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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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gebieten.
    »K-kein Fest ohne tieferen Sinn«, verkündete der König. »Und zu diesem Sinn gelangen wir nun.«

    John sah, wie die Königin sich zu Lucretia beugte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Lucretias Miene blieb eisig, unentzifferbar, unnahbar.
    »Wie glücklich muss ein K-König sich schätzen, der Männer wie Sir William und Sir Hector an seiner Seite weiß. Die Geschlechter der Fremantle und der Callock zählen zu den ältesten und treuesten von alters her. Eines Königs rechtmäßige Macht ist un-t-teilbar. Sie zu teilen hieße sie aufzulösen wie Salz im Wasser. Unser W-Wort war immer bindend. Nun sind w-wir in das Tal von Buckland gekommen, um einer besonderen Verbindung unseren Segen zu geben.«
    Der König erhob sich, und alle Anwesenden im großen Saal folgten seinem Beispiel. John trat zurück, als der König eine Hand nach Piers ausstreckte und die andere an der Königin vorbei nach Lucretia. Nun konnte John die junge Frau in Ruhe betrachten. Doch sie blickte starr geradeaus; ihr Gesicht war wie eine Maske. Für einen Augenblick verrutschte diese Maske, und John sah kurz den Gesichtsausdruck, den er in der Sonnengalerie gesehen hatte, einen gehetzten Ausdruck, als fühlte sie sich in die Enge getrieben.
    »Lucretia, Lady Fremantle, und P-Piers, Lord von Forham und von Artois«, verkündete der König, »ich, Charles, König von England, Schottland und Irland, erteile meinen Segen und meine Zustimmung zu dieser Eheschließung. Möge sie feierlich begangen werden mit Festlichkeiten im Tal von Buckland, und mögen alle Feiernden am Hochzeitstag mit uns hier sitzen.« Beifall ertönte, und der König wandte sich an John: »Und möge dieser junge Koch das Festmahl bereiten.«

Aus Das Buch des John Saturnall : Ein Gericht von gebratenen Evaäpfeln , zu servieren mit einer süßen Creme.
    an erkenne den Evaapfel an seinem störrischen Baum, dessen obere Zweige sich als Storchennest ausgeben oder als ein nachlässig geschichtetes Feuer. Pippins, Parmänen und Reinetten darf man getrost ohne viel Ziererei vom Zweig essen. Doch will man dies mit einem Evaapfel versuchen, wird er sich so sauer erweisen wie eine widerspenstige Braut. Doch man brate diese Frucht langsam, und sie wird aufs Wunderbarste ihre Süße offenbaren.
    Man pflücke an einem sonnigen und kalten Tag die besten Früchte von wildwachsenden Bäumen oder von solchen des Paradiesapfels. Um sie zu lagern, packe man sie in Farnblätter und schichte sie in einen Korb. Will man sie solcherart essen, wie ich es rate, gebe man sie in einen Ofen, dessen Seitenwände man kurz mit der Hand zu berühren vermag. Man belasse den Apfel über Nacht darin und hebe ihn mit einem Brotschieber heraus. Sein Inneres wird so weich und so sämig sein wie Erbsensuppe. Man steche ihn verschiedentlich ein, damit der Dampf entweiche.
    Als Nächstes nehme man kalten Rahm, warmen Honig und eine Leiter. Man steige auf die Leiter. Honig und Rahm gieße man aus großer Höhe in einen Topf
mit Gaskogner Wein, damit ein rechter Schaum entsteht. Man schlage die süße Creme, bis sie so fest steht wie ein leichter Schnee.
    Ein Bratapfel ist keine Schleckerei und keine Näscherei. Man plaziere den Apfel auf einen Teller, so gut es eben geht, und schöpfe die Creme darüber. Man vermenge beides, sodass das hitzige Temperament des Apfels sich mit der Kühle mischt. Wie der Dichter es sagte:
    Ich lass dich kosten honigsüßen Seim,
So kühl, als hüllte er den heißen Evaapfel ein.
    Dies ist ein herzhaftes Gericht und vorzüglich geeignet für Personen, deren Säuerlichkeit nach Süße verlangt oder deren hitziges Gemüt nach Kühle verlangt. Oder beides.

    DIE KÖCHE, HILFSKÖCHE und Küchenjungen drängten sich um John, lachten, johlten, klopften ihm auf die Schulter. Mister Bunce reichte ihm einen Krug Bier.
    »Bereite das Hochzeitsmahl, John! Wir werden Mister Palewick bitten müssen, mehr Salz zu horten!«
    »So viel Salz, wie Ihr nur wollt«, versprach Henry wohlgemut vom anderen Ende der Küche.
    John kippte das Bier in einem Tohuwabohu aus Glückwünschen. Sogar Mister Vanian war der Ansicht, dass John für die Küche Ehre eingelegt habe. Dann bahnte Scovell sich einen Weg durch das Gedränge und gebot Schweigen.
    »Wohlgetan, John Saturnall!«, verkündete er. »Der Recke unserer Küche!« Dann wandte er sich an John: »Ich zweifelte an ihm, als ich Vertrauen hätte haben sollen. Ein wahrer Koch kennt keinen Zweifel. Das hat er uns an diesem Abend bewiesen. Und dafür

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