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Das falsche Urteil - Roman

Das falsche Urteil - Roman

Titel: Das falsche Urteil - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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den Sonnenschein über der
heißen Stadt. Elena Klimenska strich eine Falte in ihrer graubeigen Kleidung gerade, verzog aber keine Miene.
    »Können Sie nachts gut schlafen, Frau Klimenska?«
    Sie kniff den Mund zu einem dünnen Strich zusammen. Er konnte ihr ansehen, dass sie jetzt genug hatte. Dass sie wohl nicht bereit sein würde, sich weiteren Fragen oder Andeutungen zu stellen.
    »Ich frage nur aus purer Neugier«, sagte er. »Es gehört ja doch zu meiner Arbeit, bisweilen auch den Psychologen zu spielen. Wenn ich zum Beispiel durch eine vollkommen unbegründete und zusammengeschusterte Aussage einen Menschen für zwölf Jahre hätte einsperren lassen, dann würde ich mich wirklich nicht ganz wohl in meiner Haut fühlen. Sie wissen doch, das Gewissen und überhaupt...«
    Seine Besucherin erhob sich.
    »Jetzt habe ich genug von Ihren...«
    »Aber Sie hatten vielleicht einen besonderen Grund?«
    »Was zum...«
    »Ihn ins Gefängnis zu bringen, meine ich. Das würde alles erklären.«
    »Leben Sie wohl, Kommissar. Sie können sich darauf verlassen, dass der Polizeichef von diesem Vorfall hören wird.«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und schaffte drei Schritte in Richtung Tür. Van Veeteren sprang auf.
    »Scheißkuh«, fauchte er.
    Sie erstarrte.
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Ich wollte Ihnen nur einen schönen Samstagnachmittag wünschen. Finden Sie selber den Weg oder soll ich Sie begleiten?«
    Zwei Sekunden darauf war er wieder allein, aber er konnte ihre wütenden Absätze auf dem ganzen Weg zum Fahrstuhl hören.
    Ja, ja, dachte er und zog am Schwerelosigkeitshebel. So sollten wir sie anfassen.

32
    »Ich weiß«, sagte Synn. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.«
    »Im Krankenhaus hat er jedes Wort über diesen verdammten Fall gelesen«, sagte Münster. »Er musste sich das einfach selber anschauen, und Auto fahren darf er noch nicht wieder.«
    »Ich weiß«, wiederholte Synn. Sie blätterte in der Zeitung und blies auf ihren Kaffee. Es war erst halb acht, aber die Jungen waren schon lange vor sieben erwacht und kümmerten sich nicht um Sommer und Sonntag ... es war ein Morgen mit sanftem Wind und Kirschenblüten und lautem Vogelzwitschern, das durch die halb offenen Balkontüren hereindrang und sich mit Mariekes Kichern im Kinderzimmer und Barts ewigem Monolog über Drachen und Monster und Fußballspieler mischte.
    Er erhob sich und trat hinter seine Frau. Streichelte ihren Nacken. Schob die Hand in ihren Morgenrock und umschloss vorsichtig ihre Brust, und plötzlich überkam ihn der Schmerz, die kalte Furcht und das Wissen, dass er diesen Moment verlieren würde. Diese Sekunde absoluten und vollkommenen Glücks – eine von den zehn oder zwölf, die ein ganzes Leben ausmachten und ihm vielleicht seinen Sinn gaben ...
    Das glaubte er zumindest. Wenn du zwölf gute Erinnerungen hast, hatte Onkel Arndt einmal erklärt, als Münster auf seinem Knie gesessen hatte, dann warst du ein glücklicher Mensch. Aber zwölf ist schon ganz schön hoch gegriffen, du solltest also bald mit Sammeln anfangen.
    Vielleicht spürte sie seine Unruhe, denn sie legte ihre Hand auf seine und drückte sie fester gegen ihre Brust.
    »Schön«, sagte sie. »Ich mag deine Hände. Wir schaffen doch auf jeden Fall einen Nachmittagsausflug? Zum Lauerndamm oder so? Eine Runde Liebe unter freiem Himmel
wäre doch nett, es ist schon eine Weile her ... oder was sagst du, mein Geliebter?«
    Er schluckte sein Entzücken hinunter.
    »Jederzeit, meine Geliebte«, erwiderte er. »Ich bin bis eins zurück. Mach dich also bereit.«
    »Bereit?« Sie lachte. »Ich bin jetzt schon bereit, wenn du willst.«
    »Verdammt«, sagte Münster. »Wenn die Kinder und der Kommissar nicht wären, dann ...«
    Sie ließ seine Hand los.
    »Vielleicht sollten wir ihn zum Kinderhüten herbitten?«
    »Hrm«, sagte Münster. »Ich bin nicht sicher, ob das wirklich eine gute Idee wäre.«
    »Na gut«, sagte Synn und zog ihren Morgenrock fester zusammen. »Dann müssen wir bis heute Nachmittag durchhalten.«
     
    Der Kommissar wartete schon vor dem Haus, als Münster vor Klagenburg 4 anhielt. Van Veeterens unterdrückte Erregung war nicht zu übersehen, und als er sich auf den Beifahrersitz sinken ließ, fischte er sofort zwei Zahnstocher hervor, die er dann energisch von einem Mundwinkel in den anderen wandern ließ. Münster wusste, dass das hier einer der häufigen Momente war, in dem jegliche Konversation wenn nicht verboten, so doch auf jeden Fall sinnlos

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