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Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingmar Gregorzewski
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als wollte er die Mauern von Jericho zum Einsturz bringen.
    Augenblicklich bereute er das, denn Fräulein Romitschka, die auf der anderen Seite des Schreibtisches Platz genommen hatte, griff sich schützend an den Kopf, die Explosion des Universums vor ihrem geistigen Auge.
    Die im Hintergrund versammelten Polizisten schmunzelten vielsagend vor sich hin. Für sie war klar: Ihr Chef hatte sich bis über beide Ohren in das spröde Fräulein vor ihm verliebt.
    „Dieser Watzke lügt, wenn er nur den Mund aufmacht. Aber wir können ihm nichts beweisen!“, setzte Kloppke nach.
    „Mir geht es um den Jungen. Dass das Haus brannte, mein Gott, das habe ich gar nicht miterlebt, obwohl ich ja dabei war. Es ist dieses Parfüm, es hat mich narkotisiert. Es hat mich um den Verstand gebracht!“, überlegte Fräulein Romitschka laut. „Wenn ich mich doch nur erinnern könnte.“
    Kloppke war mit seinen Gedanken ganz woanders. Aber das wollte er Fräulein Romitschka nicht so deutlich zeigen. Also lächelte er sie an. Dann sah er hinüber zu seinen Männern.
    „Dieser Kardinal war ein international gefeierter Pianist, bis ihm eine Bombe die rechte Hand zerfetzte. Diese Bombe galt dem Kaiser, der ein Konzert der Sängerin Erna Klimovskanowa besuchte. Der Kardinal sollte die Künstlerin am Flügel begleiten. In dem Instrument fand er die Bombe, ohne zu ahnen, dass es eine war. Und so explodierte sie in seiner rechten Hand. Es war ein von Stümpern gemachter Sprengkörper. Gott sei Dank für unseren Kaiser.“
    Kloppke erhob sich und ging zum Fenster.
    „Der Kardinal verarmte. Er konnte unmöglich weiter Konzerte geben. Das Kaiserhaus weigerte sich, ihm eine Abfindung oder eine Rente zu zahlen und er verließ das Land. In sein ehemaliges Haus aber zog der Kaufmann Fridolin von Flocke mit seiner Familie ein. An dem besagten Tag, der hier in den Akten verzeichnet ist, brannte das Haus bis auf die Grundmauern nieder. Lichterloh. Brandstiftung? Von der Familie Flocke gibt es seitdem keine Spur. Nur Felix wurde gesehen. Er hatte es irgendwie geschafft, aus dem Haus zu fliehen. Tja, so weit, so gut...!“, schloss er mit einer gewissen Ratlosigkeit.
    „Sie haben noch etwas vergessen zu erwähnen, Chef!“, meldete sich einer Polizisten zu Wort.
    „Ach ja, Willek? Dann schießen Sie mal los!“
    „Er trägt einen roten Handschuh über der geschädigten Hand“, antwortete der Polizist strebsam.
    „Ach ja, richtig, ich vergaß es zu erwähnen. Bloß wird uns dieser Handschuh auch nicht auf die Spur führen, fürchte ich!“, sagte Kloppke und schritt zurück zu seinem Schreibtisch.
    Gerade wollte er sich wieder setzen, da sprang Fräulein Romitschka von ihrem Stuhl auf, als wäre sie auf einem Skorpion gesessen.
    „Nein, nein, bitte!“, rief Fräulein Romitschka laut und für ihre Verhältnisse unkontrolliert aus. „Mein Kopf, mein Kopf...!“
    Kloppke zuckte schon beim ersten Aufschrei zusammen.
    ‚Ihr Kopf!’, dachte er. ‚Die Katastrophe ist da. Es ist alles aus!’
    Jetzt würde er einen Arzt rufen müssen. Vielleicht gehörte die arme Frau ins Krankenhaus. Sieben Bräute hatte er schon gehabt, alle hatten ihn verlassen. Er hatte kein Glück mit den Frauen. Die eine ging zum Zirkus als Gummimensch, die andere wurde Bäckersfrau, weil sie Kuchen liebte, die dritte starb an Typhus, die vierte machte eine Schifffahrt und kehrte nie zurück...
    „Mein Kopf... er lichtet sich!“, rief Fräulein Romitschka aus.
    Ganz anders erging es Kloppke und seinem Kopf: Der fünften wuchs plötzlich ein Bart, die sechste sprach mit den Engeln und die siebte...
    „Verstehen Sie denn nicht...?!“ Fräulein Romitschka versuchte, Kloppke aus seinen Gedanken zu reißen.
    „...sie wurde im Zoo von einer Giftschlange gebissen!“, sagte Kloppke versehentlich mit lauter Stimme. „...von einer Hypnale nepa , einer Indischen Nasenotter!“
    „Wovon reden Sie denn da?“, fragte Fräulein Romitschka ärgerlich. Sie hatte natürlich nicht die geringste Ahnung von dem, was Kloppke im Moment so alles durch den Kopf ging. „Sie bringen mich ja völlig aus dem Konzept. Wie kommen Sie denn jetzt auf eine Indische Nasenotter, was hat die denn mit unserem Fall zu tun...?“
    „Entschuldigung, vielmals!“, stotterte Kloppke. „Es ist... das Wetter!“
    Die Polizisten mussten ein leises Lachen unterdrücken.
    „Der Tag auf dem Bahnhof... Sie erinnern sich doch, Herr Kloppke... bitte... Ich ging zu Boden, Sie waren mir zu Hilfe geeilt... und es war ein

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