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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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mit Photos von Geköpften und Enthäuteten.«
    An jenem Abend ließ er ihn zu sich rufen. Abbes reagierte derart benommen – vor Freude, Furcht oder beidem zugleich – auf die unerwartete Ehre, daß er bei der Begrüßung des Wohltäters kaum ein Wort hervorbrachte. »Sie haben gute Arbeit in Mexiko geleistet«, sagte dieser mit der hohen, schneidenden Stimme, die sich genau wie sein Blick lähmend auf sein Gegenüber auswirkte. »Espaillat hat mich informiert. Ich denke, Sie können ernsthaftere Aufgaben übernehmen. Sind Sie bereit?« »Was immer Ihre Exzellenz befehlen.« Er stand still, die Füße dicht nebeneinander, wie ein Schüler vor dem Lehrer. »Kannten Sie in Mexiko JoséAlmoina? Ein Spanier, der mit den exilierten Republikanern rübergekommen ist.« »Ja, Exzellenz. Na ja, ihn nur vom Sehen. Aber viele von der Gruppe, mit der er sich im Café Commercial trifft. ›Die dominikanischen Spanien, so nennen sie sich selbst.« »Dieses Subjekt hat ein Buch gegen mich veröffentlicht, Eine Tyrannei in der Karibik, bezahlt von der guatemaltekischen Regierung. Unter dem Pseudonym Gregorio Bustamante. Danach war er so unverschämt, zur Ablenkung ein weiteres Buch zu veröffentlichen, in Argentinien, dieses Mal unter seinem Na men, Ich war Sekretär von Trujillo, in dem er mich in den Himmel hob. Da seither schon einige Jahre vergangen sind, fühlt er sich sicher in Mexiko. Er glaubt, ich hätte vergessen, daß er meine Familie und das Regime, das ihn ernährt hat, verleumdet hat. Eine solche Schuld verjährt nicht. Wollen Sie das übernehmen?«
    »Das wäre eine große Ehre, Exzellenz«, antwortete Abbes García rasch, mit einer Sicherheit, die er bisher nicht gezeigt hatte.
    Es dauerte nicht lange, und der Ex-Sekretär des Generalissimus, Hauslehrer von Ramfis und Schreiber von Doña Maria Martínez, der Vortrefflichen Dame, starb in der mexikanischen Hauptstadt im Kugelhagel. Es gab das obligate Protestgeschrei bei den Exilanten und in der Presse, aber niemand konnte beweisen, daß der Mord, wie diese behaupteten, von »Trujillos langer Hand« ins Werk gesetzt worden war. Eine rasche, tadellose Operation, die gerade einmal tausendfünfhundert Dollar kostete, der Rechnung zufolge, die Johnny Abbes García nach seiner Rückkehr aus Mexiko präsentierte. Der Wohltäter gliederte ihn mit dem Rang eines Obersts in die Armee ein. Der Tod JoséAlmoinas war nur eine in der langen Reihe der vom Oberst durchgeführten brillanten Operationen, in deren Verlauf Dutzende der exponiertesten Exilanten in Kuba, Mexiko, Guatemala, New York, Costa Rica und Venezuela umgebracht, verkrüppelt oder verletzt wurden. Saubere Blitzaktionen, die den Wohltäter beeindruckten. Jede von ihnen ein
    kleines Meisterwerk an Geschick und Sorgfalt, Feinarbeit. Meistens schaffte es Abbes García, den Feind nicht nur ums Leben zu bringen, sondern auch seinen Ruf zu ruinieren. Der Gewerkschafter Roberto Lamada, der nach Havanna geflohen war, starb, nachdem er in einem Bordell des Rotlichtviertels von ein paar Ganoven verprügelt worden war, die ihn bei der Polizei beschuldigten, er habe versucht, eine Prostituierte zu erstechen, weil sie sich den von ihm geforderten sadomasochistischen Praktiken verweigert habe; die Frau, eine Mulattin mit rotgefärbtem Haar, erschien mit verweintem Gesicht in den Zeitschriften Carteles und Bohemia und zeigte die Verletzungen, die der Perversling ihr zugefügt hatte. Der Anwalt Bayardo Cipriota verlor sein Leben in Caracas bei einem Tuntenstreit: man fand ihn erstochen in einem schäbigen Hotel, in Frauenunterwäsche und mit geschminktem Mund. Dem gerichtsmedizinischen Befund zufolge hatte er Sperma im Rektum. Wie stellte es Oberst Abbes an, in Städten, die er kaum kannte, so rasch Kontakt zu knüpfen mit dieser Fauna der Unterwelt, mit Pistoleros, Schlägern, Drogenhändlern, Messerstechern, Prostituierten, Zuhältern, Gaunern, die immer an diesen skandalträchtigen Operationen beteiligt waren, in die sich die Feinde des Regimes verwickelt sahen und auf die sich die Sensationspresse voll Entzücken stürzte? Wie schaffte er es, in fast ganz Lateinamerika und in den Vereinigten Staaten ein so effizientes Netz aus Informanten und Handlangern zu unterhalten und so wenig Geld dafür auszugeben? Trujillos Zeit war zu wertvoll, als daß er sie mit dem Erforschen von Einzelheiten hätte verlieren können. Aber aus der Ferne bewunderte er, wie ein guter Kenner ein wertvolles Juwel, die Subtilität und Originalität, mit

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