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Das Fenster zum Hof

Das Fenster zum Hof

Titel: Das Fenster zum Hof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornell Woolrich
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Minuten hin und fünfzehn zurück. »Gleich am Eingang ist ein kleiner
Pavillon .«
    »Zu wievielt kommt ihr ?« fragte er vorsichtig.
    »Nur ich allein. Es zahlt sich aus, so
was für sich zu behalten. Da braucht man nicht zu teilen .«
    Das schien ihm einzuleuchten. »Dann
werd ich halt mal da rauslaufen«, meinte er. »Nur, um zu sehen, was das Ganze
soll .«
    Als er aufgelegt hatte, verfolgte ich
jede seiner Bewegungen noch aufmerksamer als zuvor. Er huschte sofort hinüber
in den Raum am Ende der Wohnung, das Schlafzimmer, dem er sich ansonsten
überhaupt nicht mehr näherte. Dann verschwand er in einem großen
Kleiderschrank, um nach etwa einer Minute wieder aufzutauchen. Er mußte etwas
herausgeholt haben, das er dort drinnen in irgendeiner Ecke versteckt hatte, wo
es selbst die Herren von der Polizei nicht gefunden hatten. Die Bewegung, mit
der er es in der Tasche verschwinden ließ, sagte mir, was es war. Ein
Schießeisen.
    »Nur gut«, dachte ich mir, »daß ich
nicht da draußen im Lakeside Park stehe und auf meine siebzig Dollar warte .«
    Die Wohnung wurde dunkel. Er war
unterwegs.
    Ich rief Sam herein. »Ich möchte dich
um etwas bitten, was ein bißchen riskant ist. Besser gesagt, verdammt riskant
sogar. Du kannst dir ‘n Bein dabei brechen oder dir ‘ne Kugel einfangen, oder
sogar im Knast landen. Zehn Jahre kennen wir uns jetzt, und ich würde dich nie
um sowas bitten, wenn ich’s selber erledigen könnte. Aber ich kann nicht, und
es muß gemacht werden .« Dann sagte ich ihm, was er tun
sollte: »Geh durch die Hintertür raus, kletter über die Zäune dort drüben und
sieh zu, daß du über die Feuertreppe hoch zu der Wohnung im dritten Stock
kommst. Er hat eines der Fenster oben einen kleinen Spalt offen gelassen .«
    »Und wonach soll ich suchen ?«
    »Nach gar nichts.« Die Polizei war
schon dagewesen, wozu also das Ganze? »Die Wohnung da drüben hat drei Zimmer.
Ich möchte nur, daß du alles ein bißchen durcheinanderbringst, in allen
Zimmern, so daß man sieht, daß jemand da war. Klapp die Ecken der Teppiche um,
verschieb alle Stühle und Tische ein paar Zentimeter, laß die Schranktüren
offen stehen. Laß nichts aus! Hier, das wirst du brauchen .« Ich nahm meine Armbanduhr ab und band sie ihm um. »Du hast genau fünfundzwanzig
Minuten. Von jetzt an. Solange die fünfundzwanzig Minuten laufen, kann dir
nichts passieren. Wenn du siehst, daß sie um sind, warte keinen Augenblick länger,
sondern sieh zu, daß du schleunigst da rauskommst .«
    »Ich soll wieder runterklettern ?«
    »Nein.« Er würde sich in der Aufregung
nicht daran erinnern, ob er die Fenster offen gelassen hatte oder nicht. Und
ich wollte nicht, daß er die Gefahr im hinteren Teil seiner Wohnung vermutete,
sondern im vorderen. Ich wollte mein eigenes Fenster aus der Sache
heraushalten. »Verriegel das Fenster sorgfältig, verschwinde durch die Tür und
dann ab durch den Haupteingang, als ging’s um dein Leben !«
    »Na, mit mir kann man’s ja machen«,
brummte er mißmutig, aber er ging.
    Er trat durch unsere Kellertür hinaus
auf den Hof und kletterte über den ersten Zaun. Wenn ihn jemand aus den
umliegenden Fenstern gesehen, ihm zugerufen hätte, was er da mache, hätte ich
ihm Rückendeckung gegeben, hätte erklärt, ich habe ihn dort hinunter geschickt,
um etwas zu suchen. Aber niemand rührte sich. Er machte es recht gut für einen Mann
in seinem Alter. Der Jüngste ist er nicht mehr. Sogar mit der Feuerleiter an
der Rückwand des Hauses, die erst ziemlich hoch oben anfängt, kam er klar,
indem er sich auf irgend etwas draufstellte. Er gelangte in die Wohnung, machte
Licht, schaute zu mir herüber. Ich gab ihm mit einer Handbewegung zu verstehen,
er solle nur gleich anfangen.
    Ich sah ihm die ganze Zeit zu. Jetzt,
wo er dort drin war, hatte ich keine Möglichkeit mehr, etwas für ihn zu tun.
Ja, Thorwald war nicht mal im Unrecht, wenn er ihn einfach niederschoß — das
war ein glatter Einbruch. Ich mußte weiter hinter den Kulissen bleiben, wie
schon die ganze Zeit, konnte mich nicht als Aufpasser dort drüben hinstellen
und ihn absichern. Selbst die Polizisten hatten einen Aufpasser gehabt.
    Er muß ganz schön angespannt gewesen
sein, als er es tat. Ich war mindestens doppelt so angespannt, während ich ihm zusah.
Die fünfundzwanzig Minuten kamen mir vor wie fünfzig. Endlich kam er ans
Fenster und zog es fest zu. Das Licht ging aus, und er war weg. Er hatte es
geschafft. Mit einem Seufzer der Erleichterung

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