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Das Feuer das am Nächsten liegt

Das Feuer das am Nächsten liegt

Titel: Das Feuer das am Nächsten liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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gerettet, als sie es zuließ, Euch aus Itsik herauszubringen. Ihr solltet sterben, heimlich in der Gefangenschaft dahinwelken.“
    Er seufzte. „Das glaube ich. Es tut mir leid, diese Heilerin verflucht zu haben.“
    Tsorl richtete sich ein wenig auf und starrte den Schlafsack an. „Warum habt Ihr mich aus Itsik herausgebracht?“
    „Ich heiße Yolo Horn. Ich habe Euch zum Gedenken an den Alten Horn, meinen Pflegevater, herausgebracht. Er hätte Euch nicht dort lassen wollen, Abgesandter.“
    „Horn? Ich kenne den Namen nicht.“
    Er legte sich zurück und runzelte die Stirn. Ich hatte nicht erwartet, daß er sich an den Alten Horn erinnerte, und ich war froh, daß er nicht log und vorgab, daß er es täte. Ich gab ihm etwas zu essen, später kroch ich dann zum strohbedeckten Rand des Floßes und säuberte meine Hände mit Waschsand. Ich erneuerte den Verband um Tsorls Bein; es mußte schmerzhaft gewesen sein, aber er gab keinen Laut von sich. Die Heilung machte gute Fortschritte; die Forgan hatte ausgezeichnete Arbeit geleistet.
    Wir lagen unter dem Stroh und spähten dann und wann nach dem Himmel und den beiden Schiffen aus. Das Floß wurde nun von riesigen schwerfälligen Paaren von Vanos, den legendären Vögeln des Großen Meeres, begleitet. Sie waren nicht kühn genug, sich auf das Roß zu setzen, während es noch im Schlepptau war, aber sie flatterten gelegentlich allein oder zu zweit heran, strichen über die Abfälle und machten wieder kehrt.
    So glitten wir im klaren ruhigen Sommerwetter dahin und schliefen von Zeit zu Zeit. Die Ullo hatte schon, weit vor uns, ihr Floß in die Rundströmung entlassen und dampfte westwärts nach Tsagul. Ich konnte nicht den sich aus ihrem Schornstein ringelnden Rauch betrachten, ohne einen Anflug des Heimwehs nach Tsagul zu empfinden. Am nächsten Tag, gegen Mittag, spürten wir die Strudel der Rundströmung unter unserem eigenen Floß. Die Tabel kappte das Tau, und wir sahen sie tölpisch aus der Rundströmung lavieren und ostwärts steuern. Das Floß geriet in einen Wirbel und drehte sich mehrmals wie ein Blatt herum, dann trug uns die Rundströmung ruhig nach Südwesten.
    Langsam stand ich auf und fegte das Bara-Stroh beiseite. Die nun kühner gewordenen Vanos setzten sich jetzt in Paaren oder zu fünft auf die Abfälle. Weit im Südwesten waren die Inseln ein dichter grüner Dunst; sie schienen in der Luft zu schweben. Ich rückte zu dem Abgesandten und half ihm in die Höhe. Er starrte die kreisenden Vögel, die See und den Himmel an, und zum ersten Mal sah er wie jener Führer aus, den der Alte Horn gekannt hatte. In Wirklichkeit war er noch sehr schwach, und sein gesundes Bein zitterte. Ich schuf eine freie Stelle an Deck und fertigte eine gewisse Stütze aus zusammengepreßtem Stroh und Zweigen an. Als er es sich dort bequem gemacht hatte, badeten wir uns in der Sonne.
    Sogleich begann Tsorl wieder unumwunden zu reden, wie er es zu tun pflegte, und ich hörte zu.
    „Also zu den Inseln“, sagte er. „Verstümmelt und dann dem Meer ausgesetzt. Keiner folgt meiner Spur. Aber, beim Feuer, es ist noch nicht mit uns aus!“
    Er lachte laut.
    „Zu den Inseln … nach Tsabeggan, dem Nächstliegenden Feuer. Findet sie, wenn es kein Traum ist. Das kleine Luftschiff war wirklich genug.“
    „Tsorl …“
    „Wie bitte? Was ist denn los?“
    Sein Gesicht war gefurcht und sein Haar graumeliert, aber seine Augen waren lebhaft, sehr dunkel, fast schwarz. Als er mich ansah, erinnerte ich mich an einen alten Wandteppich, der im Rathaus von Tsagul hing, eine Jagdszene mit alten Kriegern, von denen einer so dunkel und feurig wie Tsorl war.
    „Glaubt Ihr, daß die Teufel auf den Inseln sind?“ fragte ich.
    „Es gibt Fremde auf Torin, wenn Ihr das meint“, sagte er ungehalten.
    „Nichts kann durch den Weltraum fliegen!“
    „Sie haben es getan“, sagte er, „und ich habe eines ihrer Luftschiffe gesehen.“
    „Auf der Tabel war ein Matrose, der behauptete, einem davon ins Antlitz gestarrt zu haben!“
    „Was? Nur einem? Wo denn?“
    „Er war der Sieger eines großen Wettflugs auf dem Lande.“
    „In Otolor!“ sagte er eifrig. „Beim Feuer, Yolo Horn, Ihr seid ein unwissender Stadtwurm. Erzählt mir Eure Geschichte.“
    Ich erzählte sie ihm und lächelte bei jedem Wort.
    „Armer Teufel“, sagte er. „Er wurde aus jenem Luftschiff gerettet, das ich untersuchte. Er muß ein zaubergefeites Leben besitzen … möge das Feuer von Telve ihn weiter beschützen. Er hat

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