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Das fehlende Glied in der Kette

Das fehlende Glied in der Kette

Titel: Das fehlende Glied in der Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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wäre Mary Cavendishs Verhalten völlig unerklärlich. Falls es aber John gewesen war, würde das natürlich die ganze Sache erklären.»
    «Ach so!» Mir dämmerte es. «Dann hat John sich an jenem Nachmittag mit seiner Mutter gestritten?»
    «Genau.»
    «Und Sie wussten das die ganze Zeit?»
    «Gewiss. Mrs. Cavendishs Verhalten ließ sich nur so erklären.»
    «Und dennoch sagen Sie, dass er freigesprochen wird?»
    Poirot zuckte die Schultern. «Natürlich. Wir werden ja demnächst bei der Gerichtsverhandlung sehen, was die Anklage gegen ihn vorzubringen hat, aber höchstwahrscheinlich werden seine Anwälte ihm sagen, dass er erst einmal nichts zu seiner Verteidigung vorbringen soll. Das wird dann später beim Prozess geschehen. Ach, ich muss Sie übrigens warnen, mein Freund. Ich darf dort nicht erscheinen.»
    «Was?»
    «Nein. Ich habe ja offiziell nichts damit zu tun. Bis ich mein letztes Glied in der Beweiskette gefunden habe, muss ich hinter den Kulissen bleiben. Mrs. Cavendish muss glauben, dass ich für ihren Mann arbeite und nicht gegen ihn.»
    «Also ich finde das aber nicht sehr anständig», protestierte ich.
    «Ganz und gar nicht. Wir haben es mit einem sehr schlauen und völlig gewissenlosen Mann zu tun, und wir müssen alles gegen ihn einsetzen, was in unserer Macht steht, sonst schlüpft er uns durch die Finger. Deshalb muss ich darauf achten, im Hintergrund zu bleiben. Inspektor Japp hat alle Beweise gefunden und er wird auch alle Lorbeeren dafür einheimsen. Falls ich als Zeuge aufgerufen werde» – er lächelte von einem Ohr zum andern –, «dann wahrscheinlich als Zeuge für die Verteidigung.»
    Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte.
    «Das ist ganz en règle», fuhr Poirot fort. «Seltsamerweise kann ich mit meiner Aussage die Argumente des Staatsanwalts widerlegen.»
    «Welche?»
    «Das, was sich auf die Zerstörung des Testaments bezieht. John Cavendish hat das Testament nicht vernichtet.»
    Poirot war ein guter Prophet. Ich werde die Einzelheiten der Vorverhandlung überspringen, da sie viele ermüdende Wiederholungen beinhaltete. Ich will nur festhalten, dass John Cavendish jede Aussage verweigerte und dann offiziell Anklage gegen ihn erhoben wurde.
    Im September fanden wir uns alle in London wieder. Mary mietete ein Haus in Kensington und Poirot gehörte mit zur Familie.
    Ich hatte inzwischen einen Posten beim Kriegsministerium bekommen und konnte sie so regelmäßig besuchen.
    Als die Wochen verstrichen, verschlechterte sich der Zustand von Poirots Nerven mehr und mehr. Das letzte Glied, von dem er stets sprach, fehlte immer noch. Ich für meinen Teil hoffte, dass es so bleiben würde, denn wie sollte Mary glücklich werden, wenn John nicht freigesprochen würde?
    Am 15. September erschien John Cavendish auf der Anklagebank im Old Bailey und wurde des vorsätzlichen Mordes an seiner Stiefmutter Emily Agnes Inglethorp angeklagt. Er erklärte, er sei «nicht schuldig».
    Der berühmte Anwalt Sir Ernest Heavyweather verteidigte ihn.
    Der Staatsanwalt Mr. Philips eröffnete die Verhandlung.
    Er behauptete, es handele sich um nichts Geringeres als vorsätzlichen und höchst kaltblütigen Mord. Eine liebevolle und vertrauensselige Frau sei von ihrem Stiefsohn, dem sie wie eine Mutter gewesen sei, absichtlich vergiftet worden. Seit seiner Kindheit hatte sie für ihn gesorgt. Er und seine Frau hatten auf Styles Court in allem Luxus gelebt, umgeben von der Fürsorge ihrer großzügigen Wohltäterin.
    Er versprach, Zeugen zu laden, die beweisen konnten, dass der Angeklagte ein Wüstling und Verschwender gewesen sei, der unter schwerem finanziellen Druck gestanden und eine Affäre mit einer gewissen Mrs. Raikes, der Frau eines benachbarten Bauern, gehabt habe. Als das der Stiefmutter zu Ohren gekommen sei und sie ihn am Nachmittag vor ihrem Tod damit konfrontiert habe, endete das in einem Streit, der teilweise von anderen Personen mitgehört worden sei. Am Tag zuvor habe der Angeklagte in der Dorfapotheke Strychnin gekauft und sich dabei verkleidet, um den Verdacht auf einen anderen Mann zu lenken, nämlich auf Mrs. Inglethorps Ehemann, auf den er fürchterlich eifersüchtig gewesen sei. Doch zum Glück hatte Mr. Inglethorp ein lückenloses Alibi vorweisen können.
    Am Nachmittag des 17. Juli, so fuhr der Staatsanwalt fort, verfasste Mrs. Inglethorp direkt nach dem Streit mit ihrem Sohn ein neues Testament. Dieses Testament wurde am nächsten Morgen verkohlt in ihrem Kamin gefunden, aber es

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