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Das Fenster zum Hof

Das Fenster zum Hof

Titel: Das Fenster zum Hof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornell Woolrich
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ich die anderen dort gelassen
und bin hier rübergekommen, wollte die Wartezeit nutzen, um die Unstimmigkeiten
zwischen uns zu bereinigen. Wie bist du auf den Fußboden gekommen ?«
    Ich erzählte ihm von der verrückten
Parallelität. »Der Makler wirkte am Küchenfenster im Vergleich zu Thorwald
größer als einen Augenblick zuvor, als sie beide am Wohnzimmerfenster standen.
Es war kein Geheimnis, daß in den Wohnungen ein Zementestrich gelegt wurde und
obendrauf ein Korkbelag, wodurch der Fußboden im ganzen höher war. Nur erhielt
das jetzt eine neue Bedeutung. Und da die Wohnung im fünften Stock schon einige
Zeit fertig war, mußte es die im vierten sein. Und so stell ich mir — theoretisch
— vor, wie’s dazu kam: Mit ihrer Gesundheit stand’s schon seit Jahren nicht zum
Besten, und er hatte keine Arbeit mehr und hat das alles und vor allem sie
nicht mehr ertragen. Dann hat er diese andere getroffen...«
    »Die wird bald hier sein. Ich laß sie
festnehmen und herbringen .«
    »Wahrscheinlich hat er sie so hoch wie
möglich versichert, um sie dann langsam zu vergiften, möglichst ohne
nachweisbare Spuren. Ich vermute — vergiß nicht, das sind alles nur Vermutungen — , sie ist ihm in der Nacht, in der das Licht
überhaupt nicht ausging, auf die Schliche gekommen. Ist irgendwie
dahintergekommen oder hat ihn auf frischer Tat ertappt. Er hat den Kopf
verloren und genau das getan, was er die ganze Zeit unbedingt vermeiden wollte.
Hat sie gewaltsam umgebracht — erwürgt oder erschlagen. Den Rest mußte er in
aller Eile improvisieren. Und dabei hat er mehr Glück als Verstand gehabt. Er
dachte an die Wohnung über seiner eigenen, ging hoch und sah sich dort um. Sie
hatten gerade den Estrich gelegt, der Zement war noch nicht ausgehärtet, und
das ganze Zeug stand noch da rum. Er schaufelte eine Mulde, gerade groß genug
für ihre Leiche, legte sie hinein, rührte frischen Zement an und zementierte
sie zu. Damit sie gut bedeckt war, erhöhte er wohl den ganzen Fußboden um eine
Zementschicht von zwei, drei Zentimetern Dicke. Ein dauerhafter, geruchloser
Sarg. Am nächsten Tag kamen die Arbeiter wieder und belegten das Ganze mit
Korkplatten. Sie haben nichts bemerkt. Ich nehme an, er hat sogar eine von
ihren Kellen benutzt, um den Zement glattzustreichen. Dann schickte er seine
Helfershelferin schnell hoch in den Norden, in die Gegend, wo seine Frau vor
ein paar Jahren den Sommer verbracht hatte, aber auf eine andere Farm, wo man
sie nicht erkennen würde. Die Kofferschlüssel gab er ihr mit. Dann schickte er
ihr den Koffer nach und steckte sich selbst eine alte Ansichtskarte in den
Briefkasten, auf der der Stempel halb verwischt war. Ein oder zwei Wochen, und
dort droben hätte wahrscheinlich eine Mrs. Anna Thorwald Selbstmord begangen.
Depressionen wegen gesundheitlicher Probleme. Hätte ihm einen Abschiedsbrief
geschrieben und ihre Kleider am Ufer eines tiefen Gewässers liegenlassen. Es
war riskant, aber es hätte ihnen durchaus gelingen können, auf diese Weise die
Versicherung abzukassieren .«
    Gegen neun waren Boyne und seine Leute
weg. Ich saß immer noch im Rollstuhl, war zu aufgedreht, um zu schlafen. Sam
kam ins Zimmer und sagte: »Doc Preston ist da .«
    Der trat ein und rieb sich dabei, auf
seine typische Art, die Hände. »Ich denke, wir können den Gips jetzt abnehmen.
Sie werden es satt haben, den ganzen Tag untätig herumzusitzen .«

Post Mortem
     
     
    Die Frau fragte sich, wer sie wohl
wären und was sie um diese Tageszeit hier draußen wollten. Sie wußte, es
konnten keine Vertreter sein, denn Vertreter laufen nicht zu dritt herum. Sie
lehnte den Mop an die Wand, wischte sich nervös die Hände an der Schürze ab und
ging zur Tür.
    Sollte etwas passiert sein? Stephen war
doch hoffentlich nichts zugestoßen? Als sie die Haustür öffnete und ihnen
gegenüberstand, zitterte sie vor Aufregung, und ihr Gesicht war unter der
zarten Sonnenbräune aschfahl. Ihr fiel auf, daß alle drei ein weißes Kärtchen
am Hutband stecken hatten.
    Sie drängelten sich ungeduldig vor,
jeder wollte der erste sein. »Mrs. Mead ?« fragte der,
der ihr am nächsten stand.
    »Was — was ist denn los ?« erwiderte sie mit bebender Stimme.
    »Haben Sie heute schon Radio gehört ?«
    »Nein, eine Röhre ist durchgebrannt .«
    Sie sah, wie sie einander
erwartungsvolle Blicke zuwarfen.
    »Sie hat es noch nicht gehört !« Der Wortführer fuhr fort. »Wir haben eine gute Nachricht
für Sie !«
    Sie war immer noch ganz

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