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Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingmar Gregorzewski
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Vielleicht konnte er ja etwas erfühlen. Seine Hand hielt inne. Er drückte sein Ohr an die Wand und lauschte angestrengt. Ganz deutlich hörte er die Geige von Esther – und doch wusste er, dass das Zimmer des Mädchens weit weg sein musste. Seit ihrer Ankunft im Schloss hatte er sie nicht mehr gesehen.
    Der Schall des Instrumentes musste durch einen Hohlraum fließen. Aber wo befand sich dieser?
    Vorsichtig klopfte Felix erneut gegen das Mauerwerk. Und tatsächlich, hier, zwischen den Schränken und den Bücherregalen, nahe am Fenster, klang es auf einmal hohl. Felix pochte gegen die Wand, als wollte er um Einlass bitten. Als er das Tapetenmuster mit den Palmenblättern genauer betrachtete, merkte er, dass es doch nicht ganz gleichmäßig war.
    War das der Hinweis auf eine geheime Tür?
    Felix versuchte, mit den bloßen Fingern in den winzigen Spalt zu greifen. Er rutschte dabei immer wieder ab. So hatte es keinen Zweck.
    Felix erschrak, als sich auf der anderen Seite des Zimmers plötzlich die Türe öffnete und einer der Soldaten, die ihn bewachten, nervös in den Raum blickte.  Blitzschnell machte er einen Handstand und stützte die Füße an der Wand ab.
    „Ist alles in Ordnung, Junge? Brauchst du etwas?“, fragte der Soldat und wirkte dabei leicht verwundert.
    Eisern blieb Felix auf den Händen stehen.
    „Es ist alles bestens“, antwortete er.
    „Was kratzt du denn da an der Wand?“, wollte der Soldat wissen.
    „Nichts. Ich habe nur Anlauf für meinen Handstand genommen“, antwortete Felix und das Blut stieg ihm weiter zu Kopf.
    „Mach’ keinen Unsinn. Wir sind für dich verantwortlich“, sagte der Soldat jetzt deutlich entspannter und ging wieder. Die Zimmertüre schloss er.
    Gerade wollte Felix sich wieder auf seine Beine stellen, da fiel sein Blick in den großen Spiegel über dem Kamin. Darin hatte sich etwas bewegt. Die Geheimtüre in der Wand öffnete sich einen kleinen Spalt – wie von Geisterhand! Das konnte Felix genau erkennen. Auch wenn er kopfüber auf den Händen stand.
    Jemand musste die Geheimtüre von innen geöffnet haben. Das Geigenspiel von Esther war jetzt so deutlich zu hören, als würde sie leibhaftig im Zimmer stehen.
    Aber im Spiegel über dem Kamin war nur Felix zu sehen. Sonst niemand.
    Felix sprang auf die Beine. Vorsichtig nahm er die brennende Kerze vom Tisch.
    „Hallo!“, rief er vorsichtig. „Ist da jemand?“
    Aus dem dunklen Spalt kam keine Antwort. Nur die Geige von Esther lockte.
     
    Auf der Haupttreppe zum Ballsaal begegnete Erna Klimovskanowa dem Kardinal. Er schien in Eile. Es sah so aus, als wollte er das Fest der Kaiserin so schnell wie möglich verlassen. Die Sängerin stellte sich ihm in den Weg. Der Kardinal ahnte nichts Gutes und blieb vor ihr stehen.
    „Teuerste Freundin, ich will nur rasch nach den Kindern sehen“, sprach er mit seiner warmen dunklen Stimme, noch ehe Erna Klimovskanowa das Wort an ihn richten konnte.
    „Oh, das habe ich schon getan!“, antwortete sie ihm kühl und unbeeindruckt von dem schmeichlerischen Tonfall. Sie war zum Kampf bereit.
    „Sie wirken so aufgebracht. Ich hoffe, es gibt keinen Grund zur Klage. Haben die Kinder Sie nicht höflich behandelt?“, fragte der Kardinal und griff sich mit der behandschuhten Hand an sein Herz, als würde es schmerzen.
    „Hören Sie auf mit Ihrem falschen Spiel, Kardinal! Wir brechen die Befragungen mit Baptist ab. Ich weiß zwar nicht genau, was Sie im Schilde führen, aber ich habe das Gefühl, es ist nichts Gutes. Sie werden das Schloss augenblicklich verlassen, oder ich alarmiere die Wachen!“, fauchte die Sängerin und ließ nicht den geringsten Zweifel daran, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen.
    „Was immer Sie beunruhigt, es kann sich nur um ein Missverständnis handeln, Verehrteste. Kommen Sie mit zu den Kindern, und ich bin sicher, es lässt sich alles klären“, bat der Kardinal und streckte der aufgebrachten Erna Klimovskanowa einladend die Hand mit dem roten Handschuh entgegen.
    „Wagen Sie es ja nicht, mich zu berühren! – Ich werde jetzt die Kaiserin davon unterrichten, dass Sie abreisen mussten. Schlimm genug, dass ich Ihre Majestät überhaupt in diese unheilvolle Geschichte hineingezogen habe. Es ist alles meine Schuld. Ich habe ehrlich an Baptist geglaubt, an seine außergewöhnlichen Fähigkeiten, schon als ich ihn das erste Mal sah. – Sie gehen, die Kinder bleiben! Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?“, zischte die Sängerin erneut, sichtlich

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