr schwer. Eins zu tausend? Ja, das ist sicher so ungefähr das richtige Verhältnis.«
    Der Kellner brachte die Käseplatte und deBries schenkte die Gläser wieder voll.
    »Aber das Motiv?«, fragte er nach einer Weile. »Kannst
du bei irgendeiner dieser drei Tanten auch nur den Schatten eines Motivs sehen? Und wenn die Sache überhaupt einen Sinn haben soll, dann muss die Besucherin doch die wahre Identität des Mörders gekannt haben. Und mir kommt keine besonders qualifiziert in dieser Hinsicht vor.«
    »Ich kapiere auch nicht, warum sie es dann für sich behalten will«, sagte Moreno. »Wenn sie Verhaven wirklich den wahren Mörder genannt hat, dann gibt es doch keinen Grund, aus dem sie das jetzt nicht zugeben mag. Oder vielleicht doch?«
    »Weiß der Teufel«, sagte deBries und rieb eine Weintraube an der Tischdecke sauber. »Nein, ich kann hier keinen Sinn entdecken, das wissen die Götter.«
    Moreno seufzte.
    »Ich auch nicht«, sagte sie. »Das ist alles so vage. Wir wissen nur, dass Verhaven am 5. Juni 1992 Besuch von einer Frau bekam, die sich Anna Schmidt nannte. Wir haben keine Ahnung, wer sie wirklich war oder worüber sie gesprochen haben. Wir setzen ganz schön viel voraus, wenn wir so vorgehen: Zuerst behaupten wir, dass es mit den Morden zu tun hat. Dann erklären wir den Besuch damit, dass sie Verhaven den wirklichen Mörder nennen wollte. Danach stecken wir sie nach Kaustin ... das ist nicht gerade eine starke Argumentationskette.«
    »Außerdem«, meldete deBries sich zu Wort, »sind wir nicht einmal hundertprozentig sicher, dass es sich bei dem Toten wirklich um Verhaven handelt. Und wir wissen erst recht nicht, ob er wirklich unschuldig für diese Morde gesessen hat. Nein, wenn wir damit zum Staatsanwalt gehen, lacht der sich garantiert die Hucke voll.«
    Moreno nickte.
    »Aber das ist ja nicht unser Bier«, sagte deBries dann. »Wir befolgen nur Befehle: Macht euch auf den Weg und sucht alle Frauen mit Stock in diesem Loch. Oder alle Typen mit Zahnklammer in Aarlach. Alle linkshändigen Nutten
in Hamburg. Fragt sie, was sie am Tag vor dem Heiligen Abend zwischen drei und vier Uhr gemacht haben, und vor allem – notiert jedes Wort, das sie sagen. Detektivarbeit macht wirklich Spaß, genau davon habe ich geträumt, als ich beschlossen habe, zur Kripo zu gehen.«
    »Ich glaube, der Polizeidirektor ist heute Abend ein wenig desillusioniert«, sagte Moreno mit kurzem Lachen.
    »Durchaus nicht«, sagte deBries. »Die Assistentin legt meine Beweggründe aufs Falscheste aus. Ich fahre gern nach Spitzbergen und befrage jeden verdammten Pinguin nach seinen Ansichten über den Treibhauseffekt... wenn ich das in deiner Gesellschaft tun darf. Prost!«
    »Prost!«, erwiderte Moreno. »Ich glaube, auf Spitzbergen gibt es gar keine Pinguine. Aber egal, morgen gibt es sicher neue Aufträge, oder nicht?«
    DeBries nickte.
    »Davon gehe ich aus«, sagte er. »Münster und der Kommissar wollen die Kiste wohl auf eigene Faust an Land bringen. Aber leicht wird das sicher nicht, fürchte ich.«
    »Vermutlich nicht. Was glaubst du eigentlich? Werden die das überhaupt klären können?«
    DeBries dachte eine Weile nach.
    »Keine Ahnung«, sagte er dann. »Seltsamerweise habe ich das Gefühl, dass sie das so nach und nach schaffen werden. W wird doch bei seiner Entlassung bestimmt in seiner brutalsten Bluthundstimmung sein. Er ist im Moment gar nicht pflegeleicht, sagt Münster.«
    »Ist er das denn je?«
    »Nein«, seufzte deBries. »Da hast du natürlich Recht. Wie gut, dass man wenigstens nicht mit ihm verheiratet ist.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Gar nichts«, sagte deBries.
    Moreno schaute auf die Uhr.
    »Apropos verheiratet, wir sollten vielleicht die Tafel aufheben.«

    »Das sollten wir wohl«, sagte deBries. »Danke für den schönen Tag. Wir haben offenbar keinen Wein mehr ... sonst würde ich gern auf dein Wohl trinken.«
    »Das hast du schon zweimal gemacht«, sagte Moreno. »Das reicht. Endlose Mengen an Schmeicheleien mag ich auch nicht hören.«
    »Das gilt auch für mich«, sagte deBries. »Jetzt gehen wir nach Hause.«

31
    Auf den ersten Blick, in der ersten Zehntelsekunde, nachdem er die Tür geöffnet hatte, erkannte er nichts wieder. Der Gedanke, dass es ihm gelungen war, alles während seiner zwölftägigen Abwesenheit zu vermissen, jagte ihm durch den Kopf, aber dann sah er, dass er es hier noch immer mit denselben alten

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