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Das Fest der Zwerge

Das Fest der Zwerge

Titel: Das Fest der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Polzin
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erreicht hatte.
    Wenn Rammar jedoch dachte, dass seine Not damit ein Ende nähme, so irrte er sich – denn statt in der Kuhle am Fuß des Hügels liegen zu bleiben, spürte er plötzlich, wie der Boden unter ihm nachgab!
    Ein verdächtiges Ächzen, dann ein helles Knacken, wie wenn junges Holz brach – und Rammar wurde vom Erdboden verschluckt. Erneut löste sich ein gellender Schrei aus seiner Kehle, als die halsbrecherische Reise weiterging, diesmal senkrecht nach unten.
    Vergeblich versuchte der feiste Ork, sich irgendwo festzuklammern – seine Klauen griffen ins Leere, und er hatte das Gefühl, in bodenlose Tiefe zu stürzen. Dass das ein Irrtum war, begriff er, als er einen Augenblick später hart aufschlug.
    Rammar ließ einen dumpfen Schmerzenslaut vernehmen. In der Annahme, tot zu sein, blieb er liegen – bis einen Lidschlag später ein zweiter, ungleich größerer Ork in den Abgrund stürzte und unsanft auf ihm landete.
    »Verdammt noch mal, Balbok!« Rammar sprang auf wie vom wilden Troll gebissen. »Hast du dein letztes bisschen Verstand verloren, du elender umba ?Kannst du nicht aufpassen, wo du hinfällst?«
    Balbok erwiderte nichts – er war viel zu sehr damit beschäftigt, seine Knochen zu sortieren, und auch Rammar war noch viel zu benommen, um sich darüber Gedanken zu machen, was geschehen war und wohin es sie verschlagen hatte.
    »Noch alles beisammen«, stellte Balbok einigermaßen erleichtert fest, und ein Grinsen zog sein ohnehin schon vorstehendes Kinn noch mehr in die Länge.
    »Kunststück«, maulte Rammar, »ich habe deinen Sturz ja auch abgefangen. Wenn ich nur wüsste, was …?«
    »Korr«, meinte Balbok und kratzte sich nachdenklich unter seinem völlig verbeulten Helm, während er ratlos nach oben blickte. Der Schacht, in den sie gefallen waren, war an die vier Orklängen tief. Die Wände waren völlig glatt, sodass es unmöglich war, daran emporzuklettern. Höhnisch schien der runde Ausschnitt fahlen Himmels, den sie hoch über sich sahen, auf sie herabzublicken.
    »Ich würde sagen, wir sind in einer Fallgrube gelandet«, meinte der hagere Ork schließlich.
    »In einer Fallgrube?« Rammar lachte freudlos auf. »Auf so einen Gedanken kann auch nur ein tranhirniger Trottel wie du kom …«
    Er unterbrach sich, als er plötzlich schallendes Gelächter hörte, das vom oberen Rand des Schachtes drang und vor Hohn und Spott nur so triefte.
    »Wer lacht da so widerwärtig?«, rief Rammar entrüstet nach oben, und im nächsten Moment erschien eine Gestalt am Rand der Grube: der Mensch, den die beiden Orks zuvor beobacht hatten. Den sie auf die Schnelle hatten massakrieren wollen …
    »Also, das ist doch …«, tönte der Kerl herab, dessen Gesicht nicht genau zu erkennen war, aber den Eindruck machte wie das aller Menschen: flach und bleich wie ein Gnomenhintern. Der dicke Ork fragte sich, wie die Milchgesichter es fertigbrachten, einander zu unterscheiden … »Wenn das mal nicht die beiden dämlichsten Exemplare sind, die mir je in die Falle gegangen sind.«
    Rammars Menschisch war gut genug, um alles zu verstehen. Als er das Wort »Falle« hörte, schoss ihm blanke Wut in die Adern. Weniger, weil sie dem Menschen auf den Leim gegangen waren, sondern weil sein dämlicher Bruder offenbar recht gehabt hatte …
    »Wer bist du?«, schnauzte Rammar hinauf. Sein Menschisch war akzentbeladen, aber das Milchgesicht verstand ihn trotzdem.
    »Mein Name ist Melwyn, Ork – und ich bin Kopfgeldjäger«, kam es zurück, sehr zum Entsetzen der beiden Brüder. Die Kopfgeldjäger, die die Menschen in den westlichen Siedlungen anheuerten, um die Wälder von Orks zu reinigen, waren bekannt dafür, kein Federlesens zu machen …
    »Eigentlich wollte ich für heute den Feierabend einläuten. Hätte nicht gedacht, dass mir noch ein so fetter Fang ins Netz gehen würde – und das im wörtlichen Sinn.« Erneut lachte er, sehr zu Rammars Verdruss.
    »Was ist daran so komisch, Mensch?«, blaffte er hinauf.
    »Das will ich dir sagen, Ork. Ich wusste die ganze Zeit, dass ihr dort oben hockt und mich überfallen wollt. Alles, was ich tun musste, war warten. Zuerst hatte ich Zweifel, ob ihr dämlich genug sein würdet, in meine Falle zu gehen …«
    An dieser Stelle spürte Rammar, wie Balbok ihn von der Seite anschaute. Der dicke Ork starrte jedoch unbeirrt zum Rand der Grube hinauf. »Aber?«, wollte er wissen.
    »… aber dann seid ihr tatsächlich aus eurem Versteck gekrochen und habt mich angegriffen –

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