Das Feuer Kabals
näherten sich vorsichtig der Brücke, den Schatten der Pfeiler und Säulen ausnutzend, die am Ende der Terrasse zum Abgrund hin errichtet worden waren. Charna ließ ihren Blick schweifen. Sie kannte diesen Ort. Das obere Ende wölbte sich in großer Höhe über ihnen und war nur ein schmaler Schlitz, die meiste Zeit des Jahres von frischem Schnee und Eis überdeckt. Unter ihnen fielen die eisigen Felswände in die Finsternis des Gebirges hinab.
Uskai wies in die Höhe und sprach in seiner Muttersprache. »Da oben, wo der Vorsprung zu sehen ist. Was jetzt von Eis umhüllt ist, gehörte ursprünglich zu der Brücke, die ich erwähnte. Der Rest ist in den Abgrund gestürzt.«
Charna nickte, winkte Seraphia heran und schlang einen Arm um ihre Hüfte.
»Nun komm schon, alter Brummbär!«, sagte Charna lachend, als sie Uskais verständnisloses Gesicht sah. »Wir wollen keine Zeit verlieren!« Uskai trat näher und Charna reichte ihm ihre Hand. »Halt dich am Besten an meinem Arm fest!«
Sobald Uskai zupackte, erhob sich Charna in die Luft, das Gewicht des Bärenmannes und Seraphia trug sie problemlos mit. Sie schoss nach oben auf die Öffnung zu, während Uskai unwillig grunzte, als sie sich über der Finsternis des Abgrundes bewegten.
»Du kannst fliegen? Du kannst fliegen! Ich glaube es nicht!«, rief er verblüfft und hielt krampfhaft an Charnas Arm fest.
Sie erreichten den Brückenrest und landeten auf der kleinen Terrasse dahinter. Sie schlichen sich sofort zum Korridor, der sie in die Nähe des Heiligtums bringen würde. Ein massives Gitter neueren Datums versperrte den Weg. Charna bog zwei der Streben mit einem telekinetischen Befehl auseinander. Das Geräusch des sich verwindenden Metalls echote den Gang hinauf. Sie warteten eine Weile, bevor sie weitergingen, da sie halb erwarteten, jemand würde der Ursache des Lärms nachforschen. Doch andere Geräusche drangen nun zu ihnen. Sie eilten voran und ihre Schritte hallten zwischen den vereisten Wänden, die auch hier aus Metall und Stein bestanden. Von der Kälte zersprengte Statuen und Urnen säumten den Gang. Die Lampen über ihnen funktionierten nicht und der Korridor war in ein trübes Dämmerlicht getaucht, das zur Hälfte aus dem Abgrund hinter ihnen und aus einer erleuchteten Halle vor einem breiten Durchgang stammte, aus der es immerfort hell aufblitzte.
Charna erhob sich in die Luft und näherte sich der Halle unter der Decke, während Seraphia und Uskai sich im Schatten links und rechts heranschlichen. Erstickte Schmerzensschreie aus den rauen Kehlen erschöpfter Frauen wechselten sich mit den unmissverständlichen Geräuschen der Anwendung magischer Kräfte ab. Es fand ein Kampf stand, doch die metallischen Klänge und spröden Kriegsschreie, die mit dem blutigen Handwerk von Goraks Kriegern einhergingen, fehlten gänzlich. Der Singsang der alten nordischen Sprachen ertönte aus den heiseren Kehlen von Eishexen.
»Wartet!«, flüsterte Charna und schwebte unter der Decke tiefer in die Halle, in der gigantische Statuen die Wände säumten. Im Zentrum, auf einer erhöhten Plattform, welche nur über Stege erreichbar war, die einen gähnenden Abgrund überbrückten, erhob sich der große Kristall Tojanturs. Mehr einem Baum gleichend, der sich aus abertausenden verzweigter, glasklarer Kristallarme gebildet hatte, erhob er sich im Licht eines breiten Strahls, der aus einem kunstvoll gearbeiteten Schacht über der Plattform fiel. Jenara stand auf einem der Stege über dem Abgrund und hielt die Hände von sich gestreckt, einen Schutzschild über sich wirkend, während mehrere Eishexen ununterbrochen von allen Seiten attackierten. Eistrahlen und Tentakel aus Kristall, geschleuderte Eiszapfen und gleißende Blitzstrahlen schossen aus den erhobenen Händen der Tjolfin, während diese einen gemeinsamen Singsang intonierten, der wie ein unheilvolles Gebet von den Wänden zurückschallte. Jenara würde den Angriffen nicht mehr lange standhalten können.
Verrat! Jenara ist von den Tjolfin verraten worden! Nicht von allen, wie es scheint, eine von ihnen ist tot, neun kämpfen gegen sie und zwei verstecken sich hinter der Statue von Ihadrun.
Charna gelang es ohne Probleme, unbemerkt von den Kämpfenden zu den beiden versteckten Tjolfin vorzudringen, die sich beinahe zu Tode erschraken, als sie Charna erkannten. Sie erhoben reflexartig die Hände, doch Charna legte einen Finger an den Mund.
Sie flüsterte. »Haben die anderen Tjolfin Jenara verraten?«
Eine
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