Das Fest der Schlangen
im Ofenpalast, um in den Ofen zu schauen und nachzusehen, wer noch da war.
Bump, bump .
Carl bewegte sich lautlos. Das Fenster an der Seite war klein, kleiner als die vorderen, ungefähr so groß wie ein normaler Fernsehschirm. Carl kniete am Fenster nieder.
Bump, bump . Carl schaltete die Taschenlampe ein. Dann kippte er rückwärts um und kroch davon, ohne den Blick vom Fenster zu wenden. Es war Ronnie McBride. Seine Nase stieß an die Scheibe, seine Stirn stieß an die Scheibe. Seine Augen waren blöd und grau. Er drehte sich hin und her, als ob er ihn suchte. Bump, bump . Ronnie wollte ihn anwinseln. Im Licht der Taschenlampe war die Innenseite von Ronnies Mund grau wie Gipsstaub, und seine Zunge war so grau wie eine von Carls grauen Socken. Ronnie sollte ihn in Ruhe lassen. Er war nicht der Böse hier. Carl schrie und kroch rückwärts bis an die Wand. Es war Ronnies Kopf. Nur der Kopf und ein Stück Hals, das in einem sauberen Schnitt endete. Ronnies Mund stieß gegen die Scheibe, als wollte er einen Kuss, als wollte er seine Lippen auf Carls pressen, als wollte er seine graue Zunge in Carls Mund stecken, tief in Carls Kehle hinunter, um ihm das Leben aus dem Leib zu saugen, wie man den letzten Rest einer Coke durch den Strohhalm saugt, aber es wäre Carl, der durch Ronnies graue Kehle in das Nichts des abgeschnittenen Halses glitt.
Carl rappelte sich hoch. Er musste Ronnies Kopf aus dem Baum reißen und auf dem Gehweg zertreten, ihn zerstampfen, bis er grauer Matsch wäre und die Zunge aussähe wie ein Burger. Carl kippte gegen die Wand, hielt den Lichtstrahl jedoch auf Ronnies Kopf gerichtet, der mit seinen kleinen Küssen an die Scheibe bumste und sich hierhin und dahin drehte. Carl riss die Tür auf und rannte die Treppe hinunter, stolperte, klammerte sich ans Geländer und krachte unten gegen die Wand, sodass ein Bild herunterfiel und das Glas zerbrach.
Eine Lampe brannte neben dem Sessel vor dem Kamin, das Zimmer war leer. Carl stolperte zur Haustür. Er hörte ein Geräusch und fuhr herum.
»Carl.«
Es war das Miststück.
»Carl, wo willst du hin? Es ist nach Mitternacht.« Sie kam ins Wohnzimmer, zögernd, im Nachthemd. Er hörte, wie seine Stiefgören sich rührten.
»Wir müssen reden«, sagte Harriet und kam auf ihn zu. »Ich verstehe nicht, was du tust.«
Carl wusste, sie wollte ihn schwach machen, sie wollte, dass er zum Arzt ging, wollte ihn einsperren. Sie streckte die Hand nach ihm aus.
»Carl, was ist …«
Carl stürzte sich auf sie. Mit einer Hand packte er sie an der Kehle und drückte zu, mit der anderen griff er in ihr Nachthemd. Er schob sie zurück und hob sie hoch. Harriets Augen wurden dick und weiß. Er hörte Schreien aus dem Flur. Carl hob Harriet in die Höhe, und ihre bloßen Füße traten gegen seine Jeans. Ihre Hände flatterten vor ihm. Er hob sie hoch und schleuderte sie an den steinernen Kamin. Sie prallte dagegen, schlug mit dem Kopf an den Sims. Sie fiel auf die eisernen Kaminwerkzeuge und landete krachend auf dem Boden. Carl drehte sich zum Flur um. Er sah seine Stiefkinder und taumelte ihnen entgegen. Er würde zum Wolf werden. Er würde sie fressen.
Bernie Wilcox hatte einen arbeitsreichen Abend. Normalerweise war es mittwochs ruhig in der Notaufnahme, außer im Sommer, aber heute Abend hatte es einen Unfall an der Ecke Water Street und Route 1 gegeben, vor dem Supermarkt. Schon lange war davon die Rede, die existierende Blinkanlage durch eine richtige Ampel zu ersetzen. Vielleicht würde es jetzt endlich passieren. Gott sei Dank war niemand ums Leben gekommen. Ein Wagen aus Brewster war über die Einmündung hinausgefahren, ohne auf den Verkehr zu achten. Dumme Gören. Natürlich nicht angeschnallt. Jetzt lagen fünf Leute im Krankenhaus. Der Pickup, der aus Charlestown gekommen war, hatte es geschafft, noch schleudernd auszuweichen, sodass er die Kids nicht breitseits erwischte, doch er hatte die Nase ihres Wagens mitgenommen. Wahrscheinlich gehörte der Wagen einem Dad: ein Passat. Der Sanitäter hatte erzählt, das vordere Ende sei abgeschnitten worden wie mit einem Messer: zwei Insassen im Truck, drei im Passat, eine Menge Blut und Knochenbrüche. Knochenzerquetschungen traf es besser. Jedenfalls hatten sie in der Notaufnahme alle Hände voll zu tun gehabt. Die ersten Krankenwagen waren um halb neun angerollt, und Bernie hatte vier Stunden am Stück arbeiten müssen. Jetzt waren sie auf der Intensivstation.
Irgendwann hörte sie, Barton habe angerufen,
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