Das Fest der Schlangen
Nacht jemand versucht hat, mit dem Stemmeisen die Häuser gesetzestreuer Bürger aufzubrechen. Überall ist die Polizei herumgelaufen, und niemand hat einen Gedanken daran verschwendet, was im Ocean Breezes vorgehen könnte. Woody ist sicher, dass das kein Zufall war.
In einer Großstadtregion in einem großen Staat kann es ein paar Tage dauern, einen Durchsuchungsbeschluss zu bekommen, aber Beth Lajoie war schon um sieben wieder bei Dr. Balfours Wohnung. Ihr Antrag war vom Colonel der State Police geradewegs hinauf zum Gouverneur gegangen. »Nein, es handelt sich nicht um eine Schnitzeljagd«, hatte der Colonel gesagt. Das Puzzle füge sich zusammen, ein Ende sei in Sicht.
Zuerst sahen Lajoie und die Kriminaltechniker sich enttäuscht, als sie die Durchsuchung vornahmen. Die fünf Zimmer der Wohnung waren, wie sie es ausdrückte, »quietschsauber«. Niemand hatte damit gerechnet, eine Waffe offen herumliegen zu sehen, wenn es auch nett gewesen wäre.
Doch auf dem Boden eines Wäschekorbs, unter einem Haufen Unterwäsche, fand Corporal Montesano ein dunkles Sweatshirt. Er hatte einen Handscheinwerfer dabei, der alles zum Glitzern brachte.
»Dieses Sweatshirt ist voller Hundehaare«, stellte er fest.
Das Sweatshirt sah aus wie eins von Woodys Shirts, wenn er sich mit Ajax gebalgt hatte.
Detective Lajoie zeigte auf die Haare, die im Schein der Lampe schimmerten. »Ich wette, das sind Kojotenhaare. Bringen Sie das ins Labor. Wenn ich mich irre, fresse ich meinen Regenhut.« Sie trug einen »Black Diamond«-Südwester aus dickem schwarzem Gummi. Es sah albern aus, wie sie ihn über die Ohren herunterzog, aber wie sie sagte: »Er tut, was er soll.«
Die zweite Entdeckung war dramatischer. Lajoie sah sich in einem Gästezimmer um und öffnete achtlos einen Kleiderschrank.
Vor ihr stand eine grauhaarige Frau in einem blau geblümten Kleid.
Lajoie schrie und taumelte zurück. Es war ihr erster Schrei in siebzehn Jahren als Trooper.
Montesano kam mit der Waffe in der Hand hereingestürzt. Als er die alte Frau in der Schranktür stehen sah, hätte er beinahe ebenfalls geschrien.
Inzwischen hatte Detective Lajoie sich wieder gefasst. »Das ist eine Schaufensterpuppe«, sagte sie.
Montesano richtete seine Lampe auf die Figur und genierte sich, weil er nicht sofort gesehen hatte, dass es eine Puppe war. Vielleicht hatte er sich durch die graue Perücke und die Großmutterbrille täuschen lassen, von den schwarzen, hochgeschlossenen Schnürschuhen der alten Lady.
»Hat mir einen Scheißschrecken eingejagt«, gestand Lajoie.
Zehn Minuten später telefonierte sie mit Woody und erzählte ihm alles. Warum hatte Balfour eine alte Lady als Schaufensterpuppe in seinem Kleiderschrank? Aus medizinischen Gründen, zu Unterrichtszwecken, oder war es ein Witz? Sie sprachen kurz darüber, und dann erinnerte Woody sich an die Frage, die er Hamilton Brantley gestellt hatte, als sie vor Frances Crenners offenem Sarg standen. »Haben Sie ihr Schuhe angezogen?«
Diese Assoziation veranlasste ihn, Captain Brotman anzurufen. »Hey, Captain, glauben Sie, ich könnte ein paar Verstorbene auf dem Friedhof von Brewster exhumieren?«
Er war sicher, dass er mindestens in einem der Särge dort Teile von Schaufensterpuppen finden würde.
Woody hatte Vollgas gegeben, nachdem er Brantley im Bestattungsinstitut verlassen hatte. Er hatte mit einem Detective beim Dezernat für Finanzkriminalität gesprochen und veranlasst, dass man dort Brantleys und Balfours Bankkonten unter die Lupe nahm. Er hatte eine ganze Reihe von Telefonaten geführt, um etwas über Samhain-Feiern in der Umgebung herauszufinden, und er hatte mit der Naturschutzbehörde über Kojoten gesprochen.
Außerdem hatte er einen Besuch bei Barton Wilcox im Krankenhaus gemacht, war in dessen Zimmer auf der Intensivstation hinaufgegangen und hatte dort Bernie getroffen.
»Waren Sie die ganze Zeit hier? Sie brauchen Ihren Schlaf.«
»Ich habe ein bisschen gedöst. Und wo soll ich auch sonst hin?«
Barton war entweder bewusstlos, oder er schlief, aber zumindest waren seine Vitalparameter besser geworden. Er sah immer noch aus wie tot, fand Woody, wenn auch nicht mehr ganz so tot.
»Brauchen Sie etwas?«, fragte Woody.
Bernie schüttelte den Kopf. »Was machen die Kinder?«
Die seien noch bei Bonaldo, sagte Woody, und Laura sei bei ihnen. »Sie sind ziemlich traurig, aber in Sicherheit.«
»Das ist die Hauptsache. Ich habe den kleinen Dackel mitgenommen. Er ist in meinem Auto. Zu
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