Das Festmahl des John Saturnall
der König. Er hob die Hand, um Schweigen zu gebieten. John entsann sich der Worte des Mannes in der Kleidung eines Höflings. Doch nun war es seine Stimme, die sie sagte.
»Taucht Euren Löffel tiefer ein, Euer Majestät.«
Die Höflinge zur Linken und zur Rechten hielten den Atem an. Piers hob die Augenbrauen bis unter den Haaransatz. Doch die Worte waren gesagt. Es folgte eine so lähmende Stille, dass es John zumute war, als könnte jeder Mann und jede Frau in dem Saal das Pochen seines Herzens hören. Der König beugte sich vor, mit finsterer Miene.
»Wie?«
John versuchte ruhig zu sprechen.
»Ich wollte Euer Majestät nur bitten zu erkunden, welche Süße sich unter der salzigen Kruste verbergen mag.«
Die Höflinge blickten entsetzt drein. Piers sah voller Neugier zu. Die Königin wirkte leicht überrascht. Auch Lucretia sah her, wie John bemerkte. Doch ihr Gesichtsausdruck war nicht zu deuten. Der König zwinkerte. Sein Blick war gar nicht traurig, fiel John auf, eher listig. Der König blickte auf die Nachspeise, in der ein Löffel steckte.
»Ich soll meinen Löffel tiefer eintauchen, meint Ihr?«
John beobachtete, wie der König den Löffel tiefer führte und einen Brocken durchsichtigen Gelees zutage förderte. Der König öffnete den Mund. Er kostete, schob das Gelee im Mund herum. Seine Miene war ausdruckslos. Dann schluckte er. John sah erwartungsvoll auf. Der König hob eine Augenbraue. Er schürzte die Lippen. Dann überzog ein Lächeln sein Gesicht.
»Die Tiefen sind wahrhaftig süß zu schmecken, Master Saturnall.«
Er wendete sich zu der Königin, die sich zu einem Lächeln herbeiließ. Die Höflinge hoben die Hände zum Applaus. Einige wenige klatschten. Es war John, als sähe er eine Spur von Anerkennung auf Lucretias Miene. Dann wandte der König sich an seinen Gastgeber.
»Sir William, ich frage mich, ob ich diesen Koch von Euch ausborgen dürfte? Ich habe eine Aufgabe, für die er der Richtige sein könnte.«
Da Sir William seine Zustimmung bekundete, gab der König ein Zeichen.
»Hierher«, befahl er. »Setzt Euch neben mich, John Saturnall.«
John stand auf. König und Königin, die Höflinge, Sir William und die Dienstleute seines Haushalts folgten ihm mit dem Blick, als er das Podium entlangging. Sir Kenelm überragte alle anderen.
»Beeilt Euch, Master Saturnall. Bevor er vergisst, was er von Euch wollte.«
Die Höflinge tuschelten und runzelten die Stirn. Der Bischof von Carrboro hob seine feiste Hand, an der ein Amethystring prangte, und winkte John weiter. Ein rotgesichtiger Sir Hector saß neben Lady Caroline. Die Königin nickte John kaum wahrnehmbar zu, während
Lucretia starr geradeaus blickte. Hinter dem König hielt ein Diener einen Schemel bereit.
»Macht Platz, Lord Piers«, befahl der König dem jungen Mann neben ihm. »Lasst Master John diesen Platz einnehmen.« John sah, wie Piers’ Miene sich verdüsterte, doch der König nahm darauf keine Rücksicht. »Zur Zeit meines Vaters war es die Aufgabe des Vorkosters, die Speisen des Königs zu kosten und sie als genießbar zu erklären. Heute Abend habe ich den Wert eines solchen Dieners erkannt.« Der König schob das angegessene Gericht über den Tisch. »Nehmt Euren Löffel, Master Vorkoster.«
John tauchte den Löffel ein und kostete. Unter einer Salzschicht schmeckte das Gelee süß. Er grub und schmeckte, fand heraus, welche Teile seines Gelees süß waren und welche salzig. Sein Dämon war nicht erforderlich, als er die zitternden Geleewürfel von den Salzbrocken sonderte. Coake musste einen halben Sack Salz hineingeleert haben. Nach John kostete der König und erkundigte sich nach der Zubereitung des Gerichts, bis nur noch der Tand übrig war.
»Es sind Biskuits, Euer Majestät«, erklärte John, als der König eine der Münzen zerbiss. »Ihr Teig ist stark gezuckert. Man backt ihn zweimal ...«
Die Augen des Königs blickten wieder listig. »Euer Gericht ist ein herausragendes Gericht, Master Saturnall. Aber was wäre, wenn die Last eines F-Festmahls Eure Schultern bedrückte?«
»Ich würde mich bemühen, meine Pflicht zu erfüllen, Euer Majestät.«
Als er neben dem König saß, war ihm zumute wie an jenem Tag, als Cassie vor der Kirche in Buckland für ihn Partei ergriffen hatte. Die Höflinge beugten sich vor, um ihn zu beäugen. Piers blickte noch immer verdrießlich drein, aber Sir Kenelm begann zu klatschen. Und Sir Philemon klopfte mit einem Löffel an ein Glas, um Schweigen zu
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