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Das Feuer das am Nächsten liegt

Das Feuer das am Nächsten liegt

Titel: Das Feuer das am Nächsten liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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sich bis zu dem grünen Baumwall der Inseln erstreckte. Tsorl zog sein abgetragenes Lederwams aus, den er über seiner roten Tunika trug, und griff in eine Schulterklappe. Er holte daraus einen schmalen Papierstreifen hervor.
    „Ich erfuhr manches in dem kleinen Luftschiff“, sagte er. „Es kann an ein wesentlich größeres Luftschiff angekoppelt werden, wie ich dem Diagramm entnahm. Zweitens: Es befinden sich mindestens vier Fremde auf Torin.“
    „Woher wißt Ihr das?“
    „Eine Art Seidenstreifenabzug steckte hinter den Instrumenten. Er zeigte vier Gestalten in silbernen Körperhüllen oder Fluganzügen, die neben dem kleinen Luftschiff stehen.“
    „Aber sagt mir … wie waren ihre Gesichter … ihre Augen …“
    „Sie trugen schwere Helme. Aber das Luftschiff lag im Wald … auf der Insel“, erwiderte Tsorl. „Ich fand auch eine Karte und verbarg sie. Diese gemeine Ningan hielt mich für so zuverlässig, daß ich nicht einmal durchsucht wurde.“
    Er breitete auf dem Deck ein großes Quadrat nicht aus Papier, sondern aus einem zähen feinen nicht gewebten Material aus, das eher einer Fischhaut glich. Er zeigte hierhin und dorthin, bis ich es schließlich erkannte: da war der Ozean und da waren die Umrisse der Feuerinseln.
    „Es sieht wie noch so ein Silberstreifenabzug aus“, sagte ich.
    „Ihr habt Geistesblitze, Yolo Horn“, sagte der Abgesandte. „Nicht nur starke Muskeln und Waghalsigkeit.“
    Ich stand in meiner ganzen Größe auf und beugte mich mit einer imaginären Silberstreifenlinse über das Quadrat aus blauer Haut.
    „Es wurde von oben aufgenommen!“ sagte ich. „Von so weit oben über der Meeresoberfläche, daß die Inseln verstreut liegen wie auf einer Karte.“
    „Ja“, grinste Tsorl, „und von einer erheblich größeren Höhe aus, als irgendein Ballon oder irgendeine Flugmaschine von uns aufsteigen kann.“
    „Was sind das für Zeichen?“
    „Wörter und Zahlen … ich kann keinen Faden in ihrer Arbeit erkennen. Aber eins glaube ich zu verstehen: diese kleinen sich kreuzenden Linien.“
    Eine Gruppe kleiner sich kreuzender Linien, die dem Schriftzeichen des O-Lautes ähnelten, befand sich auf einer großen Insel.
    „Das ist die Insel Tsabeggan“, sagte Tsorl, „und das ist das Lager der Fremden.“
    „Wenn Ihr meint. Wie können wir dahin gelangen? Ist die Rundströmung auf der Karte eingetragen?“
    „Ein bißchen.“
    Tsorl zeigte auf eine Reihe gewellter Flecken auf dem Meer zwischen den Inseln.
    „Das Floß wird vielleicht hier hinein getrieben werden“, sagte er, „zwischen diese beiden Inseln.“
    „Hindan und Steen.“
    „So heißen sie. Die Meeresenge sieht gefährlich aus. Ich glaube, daß es dort Untiefen und Stromschnellen gibt.“
    „Was wird denn aus diesem Abfall auf dem Floß?“
    „Ihr habt doch gesehen, was damit passiert!“ Der Abgesandte lachte. „Er wird über Bord geworfen und von den Vanos oder Sonnern gefressen. Wenn noch etwas davon übrig ist, nachdem die Flöße hinter Tsabeggan aufgetaucht sind, werfen die Matrosen ihn über Bord, ehe sie wieder – nach Itsik oder Rintoul – ins Schlepptau genommen werden.“
    „Tsagul schickt keine Flöße aus!“
    „Das ist mein Verdienst!“ rief Tsorl aus. „Ich hasse es, Dreck ins Meer zu schütten, aber ich glaube, daß wir es sofort tun müssen. Wir müssen unsere Ladung entlasten, ehe wir zwischen Hindan und ihre kleinere Nachbarsinsel getrieben werden.“
    Inzwischen war es Mittag an einem heißen wolkenlosen Tag geworden. Tsorls Beinstumpf heilte rasch und gut; er übte mit der Ringgehhilfe, die Gwell Nu uns mitgegeben hatte. Sie bestand aus Hartholzringen, die sich feststellen ließen; am unteren Ende war ein Halbring, zwei Holzfüße; das obere Ende konnte angepaßt werden, indem man jeweils einen Ring zusammenklappte oder aufrichtete, je nach der Größe des Lahmen. Aber sogar mit diesem Hilfsmittel war Tsorl langsam, und ich hinderte ihn am Entladen.
    Ich ergriff meine Rotholzstange und hebelte damit die Fässer voll Gerbereiabfall über Bord. Die Einzäunung war schon von dem jungen Sonner und den Vanos kahlgefressen worden; das Floß glitt leicht über das Wasser.
     
    Hindan war die größte der Feuerinseln, jetzt so groß, daß es gar nicht mehr wie eine Insel wirkte. Wir konnten die Reihen der Bäume an der Küste und hoch darüber den Kegel ihres von schwarzen Felsen gekrönten Feuerberges sehen. Die Insel Steen wurde von grünem Dunst verschleiert; wir konnten keine Meerenge

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