Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingmar Gregorzewski
Vom Netzwerk:
an.
    „Ich kann nicht. Ich habe keine Stimme mehr, all die Jahre der Einsamkeit haben mich so gut wie stumm gemacht...!“
    „Bitte. Genug geredet. Es geht um Leben und Tod! Rufen Sie es!“, bettelte Felix erneut. „Wenn ich es tue, würden doch alle sofort merken, dass ein Kind ruft. Dann würde jeder denken, dass etwas nicht stimmt!“
    Giacomo knetete hilflos seinen Hut mit beiden Händen.
    „Jeden Moment kann die Musik aufhören. Das ist unsere Chance. Bitte, Giacomo. Helfen Sie uns!“, bat Felix den Harlekin noch einmal eindringlich.
    „Also gut, also gut... aber nur zweimal!“
    „Wir müssen warten, bis die Musik aus ist!“
    „Oh, man wird mich in das Schlossverlies werfen, bei Wasser und Brot... adieu Faisan á la braise , adieu Soupe de Poisson , adieu Mousse au chocolat , adieu all ihr unschätzbaren Köstlichkeiten, adieu, adieu, adieu...!“, jammerte Giacomo, wie ein kleines Kind um sein Spielzeug.
    Felix hörte ihm gar nicht zu. „Achtung! Es ist soweit! Jetzt...!“
    Die Musik war aus. Die Tanzpaare schnauften durch und ein Plaudern und Plauschen setzte unter den Leuten ein.
    Vorsichtig streckte der Harlekin seinen runden weißen Kopf hinter dem Vorhang vor. Niemand beachtete ihn.
    „Ich kann nicht, Felix“, stöhnte Giacomo und rang nach Luft.
    Felix wusste nicht, was er tun sollte. Kurz entschlossen kniff er den Mann feste in den Hintern. Das schmerzte den höllisch.
    „Polka!“, rief Giacomo aus Leibskräften in die Menge. „Polka! Polka!“
    Geschwind zog er seinen Kopf zurück hinter den schützenden Vorhang. Die Erschöpfung war ihm anzusehen.
    „Das war nicht sehr nett, Felix von Flocke, das war ganz und gar nicht nett“ sagte er kopfschüttelnd und griff nach seinem schmerzenden Hinterteil.
    „Giacomo, es tut mir leid. Aber ich hatte keine andere Wahl. Es wird bestimmt nicht wieder vorkommen!“, beteuerte Felix mit Bedauern in der Stimme.
    „Und dass ich es dreimal gerufen habe, davon spricht wohl auch niemand! Mama mia!“, knurrte Giacomo mit beleidigtem Unterton.
    „Danke, danke, danke!“ Felix strahlte ihn von ganzem Herzen an. Und schließlich lächelte der Harlekin zurück.
    „Man hilft ja gerne... wenn man kann“, grunzte er zufrieden.
    Vorne im Ballsaal hatte sich der Ruf von Giacomo längst fortgesetzt. Ausgelassen verlangten die Gäste jetzt nach einer Polka. Die Kaiserin tuschelte mit Frau von Waldburg. Die nickte erst eifrig und eilte dann davon.
    Felix war zufrieden. „Esther haben wir so gut wie in Sicherheit gebracht. Jetzt müssen wir uns um Baptist kümmern.“
     
    Der Kardinal eilte voran. Die Kinder folgten ihm. Wieder ging es die großen Flure entlang, wieder durch ein einsames, verlassenes Labyrinth.
    Baptist versuchte Esther aufmunternde Blicke zuzuwerfen. Doch die sah ihn nur traurig an.
    „Wie findest du die Sachen, die ich anhabe?“, wollte er plötzlich von ihr wissen.
    „Du siehst aus wie ein kleiner Prinz...“, sagte Esther und lächelte.
    „Eher wie ein Papagei“, fand Baptist.
    Beide Kinder fingen leise an zu lachen. Der Kardinal schlug Baptist auf den Rücken. Er wollte, dass sie damit aufhörten.
    In dem Flur mit den großen Gemälden kam ihnen Frau von Waldburg entgegen. Der Kardinal wurde nervös. Am liebsten hätte er die Richtung gewechselt, doch dazu war es nun zu spät. Er deutete den Kindern, stehen zu bleiben und ging alleine auf die Frau zu.
    „Wunderbar!“, rief die Hofdame aus. „Wunderbar, dass ich Ihnen hier begegne. – Befehl der  Kaiserin: Esther möchte bitte sofort die Polka spielen. Die Gäste rufen wie verrückt danach.“
    „Das war Felix!“, flüsterte Esther Baptist zu. „Er hat uns nicht vergessen!“
    „Wissen Sie etwas von Frau Klimovskanowa?“ Die Stimme der Hofdame klang jetzt ehrlich besorgt. „Die Kaiserin lässt sie überall suchen. Zuletzt hat man sie mit Ihnen auf der Treppe sprechen gesehen...!“
    Dem Kardinal gefror das Blut in den Adern. Er rang um Beherrschung.
    „Was wollen Sie damit sagen? Um Gottes Willen, ihr wird doch nichts zugestoßen sein? Bedauerlicherweise kann ich Ihnen nicht weiterhelfen!“
    Frau von Waldburg wandte sich jetzt an Esther. Sie legte ihr von hinten die Arme auf die Schultern und schob sie vor sich her. Die Zeit drängte.
    „Wir müssen los“, sagte die Hofdame freundlich.
    „Aber was ist mit Baptist? Er muss mit! Bitte, Frau von Waldburg...!“, bat Esther.
    Frau von Waldburg blickte zu Baptist.
    „Na, dann komm! Die Kaiserin hat bestimmt nichts

Weitere Kostenlose Bücher