Das Feuer Kabals
mit erstickter Stimme.
Mikar schluckte und Thanasis hielt den Kopf zwischen den Händen. Die Stille dehnte sich aus und legte sich wie ein erdrückendes Gewicht auf die Anwesenden. Keiner wagte es, das nächste Wort zu sprechen, während Charna in einen Abgrund brennender Gefühle stürzte.
Schließlich beugte sich Faunus vor. »Dies ist eine schwere Zeit. Die Fehler der Vergangenheit kann man nicht ungeschehen machen. Dennoch müssen wir zusammenhalten und nach vorne schauen. Wollen wir Kabal im Stich lassen? Ich kann das nicht. Wir brauchen Führung, Charna.«
Sie ließ ihren Blick zu Faunus wandern. »Führung? Wie soll ich Entscheidungen für euch treffen, wenn ihr mir nicht vertraut? Thanasis und Mikar haben mich angelogen! Wie konntet ihr das nur tun?«, fragte Charna wütend und sah Thanasis kopfschüttelnd an.
Seraphia trat vor und legte eine Hand auf ihre Schulter. »Wir sollten diese Besprechung verschieben.«
Charna nickte.
Seraphia führte alle aus der Halle des Feuers hinaus, nur Seral blieb zurück.
Stille setzte ein.
»Sie ist da draußen. Sie hat mich hier zurückgelassen, ohne ein Wort des Abschieds oder Trostes. Warum? Sie hat mit den anderen gesprochen, aber nie mit mir!«
Seral seufzte. »In ihren Augen bist du immer noch ihr Kind. Sie hat dich außen vor gelassen, das war sicherlich falsch. Ich weiß, dass das schwer ist, aber versuche einmal kurz ihre Perspektive einzunehmen. Wie alt ist Sarinaca?«
Charna sah Seral ungeduldig an und atmete dann tief ein. »Sie hat es mir nie genau gesagt, womöglich weiß sie es selbst nicht mehr. Achtausend Jahre? Zehntausend? Warum?«
»Wie lange ist sie fort?«
Charna schüttelte den Kopf. »Knapp zwei Jahrhunderte.«
Seral ließ die Worte sacken.
Charna machte eine ungeduldige Geste mit der Hand. »Ich verstehe, worauf du hinauswillst. Ich habe letzten Monat mit einem Botschafter gesprochen, der in den Ruhestand geht und mich noch einmal sehen wollte. Ich hatte das Gefühl, erst kürzlich mit ihm geredet zu haben. In meiner Erinnerung war er ein junger, ehrgeiziger Mann. Es stellte sich heraus, dass wir seit dreißig Jahren nicht persönlich miteinander gesprochen hatten. Ich verliere jedes Jahr mehr das Gefühl für den Begriff der Zeit.«
»Deine Mutter hat Zeitalter vorübergehen sehen. Du bist ihr Kind und sie hat dich zuhause gelassen, damit du in Sicherheit bist. Die »Erwachsenen« sollten sich eine Weile während ihres Fortbleibens um dich kümmern.«
»Aber zweihundert Jahre lang kein Wort zu mir? Warum, Seral?«
»Das mag ein einfaches Problem der Kommunikation sein. Was mich viel eher interessiert, ist, warum sie seit sechzig Jahren keine Nachricht mehr geschickt hat.«
Charna schluckte und stieß einen unbestimmten Laut der Wut und Enttäuschung aus. »Sie könnte in Schwierigkeiten stecken.«
Seral nickte.
»Verdammt Seral, ich fühle mich so betrogen!«
»Das kann ich verstehen. Aber niemand hat dein Leben bedroht oder versucht, dir zu schaden. Cendrine, Thanasis und Mikar haben deiner Mutter die Treue gehalten. Du weißt nicht einmal, ob sie mit jeder Entscheidung Sarinacas einverstanden gewesen sind. Es fällt den anderen womöglich schwer, deine Rolle als Führerin anzuerkennen. Du bist in ihren Augen das Kind, auf das sie all die Zeit aufgepasst haben.«
Seral nahm sie in die Arme. Sie legte den Kopf auf seine Brust und vergaß die Welt um sie herum, als er sie in seine Schwingen hüllte.
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Kapitel 12
Seraphia suchte Thanasis Gemächer auf. Sie atmete tief ein und klopfte an. Kassandra öffnete die Tür. Die Seherin zögerte einen Augenblick und trat dann zur Seite.
»Komm herein!«
Seraphia nickte.
Thanasis stand mit einem Krug Wein in der Hand vor dem Kamin und nahm einen gewaltigen Schluck.
»Was möchtest du, Seraphia?«, fragte Kassandra leise.
»Ich muss mit Thanasis sprechen.«
Der Minotaur drehte sich um.
Seraphia drang in das Zimmer vor, eine Atmosphäre der Intimität durchdringend, die sie im Augenblick nicht respektieren wollte. »Was weißt du über die Macht der Dunklen Flamme?«
Thanasis nickte. »Keine Geheimnisse mehr! Setz dich, wir reden. Ich war von vornherein dagegen, die Macht der Dunklen Flamme zu nutzen. Aber wir können dich nicht entmündigen, wie wir es mit Charna gemacht haben. Das war ein Fehler.«
»Was hat Cendrine mit mir gemacht?«, fragte Seraphia und bekämpfte vergeblich das Zittern in ihrer Stimme.
»Mish‘Ka‘Tan. Es ist ein verbotenes Ritual, um die Macht der
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