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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Wohltäter, der den Kopf gesenkt gehalten hatte, aufschaute. »Das hat Fidel Castro in Kuba getan.«
    Johnny Abbes nickte:
    »Auch dort hat die Kirche mit Protesten und schließlich mit Verschwörungen angefangen und so das Terrain für die Yankees vorbereitet. Castro warf die ausländischen Geistlichen hinaus und ordnete drastische Maßnahmen gegen diejenigen an, die dablieben. Ist ihm was passiert? Nein.«
    »Noch nicht«, korrigierte ihn der Wohltäter. »Kennedy wird die marines jeden Moment in Kuba landen lassen. Und dieses Mal wird es nicht die Stümperei werden, die sie letzten Monat in der Schweinebucht veranstaltet haben.« »In diesem Fall wird der Bärtige im Kampf sterben«, nickte Johnny Abbes. »Es ist auch nicht unmöglich, daß die marines hier landen. Und Sie haben beschlossen, daß auch wir im Kampf sterben sollen.«
    Trujillo lachte spöttisch auf. Wenn es galt, im Kampf gegen die marines zu sterben, wie viele Dominikaner würden sich dann mit ihm opfern? Die Soldaten zweifellos. Das hatten sie bei der Invasion bewiesen, die Fidel am 14. Juni 1959 gegen ihn ausgeschickt hatte. Sie kämpften gut, sie zerrieben die Invasoren in wenigen Tagen in den Bergen von Constanza und an den Stranden von Maimón und Estero Hondo. Aber gegen die marines… »Es wird nicht viele an meiner Seite geben, fürchte ich. Die Flucht der Ratten wird viel Staub aufwirbeln. Sie ja, Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als mit mir zu fallen. Wohin Sie auch gehen, wartet das Gefängnis auf Sie, oder Sie werden von den Feinden umgebracht, die Sie überall auf der Welt haben.«
    »Ich habe sie mir gemacht, indem ich dieses Regime verteidigt habe, Exzellenz.«
    »Von allen Leuten meiner Umgebung sind Sie der einzige, der mich nicht verraten könnte, auch wenn er wollte«, beharrte Trujillo amüsiert. »Ich bin der einzige Mensch, an den Sie sich halten können, der Sie nicht haßt oder davon träumt, Sie umzubringen. Wir sind verheiratet, bis daß der Tod uns scheidet.«
    Er lachte erneut, gutgelaunt, während er den Oberst
    prüfend anschaute, wie ein Entomologe ein schwer zu klassifizierendes Insekt. Man erzählte viel über ihn, vor allem über seine Grausamkeit. Das war nützlich für jemanden, der sein Amt ausübte. Zum Beispiel, daß sein Vater, ein Nordamerikaner deutscher Abstammung, den kleinen Johnny, der noch kurze Hosen trug, dabei überrascht hatte, wie er den Küken des Hühnerhofs die Augen mit Nadeln ausstach. Daß er als junger Bursche den Medizinstudenten Leichen verkaufte, die er aus den Gräbern des Independencia-Friedhofs stahl. Daß er, obwohl mit Lupita verheiratet, dieser schrecklichen, kriegerischen Mexikanerin, die mit einer Pistole in der Handtasche herumlief, schwul war. Und sogar, daß er mit dem Halbbruder des Generalissimus, Nene Trujillo, ins Bett ging.
    »Sie werden die Gerüchte kennen, die hier im Umlauf sind«, sagte er plötzlich, während er ihm, noch immer grinsend, in die Augen schaute: »Einige stimmen wohl. Haben Sie den Hühnern im Spiel die Augen ausgestochen? Haben Sie die Gräber des Independencia-Friedhofs geplündert, um Leichen zu verkaufen?« Der Oberst lächelte kaum merklich.
    »Das erste kann nicht wahr sein, ich erinnere mich nicht daran. Das zweite ist eine halbe Wahrheit. Es waren keine Leichen, Exzellenz. Knochen, Schädel, die der Regen schon halb freigelegt hatte. Um ein paar Pesos zu verdienen. Jetzt heißt es, ich würde diese Knochen als Chef des SIM zurückgeben.« »Und daß Sie schwul sind?«
    Auch dieses Mal blieb der Oberst gelassen. Seine Stimme
war weiter von klinischer Gleichgültigkeit.
»Das war nie meine Sache, Exzellenz. Ich bin mit keinem
Mann ins Bett gestiegen.«
    »Schön, lassen wir den Blödsinn«, schloß er, wieder ernst. »Tasten Sie die Bischöfe vorerst nicht an. Wir werden schon sehen, je nachdem, wie die Dinge sich entwickeln. Wenn man sie bestrafen kann, wird man es tun. Einstweilen soll man sie gut bewachen. Machen Sie weiter mit dem Nervenkrieg. Sie sollen nicht ruhig schlafen oder essen können. Vielleicht entschließen sie sich ja von selbst zum Gehen.«
    Würden diese beiden Bischöfe am Ende ihren Willen bekommen und sich die Hände reiben wie die schwarze Ratte Betancourt? Wieder stieg der Zorn in ihm hoch. Dieses Ungeziefer in Caracas hatte es geschafft, daß die OAS gegen die Dominikanische Republik Sanktionen verhängt hatte, daß sämtliche Länder die Beziehungen abbrachen und jetzt einen wirtschaftlichen Druck ausübten, der das

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