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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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Kopf.
    Aber er wollte etwas trinken. Er hatte einen üblen Durst – keinen Wasserdurst, keinen Coladurst. Carl ging an der Seite des Gebäudes herum. Ein Summer ertönte, als er die Ladentür öffnete. Eine dicke Frau saß hinter der Theke und aß Popcorn aus einem Pappeimer. Ihr Kinn glänzte fettig. Sie konnte dreißig oder auch fünfzig sein. Sie sah aus wie eine angeschwollene Zecke.
    »Haben Sie von dem Unfall gehört?«, fragte sie.
    Carl dachte, sie redete von dem, was er mit dem Miststück gemacht hatte.
    »Das war ich nicht«, sagte er.
    Die dicke Frau lachte.
    Carl nahm zwei mittelgroße Flaschen Listerine – alles, was sie hatten. Er nahm eine Coke und vier Fläschchen Vanilleextrakt – alles, was sie hatten. Daraus würde er sich einen Listy Cooler mixen. Er schnappte sich ein Paket Wonder Bread, um sich nachher damit den Mund sauberzumachen. Er nahm einen Trinkbecher, dann ging er zur Theke. Dort blieb er stehen und sah die dicke Frau an. Sie sah ihn an und schaute weg. Er langte in den Eimer, nahm eine Handvoll Popcorn und stopfte es in den Mund.
    »Hey!«, sagte sie.
    Carl beugte sich zu ihr hinüber und öffnete langsam den Mund, sodass das halbzerkaute Popcorn über sein Kinn rieselte. Er knurrte.
    Die dicke Frau kippte rückwärts von ihrem Schemel und auf den Boden. Sie kroch auf Händen und Knien zur Seite und starrte zu Carl hinauf. »Ich kann in zwei Minuten die Polizei hier haben, glauben Sie’s nur!«
    Carl warf ein paar Scheine auf die Theke. Schluss mit den Spielchen. Es war Zeit, ein bisschen Babykuchen zu essen. Draußen überquerte er den Highway, ging ein Stück weiter und blieb stehen, um sich seinen Drink zu mixen. Er goss eine Mischung aus Listerine, Coke und Vanille in den Pappbecher. Er trank, würgte und übergab sich. Dann trank er noch ein wenig. Er füllte den Becher noch einmal mit Coke, Listerine und Vanille, und als er jetzt trank, behielt er es bei sich. Er leerte den Becher, trank noch einen und warf ihn weg. Die leeren Flaschen ließ er auf die Straße fallen. Er stopfte sich den Mund mit dem weichen Weißbrot voll, kaute, schluckte und stopfte sich den Mund noch einmal voll. Dann schnürte er los. Die Straße war dunkel, nur an einigen wenigen Häusern brannte die Außenbeleuchtung. Allmählich fühlte Carl sich gut. Nach ein paar Minuten hörte er in der Ferne das Kläffen von Kojoten. Aber die Kojoten kümmerten ihn nicht. Er war ein Wolf. Er hatte eine Kralle.
    Auf der Fahrt hinaus zur Farm hatte Bernie sich von Hercel erzählen lassen, was passiert war. Er hatte nicht sofort sprechen können, weil er so schwer atmete. Lucy hatte sich auf dem Rücksitz zusammengekrümmt und weinte unaufhörlich. Hercel weinte auch ein bisschen, doch er bemühte sich, wieder aufzuhören. Er erzählte, wie seine Mutter mit Carl gesprochen hatte, wie sie absolut nett und freundlich gewesen war, und wie Carl sie auf einmal gepackt und gegen den Kamin geworfen hatte. Hercel hatte ihr helfen wollen, aber Carl hatte sich zu ihnen umgedreht und sie angeknurrt. Nur weil er über die Schürhaken gestolpert war, hatte er sie nicht erwischt.
    Hercel hatte Lucy in sein Zimmer gezogen und angefangen, Sachen gegen die Tür zu schieben, zum Beispiel das Bett und die Kommode. Dann öffnete er das Fenster. Carl versuchte die Tür aufzubekommen, aber es gelang ihm nicht. Hercel ließ Lucy hinunter in den Garten und befahl ihr, still hocken zu bleiben. Dann kletterte er auf den Fenstersims. Im selben Moment brach Carl durch die Tür und fiel über die Kommode. Hercel sprang hinunter und packte Lucy bei der Hand. Er riss sie hoch, und sie rannten, erst durch den Garten, dann durch ein Loch im Zaun. Sein Knöchel tat vom Freitagabend noch ein bisschen weh, aber das ignorierte er. Sie hörten, wie die Hintertür aufflog und Carl mit seinen großen Füßen polternd die Stufen herunterkam.
    Hercel suchte sich einen Weg durch die Gärten und zog Lucy hinter sich her. Er war sicher, dass Carl die roten Blinklichter an ihren Absätzen sehen würde, aber es wäre schlimmer, wenn sie barfuß laufen müsste. Carl blieb auf dem Gehweg, rannte, blieb stehen und spähte zwischen den Häusern hindurch. Einmal fiel Lucy hin und schrie auf. Carl hörte es und kam quer über einen Rasen gelaufen. Er ließ sich auf alle viere fallen und knurrte. Dann fingen Hunde an zu bellen, und Hercel konnte entkommen. Er wagte nicht, an eine Haustür zu klopfen, weil Carl den Leuten vielleicht wehtun würde, wie er ihrer Mutter

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