Das Fest der Schlangen
Fingern, grauer Haut und einem Husten, so laut wie eine leise Harley. Im Augenblick kaute er auf einer Handvoll Nicorette-Kaugummis.
Mabel Summers stand in einem lavendelfarbenen Hausmantel in der Tür. In der Nacht hatte es aufgehört zu regnen, die Sonne stand tief am Himmel, und alles glänzte sauber. Fresssack Hopper saß in seinem Streifenwagen auf der anderen Straßenseite wie ein begossener Pudel und aß etwas. Er winkte Bonaldo zaghaft zu. Bonaldo winkte nicht zurück.
»Sie hat gestern Abend oben in ihrem Zimmer vor ihrem kleinen Fernseher gesessen. Ich habe sie gebeten, den Ton leiser zu stellen, weil Ralph schlafen wollte. Das hat sie getan, und dann hat sie ihn wieder lauter gedreht. Sie war immer eine Rotzgöre – ich weiß nicht, woher sie das hat. Nicht, dass sie nicht ab und zu auch nett sein kann.«
Mabel führte Bonaldo und Gazzola nach oben in Peggys Zimmer. Ralph saß am Küchentisch und aß Pfannkuchen. Als er den kommissarischen Polizeichef sah, sagte er: »Baldy Bonaldo!« Dann wandte er sich wieder seinen Pfannkuchen zu. Ein Tropfen Sirup klebte an einem der Sauerstoffröhrchen in seiner Nase.
Peggys Zimmer war ein Saustall. Kleider und Schuhe lagen verstreut auf dem Boden, und Bonaldo stieg behutsam über einen Stringtanga hinweg. Genau wie bei Nina waren die Wände des Zimmers mit Postern von Sängern tapeziert: Justin Timberlake, Beyoncé, Jay-Z, ein Werbeplakat für das Album I Am … Sasha Fierce und – merkwürdig, fand Fred Bonaldo – ein Poster mit dem Fudschijama bei Sonnenaufgang.
»Können Sie sagen, ob etwas fehlt?«, fragte Gazzola.
Mabel zündete sich eine neue Zigarette an. Sie durfte in Peggys Zimmer nicht rauchen, und es bereitete ihr ein boshaftes Vergnügen, sich eine anzuzünden. »Schwer zu sagen. Ihr Rucksack ist weg, da bin ich ziemlich sicher. Normalerweise liegt er da vorn auf dem Stuhl.« Sie deutete auf einen Stuhl neben einem kleinen Schreibtisch.
»Was ist mit einer Jacke oder einem Pullover?«, fragte Bonaldo.
Mabel stocherte mit dem Fuß auf dem Boden herum. »Ihre grüne Jacke ist nicht hier, und ich habe sie unten nicht gesehen. Und ihr blau-gelber Pullover ist auch nicht da, es sei denn, er ist in der Wäsche. Vielleicht fehlen ein paar Shirts, eine Jeans mit aufgeschlitzten Knien. Sie hat eine tadellose Jeans zerschnitten, könnten Sie sich das vorstellen? Ihr iPod ist nicht da.«
»Welche Farbe hat der Rucksack?«, wollte Gazzola wissen.
»Blau. Groß. Ein bisschen vergammelt.«
Als sie gingen, hatten Bonaldo und Gazzola eine Liste von Peggys Freunden – großenteils Namen, die der Polizei schon bekannt waren. Es sah auch so aus, dass Peggy, wenn sie verschwunden sein sollte, freiwillig verschwunden und nicht entführt worden war. Das bedeutete, sie war nicht in Gefahr. Nach kurzer Zeit hatten Trooper im ganzen Staat wie auch in Connecticut und Massachusetts ihr Foto und eine Personenbeschreibung. Sie hatte kein Auto, und es gab keinen Bus, mit dem man Brewster verlassen konnte. Die Züge der Amtrak hielten in Kingston und in Westerly. Es war unmöglich zu sagen, wann sie weggegangen war. Ihre Mutter hatte sie noch gestern Abend um elf in ihrem Zimmer gesehen, also konnte Peggy danach jederzeit verschwunden sein. Sie hatte das Haus nach ihrer Heimkehr aus dem Krankenhaus nur einmal verlassen, und zwar am Abend zuvor, als sie mit ihrer Mutter zu CVS gefahren war. Da hatte sie eine Mütze und eine dunkle Brille getragen, denn sie hatte »keine Lust, einem Haufen Arschlöcher einen Haufen Fragen zu beantworten«.
»Man sollte meinen, sie hätte sich geschämt«, sagte ihre Mutter, »aber davon hat man nichts gemerkt. Ich weiß, ich hätte mich geschämt, wenn ich sie gewesen wäre.«
Fresssack Hopper war keine Hilfe. Er hatte sich gegen Mitternacht eine große Pizza mit Peperoni, Salami und Käse eingefahren und war dann weggeratzt.
Woody Potter erreichte der Anruf wegen Peggy zu Hause. Er hatte noch geschlafen, denn er war wegen der Steine, die durch Helen Greenes Fenster geflogen waren, lange auf gewesen. Ein Mann, der seinen schwarzen Labrador ausgeführt hatte, gab an, die beiden Männer seien mit einem blauen Chevrolet Malibu gekommen, vielleicht vier Jahre alt. »Sie sind gefahren, als wäre es ihnen egal, ob sie jemanden umnieten oder nicht«, sagte er zu Woody. Zwei andere hatten das Auto ebenfalls bemerkt, auch wenn sie nicht wussten, dass es ein Malibu war. Einer sagte aus, der Wagen habe hinten einen Sticker gehabt, aber er habe
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