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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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gesehen, aber solange er glücklich sei, spiele alles andere keine Rolle.
    Clouston hatte einen älteren Bruder, der als Buchprüfer in Seattle lebte. Sie sprachen ungefähr dreimal im Jahr miteinander, zu Weihnachten und an ihrem jeweiligen Geburtstag. Einmal hatte der Bruder Ben in Albany besucht, als er dort in einem Labor arbeitete. Es war eine Geschäfts- und Vergnügungsreise gewesen, und Ben war es offenbar großartig gegangen. Der Bruder war sieben Jahre älter und hatte das College beendet, als Ben elf war. Bis dahin waren sie über drei Jahre hinweg zu etlichen Footballspielen der University of Michigan gegangen. »Ich weiß, das hat ihm gefehlt, als ich dann weg war. Er hat die Wolverines wirklich geliebt.«
    Fresssack Hopper wusste, dass er kein großer Polizist war; das heißt, dieses Wissen flackerte leise in seinem Hinterkopf. Aber er machte sich nichts daraus. »Ich muss schließlich essen, oder?« Das sagte er so oft, dass er es auf ein T-Shirt hätte drucken lassen können. In dieser Frage steckte die Ansicht, sein Bedürfnis, Essen auf den Tisch zu bringen, hätte Vorrang vor ethischen Erwägungen – beispielsweise, wie gut er seine Arbeit als Polizist machte. Doch die Frage brachte auch seine Liebe zu Snacks auf den Tisch. Wie der Philosoph von der Philosophie besessen ist, so war Fresssack Hopper besessen von Hungerattacken. Er wog hundertfünfundvierzig Kilo, aber das stand ihm gut, fand er. Es ließ ihn aussehen wie einen Football-Stürmer, wie Wesley Britt von den Patriots, der auch hundertfünfundvierzig Kilo wog. Britt war allerdings einen Kopf größer als er.
    Alles in allem gesehen, war Fresssack Hopper der Polizist, der auf der Straße stand und den Verkehr um Kanalarbeiter und Asphaltierer herumleitete. Er war groß, man sah ihn leicht, und wenn ein Auto ihn anfuhr, tat es wahrscheinlich nicht weh. Fresssack Hopper wusste das, und auch wenn es ihm nicht das Gefühl von Sinnhaftigkeit schenkte, definierte es doch seinen Platz im Department. Außerdem war er ein Cousin von Laura Bonaldo, eine Beziehung, die an Bedeutung gewann, als Bonaldo zum kommissarischen Polizeichef ernannt wurde. Deshalb war Fresssack Hopper stinkig, als Bonaldo ihn dem Team zuwies, das sich die Insel im Hancock Pond ansehen sollte. Er wusste, es war die Strafe dafür, dass er Mist gebaut hatte, als er Peggy Summers im Auge behalten sollte. Und, jawohl, so was war schon öfter vorgekommen. Das leugnete er ja gar nicht. Aber wenn er im Streifenwagen saß, jemandes Haustür anstarrte und wartete, dass sich dort etwas tat – na ja, dann bekam er eben Hunger.
    Das Dumme draußen auf dem Land war, dass es kein Fastfood gab. Das galt noch mehr für die Insel im Hancock Pond, wo er durch ein Gewässer vom Festland getrennt war. Fresssack Hopper mochte Wasser höchstens zum Baden und vielleicht ab und an zum Trinken. Die positive Wirkung, fand er, wurde stark übertrieben.
    Vorteilhaft an dieser Insel war nur, dass sie sich nicht im Great Swamp befand, der aus Matsch bestand, so weit das Auge reichte. Dort machte man sich nass und sank ein, und das Problem bei einem Gewicht von hundertfünfundvierzig Kilo war, dass man desto tiefer einsank. »Verdammt, ich könnte bis nach China einsinken«, sagte er zu seiner Frau. Je eher, desto besser , dachte seine Frau.
    Deshalb war Fresssack Hopper froh, dass er nicht mit den Hunden drüben im Sumpf unterwegs sein musste, wo sie diesen Irren jagten. Man hatte ja nicht mal eine Wahl, wenn man im Sumpf unterwegs war, sondern musste dem verdammten Hund folgen. Herrgott, vielleicht war Carl Krause gar nicht mehr im Sumpf. Aber sie würden da durch den Matsch waten, bis die Hunde aufgäben. Die verdammten Hunde hatten kein Problem mit dem Matsch. Das war auch so etwas, das Fresssack Hopper an Hunden nicht mochte.
    Obwohl es ihn also stinkig machte, auf der Insel herumlaufen zu müssen, war er doch nicht so stinkig, wie er es gewesen wäre, wenn er durch den Sumpf hätte latschen müssen. Und hier auf der Insel hatte einer der Trooper, Jason Soundso, schon eine kleine Figur aus Stroh und Zweigen gefunden, ungefähr zwanzig Zentimeter groß, mit abstehenden Armen. Man konnte nicht sagen, was sie zu bedeuten hatte. Eine Puppe eben. Sie hatte neben der Asche eines großen Feuers gelegen. Ein Detective meinte, wahrscheinlich habe jemand sie verbrennen wollen, aber entweder war sie vergessen worden, oder jemand hatte sie ins Feuer werfen wollen und nicht getroffen. Das alles klang nach einem

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