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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Rebellion der Kommandeure Eloy Gutiérrez Menoyo und William Morgan gegen Fidel Castro getäuscht, die sich als Falle des Bärtigen erwies, um exilierte Kubaner auf die Insel zu locken und ihrer habhaft zu werden. Der Wohltäter überlegte, während er den Rapport durchblätterte und ab und zu einen kleinen Schluck Kaffee trank. »Sie bestehen also darauf, den Bischof Reilly aus der Santo-Domingo-Schule herauszuholen«, murmelte er. »Setzen Sie sich, nehmen Sie sich Kaffee.« »Sie erlauben, Exzellenz?«
    Die melodische Stimme des Obersts stammte aus seinen jungen Jahren, als er Rundfunkkommentator für Baseball, Basketball und Pferderennen gewesen war. Auf diese Zeit ging auch seine Vorliebe für esoterische Werke zurück – er war bekennender Rosenkreuzer – , für die Taschentücher, die er sich rot färben ließ, weil es, wie er sagte, für Widder die Glücksfarbe sei, sowie die Fähigkeit, die Aura jeder Person zu erkennen (Schwachsinn, der den Generalissimus zum Lachen reizte). Er ließ sich gegenüber dem Schreibtisch des Chefs nieder, ein Täßchen Kaffee in der Hand. Es war noch Nacht draußen und das Amtszimmer halbdunkel, nur erleuchtet von einer kleinen Lampe, die Trujillos Hände in einem goldenen Kreis einschloß.
    »Man muß diesen Abszeß aufschneiden, Exzellenz. Das größte Problem ist nicht Kennedy, der ist viel zu sehr mit seiner gescheiterten Invasion in Kuba beschäftigt. Es ist die Kirche. Wenn wir denen von der fünften Kolonne hier nicht den Garaus machen, werden wir Probleme bekommen. Reilly erweist denen, die die Invasion verlangen, die besten Dienste. Jeden Tag bauschen sie ihn mehr auf, während sie gleichzeitig Druck auf das Weiße Haus ausüben, damit es die marines herschickt, um dem armen verfolgten Bischof zu helfen. Kennedy ist katholisch, vergessen Sie das nicht.«
    »Wir sind alle katholisch«, seufzte Trujillo. Und er verwarf das Argument: »Das ist eher ein Grund, ihn nicht anzutasten. Damit würde man den Gringos den Vorwand liefern, den sie suchen.«
    Obwohl es Augenblicke gab, in denen Trujillo Verdruß über die Offenheit des Obersts empfand, duldete er sie bei ihm. Der Chef des SIM hatte den Befehl, absolut aufrichtig mit ihm zu sprechen, auch wenn es seinen Ohren nicht angenehm war. Navajita hatte nicht gewagt, dieses Vorrecht wie Johnny Abbes zu gebrauchen. »Ich glaube nicht, daß in den Beziehungen mit der Kirche eine Umkehr möglich ist; dieses dreißigjährige Idyll ist zu Ende.« Er sprach langsam, während die kleinen Augen unruhig in den Höhlen flackerten, als erforschten sie die Umgebung auf der Suche nach Hinterhalten. »Sie hat uns am 2 5. Januar 1960 mit dem Hirtenbrief der Bischöfe den Krieg erklärt, und ihr Ziel ist es, das Regime zu Fall zu bringen. Die Geistlichen werden sich nicht mit ein paar Konzessionen zufriedengeben. Sie werden Sie nicht noch einmal unterstützen, Exzellenz. Die Kirche will Krieg, genau wie die Yankees. Und im Krieg gibt es nur zwei Möglichkeiten: sich ergeben oder den Feind besiegen. Die Bischöfe Fanal und Reilly befinden sich in offener Rebellion.«
    Oberst Abbes hatte zwei Pläne. Bei dem einen sollten die caliés als angeblich aufgebrachte Gruppen, die sich von einer großen Protestkundgebung gegen die terroristischen Bischöfe abgespalten hatten, unter dem Schutz der paleros – mit Stöcken und Pflöcken bewaffnete Schläger im Sold von Balá, einem ehemaligen Häftling in seinen Diensten – gleichzeitig in den Bischofssitz in La Vega und in die SantoDomingo-Schule eindringen und die Prälaten umbringen, bevor die Ordnungskräfte sie retten könnten. Diese Formel war riskant; sie konnte zur Invasion führen. Sie hatte den Vorteil, daß der Tod der beiden Bischöfe den übrigen Klerus für eine ganze Weile lahmen würde. Bei dem anderen Plan sollten die Polizeikräfte Panal und Reilly herausholen, bevor sie vom Pöbel gelyncht würden; die Regierung würde sie dann nach Spanien und in die Vereinigten Staaten ausweisen, mit dem Argument, dies sei die einzige Möglichkeit, ihre Sicherheit zu garantieren. Der Kongreß würde gesetzlich verfügen, daß sämtliche Geistlichen, die ihr Amt im Land ausübten, von Geburt Dominikaner sein müßten. Ausländer und Eingebürgerte würden in ihre Länder zurückgeschickt. Auf diese Weise – der Oberst konsultierte ein kleines Heft – würde der katholische Klerus sich auf ein Drittel reduzieren. Die Minderheit einheimischer Pfaffen wäre manövrierbar. Er schwieg, als der

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