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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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zu Boden. Ginger griff nach dem Telefon, Howard versuchte es ihr aus der Hand zu reißen, und sie kämpften um den Apparat, weil jeder die Notrufnummer wählen wollte. Ein Glas Milch wurde umgestoßen, und ihre Spielkarten flatterten auf den Linoleumboden. Endlich war die Nummer gewählt, und beinahe sofort waren die Streifenwagen unterwegs.
    Fresssack Hopper wohnte mit seiner Frau und vier Söhnen in einem kleinen Haus in der Periwinkle Street am Stadtrand. Alle waren rundlich oder schwer – das Wort »dick« benutzten sie nicht. Sie hatten ein bisschen zu lange den Kopf in den Kühlschrank gesteckt, konnte man sagen. Hopper sah gern Late-Night- TV und trank dazu ein paar Bier. Über Jay Leno musste er grinsen. Und ein paar der hübschen weiblichen Gäste mit ihren tief ausgeschnittenen Kleidern brachten seine ganze Körpermitte zum Vibrieren.
    Aber heute Nacht bemerkte Fresssack Hopper die hübschen Mädchen kaum. Einerseits empfand er wütenden Groll gegen Freddie, weil er ihn suspendiert hatte. Schön, vielleicht hatte er den Toten auf der Insel und diese komischen Zirkusziegenspuren ein, zwei Leuten gegenüber erwähnt, die er schon sein Leben lang kannte. Und hatten sie nicht rauf und runter geschworen, es niemandem weiterzuerzählen? Also war nicht er der Schuldige. Zumindest sah er es nicht so.
    Andererseits beunruhigte ihn der Wind in den Bäumen. Heute Nacht machte er wirklich großen Lärm. Als Hopper klein war, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, hatte sein Vater ihm erzählt, der Wind sei in Wirklichkeit nicht der Wind, sondern das seien die Geister der kürzlich Verstorbenen, der bösen Menschen, die jetzt in die Hölle hinuntergeweht wurden. Fresssack Hopper hatte es nie vergessen. Tatsächlich dachte er sogar jetzt daran, statt auf die Promi-Titten zu starren. War dieser Clouston kein böser Mensch gewesen? Vielleicht war er es, der da draußen herummährte. Nicht, dass Hopper diesen Quatsch noch glaubte.
    In diesem Moment hörte auch er ein lautes Krachen und Splittern vom Esszimmerfenster, das er durch die Doppeltür zum Flur gerade noch erkennen konnte. Er hatte hundertprozentig gewusst, dass so was passieren würde. Ist es da ein Wunder, dass seine Glock in Reichweite auf dem kleinen Fernsehtisch neben seinem Budweiser lag?
    Fresssack Hopper packte die Pistole, und in der Sprache des später verfassten Polizeiberichts hieß es, er »gab mit dieser Waffe sieben Schüsse ab«. Einfacher gesagt, ballerte er siebenmal gegen die Wand des Nachbarhauses. Sein Nachbar hieß Charlie Mitzorelli. Und es war nur gut, dass der alte Charlie sein Haus genau wie das schlaue Schweinchen in der Kindergeschichte aus Ziegelsteinen gebaut hatte, denn sonst wären die sieben . 45 er Kugeln glatt durch die Wand gefahren wie ein heißes Messer durch die Butter.
    Es war halb zwei, als Woody endlich nach Hause fuhr. Er hatte schon eher fahren wollen, doch dann waren auf dem Revier lauter Notrufe eingegangen. Es war ein Albtraum gewesen. Bei den ersten vier hatte es sich um regelrechte Einbrüche gehandelt, das heißt, jemand hatte ein Fenster im Erdgeschoss mit der Brechstange aufgehebelt, und dabei war das Fenster zerbrochen.
    Als Nächstes rief eine Flut von Leuten an, die glaubten , bei ihnen werde eingebrochen. Vermutlich waren diese Leute von den ersten vier angerufen worden. Streifenwagen aus Brewster und von der State Police rasten mit heulenden Sirenen in der Stadt umher. Wer das Glück gehabt hatte zu schlafen, schlief bald nicht mehr. Das führte zu einer dritten Welle von Anrufen, und Chief Bonaldo erbat zusätzliche Hilfe aus Charlestown und South Kingstown.
    Wieder rief Woody die Kriminalermittler an, die ohnehin noch am Strand dabei waren, eine Tonne Sand aufzusaugen, der im Labor der Universität auf Blutspuren untersucht werden sollte. Das Labor hatte so viel zu tun, dass der Gouverneur Forensiker aus Massachusetts angefordert hatte. Das war ein Vorteil des Lebens in einem Ministaat: Solche Probleme landeten im Handumdrehen ganz oben.
    Woody hatte geholfen, ein paar der Anrufe aus der zweiten und dritten Welle zu beantworten. Er war kreuz und quer durch Brewster gegondelt, bis er zu dem Schluss kam, dass das alles Blödsinn war. Nichts als Hysterie allenthalben. Das alles passierte nur, weil etwas anderes passierte, etwas, wovon diese eingeschlagenen Fenster ablenken sollten. Er rief im Krankenhaus an, um sich zu vergewissern, dass ausreichende Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden waren, und er sorgte

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