Das Fest des Ziegenbocks
Präsidenten der Dominikanischen Republik gesalbt – und mit großer Wahrscheinlichkeit später der gewählte Präsident zu werden – , die ihn veranlaßt hatte, die Verschwörung gutzuheißen. Es war das Ressentiment, das sich durch die zahllosen Beleidigungen in ihm angestaut hatte, die Trujillo ihm seit der Eheschließung mit Mireya zugefügt hatte, durch die er Mitglied des privilegierten, unberührbaren Clans geworden war. Deshalb hatte der Chef ihn eher als andere befördern lassen, ihn auf wichtige Posten berufen, ihm gelegentlich diese Geschenke in Form von Bargeld oder Pfründen gemacht, die ihm seinen hohen Lebensstandard ermöglichten. Begünstigungen und Auszeichnungen, die er mit Erniedrigungen und Mißhandlungen bezahlen mußte. ›Und darauf kommt es an‹, dachte er. In diesen fünfeinhalb Monaten hatte General Roman sich jedesmal, wenn der Chef ihn demütigte, gesagt, so wie jetzt, während der Jeep die Radhamés-Brücke überquerte, daß er sich bald als ein ganzer Mensch mit eigenständigem Leben fühlen würde und nicht, wie Trujillo ihn immer mit aller Macht hatte spüren lassen, als ein wertloses Wesen. Auch wenn Luis Amiama und Juan Tomás es nicht ahnten: Er beteiligte sich an der Verschwörung, um dem Chef zu beweisen, daß er nicht der Versager war, für den dieser ihn hielt.
Seine Bedingungen waren sehr konkret. Er würde keinen Finger rühren, solange seine Augen nicht sähen, daß er tot war. Erst dann würde er das Nötige veranlassen, um die Truppen zu mobilisieren und die Brüder Trujillos sowie die regimenahen Militär- und Zivilpersonen, angefangen bei Johnny Abbes, gefangenzusetzen. Weder Luis Amiama noch General Díaz durften vor irgend jemandem – nicht einmal vor dem Chef der Aktionsgruppe Antonio de la Maza – erwähnen, daß er an der Verschwörung beteiligt war. Es durfte keine schriftlichen Botschaffen oder Telefonanrufe geben, nur direkte Gespräche. Er würde nach und nach mit größter Vorsicht Offiziere seines Vertrauens in Schlüsselpositionen plazieren, so daß die Garnisonen ihm am entscheidenden Tag wie ein Mann gehorchen würden.
Das hatte er getan. Er hatte General César A. Oliva, der seinem Jahrgang angehörte und ein enger Freund war, das Kommado der Festung von Santiago de los Caballeros übertragen, der zweitgrößten des Landes. Er konnte es auch einrichten, General García Urbáez, seinen treuen Verbündeten, zur Kommandantur der Vierten Brigade, mit Sitz in Dajabón, zu versetzen. Außerdem konnte er mit General Guarionex Es-trella rechnen, dem Kommandeur der Zweiten Brigade, die in La Vega stationiert war. Er war kein besonderer Freund von Guaro, einem entschiedenen Trujillo-Anhänger, aber da er der Bruder des Türken Estrella Sadhalá von der Aktionsgruppe war, konnte man logischerweise annehmen, daß er Partei für seinen Bruder ergreifen würde. Er hatte keinem dieser Generäle sein Geheimnis anvertraut; er war zu klug, um sich der Gefahr eines Verrats auszusetzen. Aber er rechnete damit, daß bei vollendeten Tatsachen sich alle ohne Zaudern fügen würden.
Wann würde es geschehen? Sehr bald, ohne Zweifel. An seinem Geburtstag, am 24. Mai, vor gerade sechs Tagen, hatten Luis Amiama und Juan Tomás Díaz, die er in sein Landhaus eingeladen hatte, ihm versichert, daß alles bereit sei. Juan Tomás war kategorisch: »Jeden Augenblick, Pupo.« Sie sagten ihm, Präsident Joaquín Balaguer habe sich bereit erklärt, der militärisch-zivilen Junta anzugehören, deren Vorsitz er innehaben würde. Er bat sie um Einzelheiten, aber sie konnten sie ihm nicht geben; die Vermittlung hatte Doktor Rafael Batlle Vinas übernommen, der mit Indiana, der Cousine von Antonio de la Maza, verheiratet und Balaguers Hausarzt war. Er hatte beim Marionettenpräsidenten vorgefühlt und ihn gefragt, ob er im Falle eines plötzlichen Todes Trujillos »mit den Patrioten zusammenarbeiten würde«. Die Antwort fiel kryptisch aus: »Laut
Verfassung wäre im Fall des Todes vonTrujillo mit mir zu rechnen.« War das eine gute Nachricht? Dieser sanfte, schlaue kleine Mann hatte Pupo Roman immer das instinktive Mißtrauen eingeflößt, das Bürokraten und Intellektuelle in seinen Augen verdienten. Es war unmöglich, zu wissen, was er dachte; hinter seinen freundlichen Umgangsformen und seiner Ungezwungenheit lag ein Rätsel. Nun ja, wie dem auch sei, es stimmte, was seine Freunde sagten: Die Beteiligung Balaguers würde die Yankees beruhigen.
Als er zu seinem Haus in Gazcue
Weitere Kostenlose Bücher