Das Feuer Kabals
vor Monaten gepackt, doch bisher hatte sich keine Gelegenheit ergeben. Er seufzte. Damit war es vorerst vorbei. Thanasis schien seine Gedanken zu lesen.
»Der Urlaub muss warten, mein Freund!«, sagte er lachend.
»Immer dieselbe Scheiße. Und nicht einmal ein paar Schädel zum Einschlagen!«, sagte Mikar.
Sie lachten so laut los, dass sich einige Köpfe in ihre Richtung drehten. Ein Lichtblitz zuckte auf. Es war Charna.
»Mikar, Thanasis! Wir treffen uns sofort in der Halle des Feuers. Die Eishexe muss eine Ablenkung gewesen sein.«
Thanasis blickte den Gang hinunter. »Ich suche Sandra und die junge Priesterin.«
Charna verschwand erneut in einem Lichtblitz, bevor Mikar das Wort an sie richten konnte. Er murmelte einen leisen Fluch und wandte sich geblendet ab. Am anderen Ende des Ganges tauchte Faunus auf. Es war nur eine seiner Inkarnationen, denn plötzlich überholte ein weiterer Faunus ihn und winkte Mikar mit sich.
»Steh nicht rum, das Heu gibt es später! Wir sehen uns in der Halle des Feuers.«
Mikar zog eine Grimasse und Faunus lief lachend zu Faunus. Eine dritte Inkarnation öffnete eine Tür und winkte Thanasis zu.
»Sandra ist hier, du Rindvieh!«
Dreimal Faunus verschwand hinter der Tür und Thanasis drehte sich um. Die Arme ratlos ausgebreitet.
»Wer ist bloß auf die Idee gekommen, diesen Blödian aus seinem Wäldchen zu holen?«, sagte er und folgte dem Herrn von Garak Pan.
Mikar lachte leise. Es war gut, dass Faunus wieder zu sich gefunden hatte. Sie brauchten seine Fähigkeiten. Angeblich war es die junge Priesterin gewesen, die das bewerkstelligt hatte.
Kein Wunder, sie ist genau sein Typ.
Mikar versetzte sich in die Haupthalle des Inneren Sanctums. Die Wohngemächer waren ihm zu eng. Er sah zum steinernen Abbild Sarinacas auf und fragte sich zum tausendsten Male, ob sie lebte oder tot war. Diese Frage war so sehr Teil seines Lebens geworden, dass er sich kaum noch an das Gefühl erinnern konnte, als Sari, Cendrine, Thanasis und er zusammen über Kabal geherrscht hatten. Bevor diese kalte Ausgeburt des Nordens, diese selbst ernannte Gott kaiserin Jenara die Frechheit besaß, Anspruch auf die Herrschaft über Kabal zu erheben.
Er seufzte. Unter Umständen war ihr Anspruch nicht so unbegründet. Die Völker der Frostreiche waren zahlreich geworden. Das einstige Nomadenvolk hatte sich enorm entwickelt. Sie lebten in Städten, die der Pracht des Tempels hier in Idrak kaum nachstanden. Aber sie hatten keinen Zugriff auf die alten Artefakte der Sidaji.
Noch nicht.
Mikar grübelte weiter und verlor sich in wahllosen Erinnerungen aus einer Zeit, die die Geschichtsschreibung anders beschrieb, als er sie erlebt hatte. Manchmal wusste er nicht mehr, was der Wahrheit näher war - sein Gedächtnis oder die Worte der Historiker, gebannt auf endlose Rollen Pergament, gemeißelt in jede Mauer der zahllosen Tempel und Prunkbauten Iidrashs.
Er spürte Cendrines Gegenwart und drehte sich um. Sie wirkte angespannt. Müde.
»Weißt du, wo Charna ist?«, fragte sie.
»Sie teleportiert von einem Ort zum andern. Keine Ahnung, wo sie jetzt ist. Wir sollen uns in der Halle des Feuers versammeln.«
»Dann können wir zusammen hingehen.«
»Komm her!«, sagte Mikar. Er bot ihr einen Arm und Cendrine griff lächelnd zu, zögerte dann jedoch.
»Hier?«, fragte sie leise und sah sich vorsichtig um.
Mikar lächelte sie aufmunternd an. Sie schwang sich auf seinen Rücken und nahm direkt hinter ihm Platz. Er trug Maraks Speer in der Hand, so hatte sie Gelegenheit, dichter an ihn heranzurücken. Sie legte die Arme um ihn und drückte sich fest an seinen breiten Rücken. Vor vielen Jahrhunderten waren sie so über Iidrashs weite Ebenen geritten. Nur sie zwei. In einer Zeit, die mehr Abenteuer und weniger Sorgen für sie bereitgehalten hatte.
Belüge ich mich selbst? Hatten Cendrine und ich nicht schon damals viele Kämpfe durchzustehen? Vermutlich werden wir allmählich dekadent.
Mikar ließ die Hufe durch die Luft wirbeln und preschte im vollen Galopp durch das Innere Sanctum. Cendrine schrie vergnügt und überrascht auf. Er fegte an zwei verblüfften Priesterinnen vorbei, die ihnen lachend nachschauten und bog mit Funken schlagenden Hufen in den Gang, der zur Halle des Feuers führte. Cendrine lachte so heiter, wie sie es früher getan hatte und Mikar hielt ihre Hand fest. Er trabte den Rest des Weges und stieß die breiten Bronzetore auf, die Zugang zur Halle des Feuers gewährten. Der
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