Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Feuer das am Nächsten liegt

Das Feuer das am Nächsten liegt

Titel: Das Feuer das am Nächsten liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
Vom Netzwerk:
kleinen Tiere, die Lebensmittellager heimsuchen.
    Ich war ermattet, und meine Muskeln schmerzten, aber an Schlaf schien nicht zu denken zu sein. Ich sang in meinem müden Kopf, um meine Angst zu vertreiben, und es lief auf das alte Singspiel hinaus. „Nahu, enu Elbin, ban va der?“ – „He, Wahnsinnige Elbin, gehst du nicht zu weit?“ Und die Antwort erfolgte leise in meinem Verstand.
    „Zu den Inseln, zu den Inseln,
    Grün, grün, grün …“
    Ich sah die alte Grande vor mir, groß und schlank wie ein Baum, ihr Gesicht vom Wahnsinn gezeichnet, während ein Seidenumhang, bestickt mit Feuersymbolen, umherflatterte. Der Umhang flatterte umher, bis er die Welt bedeckte und zum Nachthimmel voller Sonnen und Sterne und Kometen wurde. Ich war hellwach und überall umgab uns Bewegung, das Schaukeln und Schlingern. Ich guckte aus dem Stroh und erblickte die Oberfläche des Großen Meeres, die in Reichweite lag, und das goldene Licht von Esto. In der Ferne vorne erkannte ich den flotten Rumpf der Tabel, des Schiffes der Mattroyans, das das Floß in die Rundströmung schleppte. Das Schlepptau, vom Alter dunkelbraun und dick wie mein Arm, schwang und hüpfte auf dem Wasser wie der sich schlängelnde Leib eines Seesonners.
    Beinahe frei! Beinah hatten wir es geschafft, und ich wäre am liebsten auf das Deck des Floßes gerannt und hätte dort vor Freude getanzt. Aber es gab noch Gefahren vorne und achtern, wo das andere Schiff, die Ullo, das zweite Floß schleppte. Ich untersuchte den Abgesandten, der ganz natürlich schlief, und kroch nach achtern, bis ich die Ullo deutlicher sehen konnte. Sie hatte ein Segel gesetzt und wurde außerdem von einer Dampfmaschine angetrieben!
    Die Feuer-Metall-Magie der Mattroyan-Flotte war überall halbbekannt, aber ich hatte sie noch nie in Betrieb gesehen. Ein hoher Schornstein aus einem ausgehöhlten Baumstamm stand an der Stelle eines Hauptmastes – eigentlich war es der Hauptmast ohne Abschluß –, und ich konnte irgendein brodelndes, von der Mannschaft angefachtes Metallgefäß erkennen. Die Tabel war einfach ein Segelschiff, und allmählich überholte uns, wie ich beobachtete, die Ullo und ihr Abfallfloß mit Volldampf. Wir mußten erst vor wenigen Stunden Itsik verlassen haben.
    Ein langes Stöhnen widerhallte im Bara-Strohhaufen, und ich kroch durch den Geheimtunnel, den ich gemacht hatte, zu dem Abgesandten zurück. Er hatte die Augen geöffnet, und ich sah, daß er endlich bei Vernunft war.
    „Wer?“ fragte er heiser. „Befinden wir uns auf einer Art Schiff?“
    „Wir befinden uns auf einem Abfallfloß, und wir müssen uns versteckt halten, wenn uns das Leben lieb ist.“
    „Wie bin ich hierher gekommen?“
    „Ich bringe Euch aus Itsik heraus, Abgesandter.“
    „Ich bin kein Abgesandter mehr“, erwiderte er bissig. „Für wen arbeitet Ihr? Was haben sie Euch dafür gezahlt?“
    „Ich habe es von mir aus getan, mit Hilfe der Heilerin von Itsik. Ich diene niemandem.“
    „Wie habt Ihr mich tragen können? Laßt mich Euch näher betrachten! Was ist das für ein verflixter Strohhaufen?“
    „Bara-Fasern. Ich habe Euch tragen können, weil ich eine Halbomor und dazu stark genug bin. Ich stamme aus Tsagul.“
    Tsorl lachte, aber sein Lachen war von Schmerz erfüllt. Ich braute ihm einen kleinen Süßtrank nach den Anweisungen von Gwell Nu bei einem solchen Anlaß, und es gelang mir, ihn zum Trinken zu überreden.
    „Tsorl-U-Tsorl“, sagte ich, „Ihr müßt etwas Schlimmes erfahren. Fühlt Ihr Euch dafür stark genug?“
    „Ich bin so mißhandelt worden, daß nichts mehr mir etwas anzuhaben vermag“, sagte der Abgesandte.
    Er sprach mit großer Bitterkeit und nahm keine Notiz von mir, als ich sprach. Seine Augen waren nicht wahnsinnig, aber sie glitten über mich in die Ferne; er lebte immer noch in irgendeiner Welt seines eigenen Schmerzes und Kummers.
    „Ihr linkes Bein hatte eine Kettenwunde und geriet in Brand“, sagte ich. „Die Forgan mußte es unter dem Kniegelenk abschneiden.“
    Er erbleichte und rollte mit den Augen.
    „Ich fühle es immer noch …“
    „Nur ein Geisterbein. Es ist ab.“
    Er begann zu schimpfen und sein Schicksal zu verfluchen, er erfüllte die Luft mit hitzigen Beschuldigungen und behauptete, daß irgendein gemeiner Metzger aus Itsik ihn den Pentroys zuwillen gelähmt hätte. Ich verlor die Geduld.
    „Schämt Euch! Gwell Forgan hat Euch durch ihre Geschicklichkeit das Leben gerettet!“
    „Das sagt Ihr!“
    „Und nochmals

Weitere Kostenlose Bücher