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Das Fest der Zwerge

Das Fest der Zwerge

Titel: Das Fest der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Polzin
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letzten Licht des Tages wie Totengerippe aussahen, stiegen mehrere Rauchsäulen in den dunkelnden Himmel; dazu war an einigen Stellen Feuerschein auszumachen, der durch das karge Unterholz drang.
    »Korr«, meinte Balbok, der es ebenfalls sah. »Ich glaube, wir sind am Ziel …«
    Rammar beschloss, sein Lamento noch eine Weile aufzuschieben, denn plötzlich war trotz der Kälte und der hereinbrechenden Dunkelheit wieder seine Neugier erwacht. »Worauf warten wir dann noch?«, fuhr er seinen Bruder an. »Los doch, pirschen wir uns an die Milchgesichter heran und finden heraus, was sie vorhaben. Aber sei vorsichtig, hörst du? Ich will nicht ein zweites Mal in einer Fallgrube landen …«
    Auch Balbok wollte das nicht, und so schlichen sie behutsam weiter, sich wachsam umblickend und jede Deckung nutzend, die das verschneite Gelände ihnen bot. Als sie das Unterholz schließlich erreichten, war die Nacht hereingebrochen. Die Flammen im Westen waren erloschen und teeriger Schwärze gewichen, und kein Mondlicht drang durch den dicht bewölkten Himmel. Umso deutlicher war dafür der Feuerschein zu sehen, der von jenseits der Bäume drang und der, wie die Orks jetzt feststellten, sich in den Fenstern hölzerner Gebäude spiegelte.
    Es waren Häuser, wie die Siedler des Westens sie zu errichten pflegten – jene Menschen, die die Frechheit besaßen, in das Niemandsland westlich des Scharfgebirges vorzudringen und sich dort niederzulassen: aus massiven Baumstämmen gefertigte Behausungen mit Dächern aus Stroh, die man den Bewohnern allzu leicht über den Köpfen anzünden konnte. Eine ganze Anzahl davon gruppierte sich im weiten Halbkreis um einen großen Versammlungsplatz, auf dem rätselhafte Dinge vor sich gingen. Ein großer, fast zwei Orklängen hoher Holzhaufen war dort aufgeschüttet worden, und zu ihrer Verblüffung sahen Balbok und Rammar, wie von allen Seiten Menschen immer noch mehr Brennholz und Reisig herbeischleppten. Dabei unterhielten sie sich ausgelassen, und es wurde gescherzt und gelacht.
    »Was, bei Torgas Eingeweiden, treiben sie da?«, knurrte Rammar misstrauisch.
    »Wer weiß?«, überlegte Balbok. »Vielleicht gehört dieses heimtückische Ritual zu ihrer neuen Waffe.«
    Rammar bedachte seinen Bruder mit einem zweifelnden Seitenblick, ließ sich aber überreden, noch ein Stück näher heranzupirschen, bis zum äußersten Rand der Bäume. Der Schnee knirschte leise unter ihren Tritten, und je näher sie der Siedlung kamen, desto deutlicher konnten sie verstehen, was die Menschen miteinander sprachen.
    »Das ist der höchste Lichtberg, den wir je hatten«, rief einer.
    »Ja«, pflichtete ein anderer bei, »den wird man bis hinüber nach Andaril sehen.« Lautes Gelächter setzte daraufhin ein, worüber Rammar nur abschätzig die wulstigen Lippen schürzte. Den Humor eines Menschen zu verstehen würde einem Ork wohl immer versagt bleiben.
    »Das wird das schönste Lichtfest, das wir je gefeiert haben«, war eine junge Frau überzeugt. »Wenn sich erst der Braten am Spieß dreht und die Geschenke gereicht werden …«
    »Was denn«, scherzte ein dürrer Kerl, der etwa in ihrem Alter sein mochte, »du wirst mir doch nicht jetzt schon verraten wollen, was du mir zum Lichtfest schenkst?«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dir überhaupt etwas schenken zu wollen«, versetzte die Frau daraufhin. »Schließlich bist du dieses Jahr nicht brav gewesen.«
    Wieder wurde gelacht, was die Orks in nur noch größere Verwirrung stürzte. »Weißt du, Rammar«, flüsterte Balbok, »wenn ich ehrlich bin, ist das die eigenartigste Waffe, die ich je in meinem Leben gesehen habe.«
    »Dämliches Faulhirn!«, rügte Rammar ihn und versetzte ihm einen harten Rippenstoß. »Das ist keine Waffe! Hast du noch nicht begriffen, dass das nur ein Holzhaufen ist?«
    »Ein Holzhaufen? Wozu haben sie ihn aufgeschüttet?«
    »Blöde Frage – um ihn anzuzünden natürlich.«
    »Aha.« Balbok nickte. »Und warum?«
    »Woher soll ich das wissen? Sehe ich vielleicht aus wie ein Mensch? Offenbar wollen sie morgen irgendein Fest begehen. Es wird eine ihrer üblichen Narreteien sein.«
    »Und dafür sind wir den halben Tag durch den Schnee gelatscht?« Balbok konnte es kaum glauben.
    »Korr«, bestätigte Rammar verdrießlich, »und weil ein ziemlich dürrer und leider auch genauso dämlicher Ork behauptet hat, die Menschen hätten eine neue Waffe erfunden, die sie gegen uns einsetzen wollten.«
    »Wer?«, fragte Balbok ernst.
    »Du

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