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Das Feuer das am Nächsten liegt

Das Feuer das am Nächsten liegt

Titel: Das Feuer das am Nächsten liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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suchten die Umgebung des Weilers ab, dann segelten wir so schnell wie möglich nach Rintoul – die Vasallen waren halbtot aus Angst vor dem Großen Ältesten. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß die Gelehrten und ich in leiblicher Gefahr schwebten; es war nicht unsere Aufgabe gewesen, das silberne Luftschiff zu bewachen. Ich hätte gut daran getan, die Furcht der Vasallen zu teilen und das Weite zu suchen. Ich glaube, daß manche Vasallen in den Fluß gesprungen und in das Deltaland entflohen sind.
    Ich hatte vor, Tiath Pentroy meinen Bericht zu erstatten und ein gutes Wort für die Mannschaft einzulegen; wer kann sich denn gegen Schlafmittel schützen? Wir liefen den Stadtkai an, und da stand Ammur Ningan mit einer Schar der Hausdienerschaft und sogar Angehörigen der Stadt wache, um uns zu empfangen. Sie war grauer denn je, ein Schemen im kalten Morgenlicht, ihr langes blasses Gesicht war von Angst und Wut erfüllt. Die armen Gelehrten und ich wurden schnell überwältigt. Ich verfluchte mich als Narr und Tor; im Vergleich zu diesen Clan-Kreaturen war der Rat in Tsagul behutsam und gesetzestreu.
    Ich wurde in eine Zelle unterhalb eines alten Gebäudes, des sogenannten Seeblumengemachs, geworfen. Ich erkannte, daß ich fürchterlich verraten worden war und auf keine Gerechtigkeit hoffen konnte. Ich betrachtete meine Überlebenschancen als sehr gering. Ich tobte wie wild und verlangte eine Audienz bei dem Großen Ältesten. Ich war fest entschlossen, nicht ohne Kampf und ohne Nennung meines Namens und meines Aufenthalts all den Gefangenen und Wächtern in dem Gebäude gegenüber zu sterben, damit vielleicht Tilje Paroyan oder meinen anderen Freunden in Tsagul eine Botschaft überbracht würde. Ich lag in Ketten und konnte den Tag nicht von der Nacht unterscheiden.
    Dann kam er, der alte Würger, Tiath Gargan höchstpersönlich. Was für eine Figur ist das! Alle Welt scheint sich bei seinem Schritt zu ducken. Und vernünftigerweise, fast stumm. Wenn ich dieses Monster als größte Macht in Torin herumstolzieren sehe, wundert es mich nicht, daß unsere Flugmaschinen nur klägliche Erfindungen sind. Seine Arroganz hat all seine guten Eigenschaften erdrosselt.“
    „Ich wußte gar nicht, daß dieser grausame Herrscher irgendwelche guten Eigenschaften besaß“, wand ich ein.
    „Daran ist nicht zu zweifeln“, sagte der Abgesandte. „Er war die treibende Kraft bei den Pentroys, auch noch bevor er der Große Älteste wurde, seit er ein junger Flieger war. Er hat Ordnung und Frieden gebracht und viele kluge Entscheidungen getroffen, sei es auch sehr oft auf Kosten der Bevölkerung von Tsagul. Das hat er fünfmal sechs, dreißig Jahre lang getan.“
    „War das lange nach der letzten Schlacht von Sarunin?“
    „Ja, lange danach“, sagte der Abgesandte. „Das ist das sogenannte Zahlenjubiläum der Letzten Schlacht. Elfmal fünf, fünfundfünfzig Jahre sind seitdem vergangen. Tiath war noch ein Kind … etwa zwei Jahre nach seinem Erscheinen, ich sollte erst in fünf Jahren geboren werden. Ich habe oft an Sarunin gedacht. Etwas könnte für diesen unseligen Boden getan werden.“
    „Es ist ein schrecklicher … ein verfluchter Ort der Asche …“
    „Es ist ein hübsches Tal“, sagte Tsorl.
    „Beendet Eure Geschichte.“
    „Ich sprach mit Tiath Pentroy, setzte mich für die Vasallen ein. Sie waren auf der Stelle gehenkt worden. Und was die Gelehrten angeht? Ich glaube, daß sie mich zu belasten versuchten, um ihr eigenes Leben zu retten. Es spielt keine Rolle – ich hoffe, daß diese erbärmlichen Kreaturen überlebt haben.
    Als Tiath seinen Zorn kundtat, schrie ich noch lauter; ich versank in Wut und griff ihn an. Er habe seine Versprechen auf dem Runenband gebrochen, das er nach Tsagul geschickt habe; ich verfluchte ihn in hitzigen Worten. Ich wurde von den Leibwächtern niedergeschlagen und lag blutend in der Dunkelheit, ohne daß sich jemand um mich kümmerte. Nach einiger Zeit befand ich mich in dem eingezäunten Gelände in Itsik. Ich habe eine verschwommene Erinnerung daran, daß ein altes seltsam gekleidetes weibliches Wesen mich untersuchte: das muß unsere Gönnerin Gwell Nu gewesen sein.“
    „Ihr seid mißbraucht worden, Abgesandter“, sagte ich. „Ich wünschte, daß ein Meuchelmörder mit Tiath Gargan abrechnen würde!“
    „Ich wünschte, daß das Gesetz ihm eine Niederlage beibrächte“, sagte der Abgesandte.
    Die Große Sonne war aufgegangen und beschien unseren Weg, die Rundströmung, die

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