Das Fest der Schlangen
Tode erschrocken, das arme Vieh. Ich bringe ihn hinüber zu Laura, wenn ich Gelegenheit dazu habe.«
Als Nächstes machte Woody sich auf die Suche nach Margaret Hanna, die Nachtschwester aus dem Ocean Breezes. Bobby hatte ihretwegen ein paar Fragen aufgeworfen. Doch sie war nicht zu Hause, und sie war auch nicht zum Dienst erschienen.
»Das passt nicht zu ihr«, sagte ihre Vorgesetzte. »Sie ist immer zuverlässig. Ich habe jemanden gesucht, der für sie einspringt, aber wer hat Lust, in einer solchen Nacht nach Brewster zu kommen. Ich habe schon sechs Leute angerufen.«
»Vielleicht kann ich helfen«, sagte Woody und gab ihr Schwester Spandex’ Telefonnummer. Alice war sofort bereit zu kommen. Es würde ihr helfen, den Schlamassel zu vergessen, in den sie geraten war.
Irgendwann am frühen Abend rief er Jill an und sagte ihr, er könne nicht vorbeikommen – er habe zu viel zu tun. »Sehe ich dich denn später?«, fragte sie.
»Das hoffe ich wirklich.« Schwören wollte er es jedoch nicht.
Sie erkundigte sich nach Hercel und Lucy und erfuhr, dass sie bei Laura Bonaldo waren. »Vielleicht fahre ich mal rüber«, sagte sie. »Luke ist bei meinen Eltern. Die entwickeln sehr viel mehr Begeisterung für Halloween als ich.«
Woody rief außerdem Bingo zweimal und Bobby einmal an, aber keiner meldete sich. Er versuchte es bei Bobbys Frau Shawna, doch die hatte nichts von ihm gehört. Bei diesem Gespräch saß Woody in seinem Truck und fuhr durch die Water Street, und jetzt hielt er an. Wieder erkannte er, dass er sich durch grelle Ereignisse von dem hatte ablenken lassen, was wirklich wichtig war. Wo war Bobby? Er begann herumzutelefonieren, und die Einzigen, die als Verstärkung zur Verfügung standen, waren Beth Lajoie und Bruce Slovatsky, mit siebenundzwanzig Jahren der Jüngste unter den Detectives. Er bestellte die beiden zum Revier, wo er sich mit ihnen treffen würde.
Es gab ein Paradox, das ihm Kopfzerbrechen bereitete und ihm manchmal in den Sinn kam, wenn er allein war und beispielsweise mit einem kleinen Whisky vor dem Kamin saß. Die Augenblicke, die ihm in seinem Leben als Trooper die größte Angst einjagten, in denen er oder seine Freunde sich in höchster Gefahr befanden, weil eine Menge Dinge kurz davor waren, außer Kontrolle zu geraten, sodass das Adrenalin ihm die Schädeldecke hob – das waren die Augenblicke, die ihm am besten gefielen. Fahre ich ab auf Nervenkitzel? , fragte er sich. Setze ich Dinge aufs Spiel, damit ich ihn bekomme? Sicher war er nie.
Als Bobby Anderson wieder zu sich kam, dachte er, er sei tot. Er fror. Noch nie hatte er so sehr gefroren. Sein Kopf tat weh. Er konnte nichts sehen, und er wusste nicht mal, ob seine Augen offen oder zu waren. Er hob die Hand und stieß dabei an eine glatte Fläche dicht über ihm. Er drückte dagegen, aber sie gab nur ein, zwei Fingerbreit nach. Ich bin in einer Kiste , dachte er, Nein, in einem Sarg.
Bobby presste die Hände auf die Brust und bemühte sich, nicht zu schreien. Er drückte die Augen so fest zusammen, dass ihm die Wangen wehtaten. Er bohrte die Finger so tief in die Handflächen, dass die Nägel ihm die Haut aufschnitten. Auf diese Weise versuchte er sich zu entspannen – ein kleiner Schmerz, um sich von dem großen Grauen abzulenken. Er hörte ein Tosen, das er nicht identifizieren konnte. War er wirklich unter der Erde? Nein, er konnte noch atmen; es war stickig, aber er konnte atmen. Er lockerte die Finger und öffnete die Augen.
Er blieb ruhig liegen und versuchte nachzudenken. Langsam streckte er die Arme aus und betastete die Seitenwände des Sarges. Sie waren glatt und aus Holz. Er klopfte mit den Knöcheln dagegen, und es gab ein hohles Geräusch. Er überlegte, was das bedeuten könnte. Auf jeden Fall bedeutete es, dass er nicht unter der Erde war. Er schob eine Hand an der Seitenwand entlang, bis sie oben ankam. Als er drückte, ließ sich der Deckel ein wenig anheben. Er befühlte die Oberkante und merkte, dass er sie ein kleines Stück weit nach innen biegen konnte. Es war dicke Pappe, erkannte er. Er lag in einem Pappsarg mit einem losen Deckel aus Pappe. Er verschränkte die Arme wieder auf der Brust und dachte noch ein wenig nach. Er wollte immer noch schreien. Fuck , er wollte einen hysterischen Anfall bekommen. Aber das würde er nicht zulassen.
Bobby zwängte die Arme hinter den Kopf zur oberen Wand des Sarges und drückte dagegen, bis seine Füße das untere Ende berührten. Über seinem Kopf waren
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