Das Feuer Kabals
Versammlungstisch war leer, außer ihnen noch keiner anwesend. Er trat an den runden Tisch aus schwarzem Granit, der seit tausend Jahren als Konferenztisch diente. Einige der wichtigsten Entscheidungen in Kabals langer Geschichte waren hier diskutiert worden. Die hohen Säulen des Raumes bildeten die Form wilder Flammen und die Wände waren mit goldenen Mosaiken aus der Historie Kabals geschmückt. Zwei Schränke aus Bronze schützten die Pergamente mit den wichtigsten Verträgen und Abkommen, die hier unterzeichnet worden waren. Er wartete und Cendrine wollte absteigen.
Er hielt sie sanft fest und flüsterte über die Schulter. »Es geht dir nicht gut. Ich bin für dich da, wenn du reden willst.«
Cendrine zögerte und klammerte ihn dann an sich. »Ich weiß. Wir werden Zeit zum Reden haben. Nicht jetzt.«
Stimmen aus dem Gang kündeten davon, dass sie bald nicht mehr allein waren. Cendrine schwang sich von ihm herab. Er musterte sie.
Körperlich ist sie in Ordnung. Etwas stimmt dennoch nicht mit ihr.
Charna erschien in einem Lichtblitz auf der entgegengesetzten Seite des Tisches und Cendrine löste sich von ihm, nahm eine unnahbare Haltung an. Die Anderen kamen nun ebenfalls in die Halle des Feuers, in Gespräche verstrickt. Kassandra und Thanasis blieben in der Nähe des Eingangs stehen, sie unterhielten sich ruhig.
Rauft euch wieder zusammen, ihr beiden!
Faunus stützte Seraphia, die abwesend und erschöpft wirkte.
»Zwischen uns hier ist sie kaum mehr als ein Kind«, sagte Cendrine leise, als sie Mikars Blick folgte.
»Ein Kind mit einer schrecklichen Macht in den Händen.«
»Ihre Unschuld und ihr Wesen sind notwendig, um die Macht der Dunklen Flamme im Zaum zu halten. Kujaan war eine deutlich schlechtere Wahl.«
»Kujaan starb durch die Macht, die ihr Leben korrumpiert hat.«
»Du solltest Seraphia besser kennenlernen, bevor du ihr das gleiche Schicksal voraussagst.«
»Ich befürchte, die junge Priesterin, die du so hoch schätzt, ist vor wenigen Stunden gestorben. Dies ist eine neue Seraphia: die Trägerin der Dunklen Flamme.«
Cendrine schwieg und musterte Seraphia. Es sah aus, als ob sie noch etwas sagen wollte, doch sie hielt sich zurück. Ein dunkelhäutiger Mann in dunklen Roben trat durch den Eingang. Er sah aus, als wäre er zum ersten Mal in der Halle des Feuers. Seine Haltung verriet jedoch Selbstbewusstsein und Macht. Sein Aussehen war völlig normal, doch Mikar spürte die magische Begabung. Er fragte sich, wieso er unverändert aussah. Er wechselte in die Aura-Sicht und erschrak. Seine Aura war unförmig, chaotisch. Keine Form hielt länger als eine Schrecksekunde und zerfiel dann wieder.
Was bist du?
Mikar packte seinen Speer fester, doch Cendrine legte eine Hand auf seinen Arm.
»Mehmood. Der Hüter des Zugangs zum Namenlosen Abgrund.«
Mikar sah Cendrine überrascht an. »Die Gerüchte sind wahr? Es gibt einen neuen Herrscher dort?«
»Sein Name ist Seral.«
»War das nicht der Kerl mit dem Charna …«
Cendrine nickte lächelnd und Mikar hob die Augenbrauen, verzog den Mund und zuckte schließlich mit den Schultern.
»Woher wusstest du …?«, fragte Cendrine.
»Gerüchte und Tratsch«, Mikar wedelte mit der Hand, fuhr dann fort, »Was ist Mehmood?«
»Ein Gestaltwandler.«
»Ich dachte, die wären nur Legende.«
»Ich habe in all den Jahren nur zwei von ihnen kennengelernt. Sie sind äußerst selten und grundsätzlich sehr mächtig.«
Mikar musterte Mehmood, bis dieser seinen Blick bemerkte und ihm freundlich lächelnd zunickte. Mikars Gesichtsausdruck war steinern und Mehmood schluckte.
»Du starrst wieder«, flüsterte Cendrine.
Mikar räusperte sich und nickte Mehmood zu. Dieser schien sich etwas zu entspannen und trat näher an den Tisch, als Charna in die Hände klatschte.
»Setzt euch bitte! Wir müssen das hier schnell erledigen, wir brechen in zehn Minuten auf.«
Stuhlbeine kratzten über den Boden, Waffen klirrten, Kleidung raschelte. Charna ließ mit einem Wink die Bronzetüren der Halle zufallen. Sie waren nun allein.
»Ich bin gewiss nicht die Einzige, die davon ausgeht, dass der Mordversuch an Seraphia ein Ablenkungsmanöver war. Wie ich vorhin erfahren habe, ist Jenara inzwischen bei den Sidaji eingetroffen. Ich werde versuchen, ihr einen Friedensvertrag anzubieten. Sie wird sich vermutlich nicht darauf einlassen. Ich weiß nicht, was uns bei den Sidaji erwarten wird, doch ich bin mir sicher, dass schwierige Zeiten vor uns liegen.« Charna holte
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