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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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Erinnerte sich, wie er an einem Sommermorgen in Oswego auf dem Gehweg entlanggegangen war und wie weiß die Häuser ausgesehen hatten. Erinnerte sich an die würzigen Gerüche, an den Geruch des Sees. Aber dann änderte es sich in seinem Kopf, und er wurde wieder stark. Er schlug sich, schlug seine eigene Schwäche und kroch weiter. Nichts war so stark wie er.
    Er fand einen Geräteschuppen und brach ihn auf. Drinnen roch es nach Farbe und Terpentin. Auf Händen und Knien tastete er sich herum, beschnüffelte und berührte Dinge. Als er einen Stapel Abdeckplanen fand, zog er sie um sich herum. Dann schlief er ein bisschen.
    Als er aufwachte, kam die Angst zurück. Sie fahndeten nach ihm. Die Hunde würden seine Spur finden. Carl sprang auf und stieß gegen eine Aluminiumleiter, die an der Wand hing. Sie schaukelte scheppernd an ihrem Haken. Er fand den Weg zur Tür und stieß sie auf. Es war vielleicht eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang, der Himmel war grau, und Sterne waren nicht zu sehen. Seine Kleider waren noch nass, und er fror wieder. Er ließ die Tür offen und fing an, den Schuppen zu durchwühlen.
    Zehn Minuten später hatte er einen Overall, Gummistiefel und eine Yankees-Kappe gefunden. Er setzte die Kappe auf, wickelte die Stiefel in den Overall und verließ den Schuppen. Wer war er jetzt? Er war Carl mit der Kralle. Die, die ihn verfolgten, dachten, er wäre auf der Flucht. Doch sie würden schon noch sehen, wer hier wen jagte. Sie würden seine Schritte hinter sich hören. Wie schnell sie sich umdrehen würden – aber nicht schnell genug. Er hatte Kojotenblut gekostet. Jetzt wollte er etwas Süßeres.
    Er ging den Weg zum Wasser zurück. Inzwischen konnte er etwas sehen, obwohl die Sonne noch hinter dem Horizont stand. Er watete durch das Wasser den Weg zurück, den er gekommen war. Überall waren Knäuel aus Zweigen und Ranken, abgebrochene Äste, Haufen von nassem Laub, eine Biberburg aus Stöcken und Schlamm. Manchmal reichte das Wasser weit über seine Taille herauf, und er drohte zu stürzen. Er hielt den Overall und die Stiefel über den Kopf. Nach ungefähr einer Meile bewegte er sich auf die Uferböschung zu. Als das Wasser weniger als knietief war, legte er den Overall auf einen umgestürzten Baumstamm und zog sich aus. Sein T-Shirt behielt er. Er tauchte es ins Wasser, wrang es aus und tauchte es noch einmal hinein. Dann drehte er es zusammen, bis kein Tropfen mehr herauskam, und legte es auf den Overall. Er hatte vorher gefroren, doch jetzt war es noch schlimmer. Nackt bis auf die Yankees-Mütze, rollte er Kleider, Schuhe und Jacke zusammen und schob sie ins Wasser und unter den umgestürzten Baumstamm. Er zog das nasse T-Shirt, den Overall und die Stiefel an und kletterte die Böschung hinauf. Im Wald fand er einen Pfad. Er wandte sich nach Süden und fing an zu laufen, um warm zu werden. Er fühlte sich wieder gut. Die Stiefel waren ihm zu groß und schlappten an seinen Füßen.
    Als er am Worden Pond ankam, ging er am Ufer entlang durch das Gestrüpp, bis er das alte Bootshaus sah. Dreißig Schritte davor zog er Stiefel, Overall und T-Shirt wieder aus und ging nackt ins Wasser. Er blieb in Ufernähe, und als er am Bootshaus angekommen war, arbeitete er sich außen herum nach vorn. Die Planken waren morsch, und ein paar waren eingebrochen. Er tauchte unter und kam drinnen wieder hoch. Der Overall war nur ein bisschen nass; er hatte ihn hochgehalten, so gut es ging. Die aufgehende Sonne schoss Lichtsplitter durch die Ritzen in den Bretterwänden und funkelte auf dem Wasser. Carl kletterte auf den verrotteten Boden hinauf und zog sich wieder an. Er schob welkes Laub und vermoderte Holzsplitter zusammen und machte sich ein Bett, ein Nest. Er würde ein bisschen schlafen und dann warten, bis es dunkel wurde.
    Nachdem Detective Lajoie sich von Peggy Summers verabschiedet hatte, fuhr sie ins Büro und machte sich an die Arbeit. Als Erstes veranlasste sie, dass Peggy aus dem Haus ihrer Eltern abgeholt wurde. Im Hotel Viking in Newport hatte sie schon angerufen; der Polizeitarif für eine Suite betrug zweihundert Dollar pro Nacht. Ein Schnäppchen, wie man ihr sagte. Die Pediküre kostete noch einmal fünfzig. Detective Lajoie beschloss, Captain Brotman nicht sofort etwas davon zu sagen. Sie würde warten, bis sie etwas Gutes ausgegraben hätte, und auf Platz eins ihrer Liste stand dieses Mädchen, Marge oder Margery. Wenn sie in Wakefield wohnte, ging sie auf die South Kingstown High, das war die

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