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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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ist er belohnt worden!«
    Hochrufe hallten in dem Gewölbe wider, als Scovell die Hand ausstreckte. John zögerte kurz, dann ergriff er sie und schüttelte sie.
    »Auf die Küche!«, rief er. »Auf Master Scovell! Auf uns alle!«
    Alle tranken. Colin und Luke rollten ein zweites Fass herbei.
    »Wo ist Coake?«, fragte John Philip inmitten der Menge.
    »Weg«, sagte Philip. »Scovell hat das Salz in einer Tasche gefunden, die er sich umgeschnallt hatte. Du hättest seine Miene sehen sollen ...«

     
    Die Zelte sackten und sanken zu Boden. Gemächlich weidende Pferde wurden aufgezäumt und gesattelt. Der königliche Aufbruch geschah so beiläufig, wie der Einzug prunkvoll gewesen war. Als das letzte Grüppchen königlichen Gesindes die Zufahrt entlang getrottet und durch das Torhaus verschwunden war, ließ Scovell John rufen. Beim Betreten von Scovells Gemach sah John eine untersetzte Frau, die einen schweren Schlüsselbund am Gürtel trug, der klirrte, als sie sich umwendete.
    »Ist das Susan Sandalls Sohn?«
    John erkannte die Wirtschafterin Mistress Gardiner. Er nickte.
    »Sie hat ihn hergeschickt, Mistress Gardiner«, sagte Scovell vom Herd aus.
    John bewegte sich unbehaglich, als die Wirtschafterin ihn musterte.
    »Ich kann ihr Gesicht in deinem Gesicht erkennen«, sagte Mistress Gardiner beifällig. »Eine gute Frau. Und nun wird ihr Sohn bei der Hochzeit unserer Ladyschaft kochen.«
    »Das hoffen wir«, sagte Scovell.
    Die Frau ließ ihren Blick durch den Raum schweifen.
    »Seit jener Nacht war ich nie mehr hier. Entsinnt Ihr Euch, Master Scovell, wie wir diese diebische Elster verjagt haben? Wie lange ist das her?«
    Elster. John spitzte die Ohren.
    »Achtzehn Jahre«, antwortete Scovell kurz angebunden. Er wendete sich einer Pfanne zu, die über dem Herd hing.
    »Was für ein Tumult!«, fuhr Mistress Gardiner fort. »Dieser Schurke.« Sie blickte zu der Tür zum Nachbarraum, als rechnete sie damit, dass der Schurke, wer er auch sein mochte, hereinplatzen würde. Sie öffnete den Mund, um weiter zu lamentieren, doch dann sah sie abermals John an. Sie zwinkerte listig. »Susan Sandalls Sohn«, sagte sie in sonderbarem Ton, während sie sein Gesicht betrachtete. »Und schon fast erwachsen.«
    »Ich bin siebzehn Jahre alt«, antwortete John, um etwas zu sagen.

    »Und nun wirst du das Festmahl für diejenige zubereiten, die deine Ma entbunden hat.« Mistress Gardiner schwieg wieder und dachte nach. »Sobald ihre Ladyschaft zur Besinnung gekommen sein wird.«
    John sah ratlos zwischen dem Meisterkoch und der Wirtschafterin hin und her.
    »Mistress Gardiner hat eine Aufgabe für dich«, sagte Scovell.

    »Nein!«, schrie Lucretia.
    »Mylady, der Eid der Fremantle ist kein Ammenmärchen«, erklärte Mister Pouncey geduldig. »Es ist ein Eid, der Gott geschworen wurde. Euer eigener Vorfahre schloss den Bund ...«
    »Ich kenne die Geschichte sehr wohl.«
    »Dann werden Eure Ladyschaft sich der Gefahr gewahr sein, in die Ihr Buckland durch Euer gegenwärtiges, hm, Zögern versetzt.«
    »Ich soll mich mit Piers Callock vermählen? Das ist kein Zögern, es ist Abscheu!«
    »Die Vermählung ist der Wunsch Seiner Majestät.«
    »Sie ist die Ausgeburt der Tyrannei meines Vaters!«
    »Er wünscht lediglich, dass die Erbfolge erhalten bleibt.«
    Gemma, die neben einer Schale Suppe auf der obersten Treppenstufe saß, hörte durch die geschlossene Tür, wie Mister Pounceys Stimme sich hob und senkte. Das geduldige Gemurmel währte schon eine ganze Stunde. Dann ertönte Mistress Poles schrillere Stimme. Das war ein Fehler, dachte Gemma. Und wie zur Bestätigung unterbrach ein dumpfes Geräusch das schrille Zetern. Im nächsten Augenblick wurde die Zimmertür aufgerissen.
    »Raus!«, schrie Lucretia. »Raus, alle beide!«
    Ein rotgesichtiger Mister Pouncey eilte den Gang entlang, gefolgt von einer gekränkten Mistress Pole. Gemma blickte erwartungsvoll auf. Doch die Tür wurde zugeschlagen.
    Gemma hatte ihrer Herrin geholfen, den Puder und das Rouge abzuwaschen.
Sie hatte das Schönheitspflaster von der Wange entfernt. Und als sie ihr das schwere Seidenkleid auszog, hatte ihre Herrin zu weinen begonnen, in bitteren Klagelauten, die aus ihrem tiefsten Inneren drangen.
    »Das tu ich nicht!«, hatte die junge Frau geschluchzt. »Niemals!«
    Gemma konnte sich nicht entsinnen, wann sie Lucretia zum letzten Mal hatte weinen sehen. Und nun, als sie dasaß und auf die lauwarme Suppe starrte, hörte sie ein Geräusch hinter der Tür,

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