Das Feuer Kabals
knappen Zeit, die sie haben würden, möglich waren. Charna wurde ungeduldig, als sie daran dachte, dass sich ihre Patentante in Gefahr befinden mochte. Doch selbst Gorak mit seinen Kriegern und den abtrünnigen Sjögadrun musste sich vorsehen. Jenara und die Tjolfin waren mächtige Gegner und äußerst gefährlich. Geduld lohnte sich, wenn Uskai sie zu Jenara führen konnte. Sie vermieden so unsinnige Auseinandersetzungen auf dem Weg zu ihr und seine Fürsprache konnte Jenara offen für das Angebot machen, was sie ihr unterbreiten würde.
Asyl.
Eine rechtmäßige Herrscherin der Frostreiche in der Sicherheit von Idraks ewigen Mauern war besser, als eine Gottkaiserin, die im Kampf starb. Herrscher wurden niemals Märtyrer, sie wurden gestürzt und in Geschichtsbücher verdammt. Gorak und Wira durfte es nicht erlaubt werden, einen Rechtsanspruch auf den Thron in Tojantur zu erheben. Die Gewalt, mit der das teuflische Duo die Frostreiche peinigte, würde große Teile der Bevölkerung auf eine Rückkehr Jenaras hoffen lassen. Sie brauchten diese Unterstützung, wenn sie nach dem Sieg über die Usurpatoren Stabilität zurück nach Grandtal bringen wollten. Doch das lag noch in weiter Zukunft. Jetzt mussten die Maschinenwächter besiegt und alles getan werden, um die Bedrohung durch die Subrada abzuschätzen.
Charna spazierte unter den Eiszapfen an der Höhlendecke und am Ufer des Sees entlang. Sie grübelte über die vielen Verwicklungen nach, die Jenara und sie entfremdet hatten. Alles ließ sich auf ihre Mutter, Sarinaca, zurückführen. Ihr jähes Verschwinden hatte ganz Kabal in eine Krise gestürzt, deren Nachwirkungen bis heute anhielten und die Zukunft der Welt formten. Jenara hatte sich nie mit Cendrine verstanden, sehr wohl aber mit Sarinaca. Charna hob den Unterarm und spreizte gedankenverloren die Finger. Sie erspürte die fließende Entität des Wassers und formte es unbewusst nach ihrem Willen. Aus dem See wuchs eine Form, die unnatürlich schnell zu Eis erstarrte und die Gestalt ihrer Mutter annahm. Überlebensgroß und perfekt in jeglicher Hinsicht lächelte Sarinaca auf ihre Tochter herab. Doch es war nur ein lebloses Abbild, eine tote Statue. Charna ließ die Hand sinken und beobachte, wie das Eis ins Wasser zurücksank, wieder eins mit ihm wurde.
»Du vermisst sie, nicht wahr?«
Uskais Stimme erklang in der Hochsprache der Frostreiche neben ihr. Sie hatte seine Präsenz bereits gespürt, als er die Tunnel der Eiswürmer durchquerte. Er war gerannt und schien immer noch ein wenig außer Atem zu sein.
»Du hast dich beeilt. Lass uns deine Bemühungen ehren und keine Sekunde verschwenden. Jenara braucht unsere Hilfe und ich brauche Jenara. Lass uns Seraphia holen.«
»Wer ist deine schöne Begleiterin?«
Charna warf Uskai einen Blick zu. »Hast du inzwischen nicht wenigstens eine Frau geheiratet, du alter Schwerenöter?«
Uskai schwieg und blieb stehen. Charna drehte sich um, als der ungewöhnlich große Mann seinen Bärenschädel zur Seite neigte.
»Du hast es nie verstanden, oder?«
»Was meinst du?«
»Sieh das Zeichen auf meiner Brust an und sage mir, was es bedeutet!«
Charna musterte das Symbol der Bärentatze mit den scharfen Krallen. »Ich kenne das Symbol irgendwoher, doch ich weiß nichts über seine Bedeutung.«
Uskai seufzte. »Die Ärunumir. Männern von meiner Gestalt wird es gestattet, dem Orden beizutreten. Einem Ordensbruder ist es jedoch nicht erlaubt, eine Ehe oder ähnlich feste Beziehungen zu führen.«
»Die Ärunumir … ich erinnere mich. Euer Orden ist hochangesehen. Du hast es weit gebracht!«
Uskai sah sie eine Weile an. »Ja, in der Tat. Ich bin Führer meines Ordens geworden. Die meisten von uns fielen in den Gemetzeln der letzten Tage.« Uskai sah Charna in die Augen. »Als du fort warst … ich hatte nichts mehr. Ich wollte keine Frau außer dir.«
Charna schluckte. »Ich habe jahrelang an unsere gemeinsame Zeit gedacht. Ich konnte dich nie vergessen. Ich wäre zurückgekehrt. Doch eines Tages …«
Sie schwiegen länger, als erträglich war.
»Das Leben geht weiter. Ich freue mich, wieder mit dir zu sprechen. Bist du verheiratet?«
Charna lächelte. »Nein. Aber ich bin nicht allein.«
Uskai seufzte. »Das habe ich mir gedacht. Ich habe oft an dich gedacht, Sumi.«
Charna trat zu ihm und streckte sich. Sie streichelte Uskai über die Wange. » In kalter Nacht … «
» … und dunkler Höhl`, willst du meine Gefährtin sein? Du hast den Schwur nicht
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