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Das Feuer von Innen

Das Feuer von Innen

Titel: Das Feuer von Innen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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voraus auf die aberwitzigen Situationen, die er mit ihnen herstellen und ausgestalten würde.
    Als der Nagual Julian die Welt verließ, da ging auch der Spaß mit ihm, und kam nie wieder. Genaro macht oft seinen Spaß mit uns, aber niemand kann den Platz des Nagual Julian ausfüllen. Seine Dramen waren über-lebensgroß. Ich versichere dir, wir wußten gar nicht, was Spaß ist, bevor wir sahen, was der Nagual Julian tat, wenn seine Dramen manchmal für ihn selbst böse endeten.«
    Don Juan erhob sich von seiner Lieblingsbank. Er wandte sich zu mir um. In seinen Augen war ein Leuchten, und ein Friede.
    »Solltest du jemals so tollpatschig sein, an deiner Aufgabe zu scheitern«, sagte er, »dann mußt du wenigstens Energie genug haben, um deinen Montagepunkt in Bewegung zu bringen, damit du hierher, zu dieser Bank kommen kannst. Setz dich hin, für einen Moment, frei von Gedanken und Wünschen. Ich werde versuchen zu kommen, wo immer ich sein mag, und dich holen. Ich werde es versuchen, das verspreche ich dir.« Dann fing er gewaltig an zu lachen, als sei die Tragweite seines Versprechens zu lächerlich, um noch glaubwürdig zu sein. »Solche Worte sollte man am Spätnachmittag aussprechen«, sagte er, immer noch lachend. »Niemals am Morgen. Der Morgen macht einen optimistisch, und diese Worte verlieren ihren Sinn.«

13. Der Schub der Erde
    »Komm, machen wir einen Spaziergang auf der Straße nach Oaxaca«, sagte Don Juan zu mir. »Genaro erwartet uns irgendwo am Wege.«
    Seine Aufforderung überraschte mich. Ich hatte den ganzen Tag darauf gewartet, daß er seine Erklärung fortsetze. Wir verließen das Haus und wanderten schweigend durch die Stadt, auf die un-gepflasterte Landstraße hinaus. So wanderten wir lange gemächlich dahin. Plötzlich begann Don Juan zu sprechen. »Ich erzähle dir dauernd von den großen Entdeckungen, die die alten Seher machten«, sagte er. »Wie sie herausfanden, daß das organische Leben nicht die einzige Lebensform auf Erden ist, so entdeckten sie auch, daß die Erde selbst ein Lebewesen ist.« Er wartete einen Augenblick, bevor er fortfuhr. Er lächelte mir zu, als wolle er mich auffordern, eine Bemerkung zu machen. Ich wußte nicht, was ich sagen sollte.
    »Die alten Seher sahen, daß die Erde einen Kokon hat«, fuhr er fort. »Sie sahen, daß da eine Kugel ist, die die Erde einschließt, ein leuchtender Kokon, der die Emanationen des Adlers umschließt. Die Erde ist ein gigantisches Lebewesen, das denselben Kräften unterliegt wie wir.«
    Kaum hätten die alten Seher diese Tatsache entdeckt, da interessierten sie sich, wie Don Juan erzählte, für die praktische Anwendung dieses Wissens. Und darum drehten sich auch die raffiniertesten Methoden ihrer Zauberei um die Erde. Für sie war die Erde die tiefste Ursache dessen, was wir sind. In dieser Hinsicht, beteuerte Don Juan, hätten sich die alten Seher nicht geirrt, weil die Erde tatsächlich unsere allererste Ursache sei.
    Und dann sprach er nichts mehr, bis wir, etwa eine Meile weiter, auf Genaro trafen. Er erwartete uns, auf einem Stein am Straßenrand sitzend. Er begrüßte mich mit großer Herzlichkeit. Er schlug mir vor, wir sollten ein paar kleinere, zerklüftete Berge erklettern, die mit zäher Vegetation bedeckt waren.
    »Wir drei werden uns an einen Felsen setzen«, sagte Don Juan zu mir, »und das Sonnenlicht betrachten, wie es von den Bergen im Osten widergespiegelt wird. Wenn die Sonne hinter den westlichen Gipfeln versinkt, wird die Erde dir vielleicht helfen, die Ausrichtung zu sehen.«
    Als wir den Gipfel eines Berges erreicht hatten, setzten wir uns, wie Don Juan gesagt hatte, mit dem Rücken gegen einen Felsen. Don Juan befahl mir, mich zwischen die beiden zu setzen. Ich fragte ihn, was er vorhätte. Seine dunklen Andeutungen und sein langes Schweigen schienen mir nichts Gutes zu verheißen. Mir war sehr unbehaglich.
    Er antwortete nicht. Er sprach weiter, als ob ich nichts gesagt hätte.
    »Mit der Entdeckung, daß Wahrnehmung nichts anderes als Ausrichtung ist«, sagte er, »waren die alten Seher wieder einmal über eine großartige Erkenntnis gestolpert. Das Bedauerliche daran ist, daß sie, irregeleitet, wie sie waren, wieder einmal nicht erkannten, was sie da gefunden hatten.«
    Er deutete auf eine Bergkette im Osten des kleinen Tales, in dem die Stadt lag.
    »In den Bergen dort gibt es Glanz genug, um deinem Montagepunkt einen Anstoß zu geben«, sagte er zu mir. »Kurz bevor die Sonne hinter den Gipfeln im

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