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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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lebte«, wie sie es ausdrückte. Später, auf der Highschool, war sie sicher gewesen, dass er Tote sogar »anfasste«, und deshalb vermied sie es, bei Turnhallenfeten und auf Schulbällen mit ihm zu tanzen, denn ihr war mulmig dabei, seine Hände »an ihrer Person« zu spüren, wie sie sagte. Wie dem auch sei, in der zehnten Klasse hatte Hammy angefangen, mit Jenny Genoways zu gehen, und schließlich hatte er sie geheiratet. Jenny hatte diese kalten, klammen Hände offenbar gern an ihrer Person gehabt, und daraus schloss Vicki, das jedes Tierchen eben sein Pläsierchen hatte – oder wie man das sonst formulierte. Nach dem Examen waren Vicki und Ham einander nähergekommen, weil es jetzt keine Gelegenheit zu Körperkontakten mehr gab, und Vicki war auch nicht mehr so heikel wie früher.
    Sie saßen in Brantleys sorgsam zurückhaltend eingerichtetem Büro, und Vicki erklärte ihm, was sie gern haben wollte.
    »Wir sind eigentlich keine Kirchgänger, Ham, obwohl ich katholisch erzogen bin. Aber da ist die Art, wie Nina gestorben ist. Die Polizei sagt, es war Selbstmord – doch das glaube ich keine Minute –, und wenn Father Pete Schwierigkeiten macht, weigert er sich vielleicht, eine Messe in St. John’s zu lesen.«
    Brantley saß in seinem dreiteiligen Anzug auf einem großen lederbezogenen Stuhl hinter seinem Mahagonischreibtisch. Vicki hatte zwar nie gefunden, dass er besonders gut aussah – seine Augen standen zu dicht zusammen –, aber jetzt fand sie ihn sehr distinguiert mit seinem zurückgekämmten Silberhaar und der angenehmen, beruhigenden Stimme. Sogar sein Gewicht stand ihm gut, und in ihren Augen wirkte er nicht füllig, sondern robust und selbstsicher.
    »Ich glaube nicht, dass es dazu kommt, Vicki. Die Kirche ist in diesen Dingen viel liberaler als früher. Doch ich habe eine sehr hübsche konfessionslose Kapelle hier im Hause, die ich dir zur Verfügung stellen kann, wenn du willst.«
    Sie sahen sich die Kapelle an, und Vicki fand sie sehr schön.
    »Entschuldige die Frage, Vicki, aber dachtest du an eine Einäscherung oder eine Erdbestattung?«
    Der Gedanke an eine Einäscherung gefiel Vicki nicht. Es erschien ihr so gewalttätig. Und wenn Nina auf dem Friedhof von Brewster begraben würde, könnte sie immer Blumen auf ihr Grab legen und eines Tages vielleicht sogar neben ihr beerdigt werden, auch wenn es noch viel zu früh war, daran zu denken. Also gingen sie in den Ausstellungsraum, um sich die Särge anzusehen.
    »Hast du an eine bestimmte Preisklasse gedacht?«, fragte Brantley. »Ich weiß, wie schwer das alles ist.«
    Na ja, Vicki wollte nichts allzu Teures. Sie schwamm ja nicht gerade im Geld.
    »Du suchst also etwas ziemlich Billiges?«
    »Preiswert« war das Wort, das Vicki im Sinn gehabt hatte. Zwischen »preiswert« und »billig« gab es einen Riesenunterschied, fand sie.
    Der Pappelholzsarg kostete 1800 Dollar. Mit der hochglanzpolierten Oberfläche präsentierte er sich warm, aber zurückhaltend, und es war der preiswerteste nach einem Kiefernholzsarg, der oft für Einäscherungen genommen wurde. Umweltfreundliche Pappe war auch zu haben. Andererseits gab es einen eher christlich orientierten Pappelholzsarg mit antikisierter Hardware: handgegossene Darstellungen des Letzten Abendmahls an den Tragegriffen und der Pietà an den Ecken. Er kostete 3200 Dollar. Ein Mahagonisarg aus anderthalb Zoll dickem Holz mit stufenlos einstellbarem Bett und handgenähter Samtpolsterung kam auf 4200 Dollar. Vicki begriff bald, dass »geschmackvoll« und »zurückhaltend« Synonyme für »billig« waren. Sie entschied sich schließlich für einen 4000 -Dollar-Sarg aus Mahagoni im Florentiner Design mit dem verstellbaren »Eterna Rest«-Bettsystem in champagnerfarbenem Samt mit passendem Kissen und Überwurf sowie einem zweiteiligen, doppelt verschließbaren Deckel, dessen untere Hälfte während der Aufbahrung geschlossen werden konnte (»wegen des Zustands ihrer armen Füße«). Er hatte außerdem lange Silbergriffe an den Seiten. Vicki wollte Ninas Freunde von der Highschool als Sargträger haben, zumindest einige von ihnen. Es würden Jungen sein. Hammy sagte, er habe noch nie von Mädchen als Sargträgern gehört, obwohl es das wahrscheinlich schon gegeben habe, zum Beispiel in Kalifornien.
    Hinzu kamen etliche weitere Ausgaben – für die Benutzung der Kapelle, die Aufbahrung, Totendiener, Blumenschmuck und dergleichen –, und als Vicki fertig war, hatte sie außerdem noch die »Option

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