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Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingmar Gregorzewski
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roten Handschuh krallte sich in das schwarze Pflaster. Das ausgestopfte Tier hielt er unter sich begraben. Soldaten und Schaulustige umringten den Toten in gebührendem Abstand. Sinan Khan kniete sich zu ihm und nahm den einäugigen Wolf an sich. Den Kardinal ließ er achtlos liegen.
    „Öffne deine Hände!“, flüsterte Baptist, der seinen Blick nicht von dem Mann lassen konnte.
    „Nein, diesmal nicht, Baptist. Wir haben nicht die Kraft, auch noch für seine Seele zu sorgen. Das muss jemand anderer tun. Eine höhere Macht vielleicht“, sagte Felix.
    Baptist streckte seine Hände zum Fenster hinaus, die Handflächen himmelwärts gerichtet und schloss die Augen.
    „Ich spüre nichts. Keinen Hauch...!“, flüsterte er. Dann besann er sich und schrie: „Er ist nicht tot, er lebt!“
    Alarmiert durch den Schrei sah einer der Soldaten zu den beiden Jungen hoch und rief: „Dort oben, der Rest der Bande!“
    Mit aller Gewalt riss Felix Baptist mit sich zurück in die Wand. Hektisch verschloss er die Geheimtüre von innen. Weg waren sie.
     
    Fräulein Romitschka sah Esther mit strengem Blick an. Sie fand Mädchen immer schon unnötig schwierig in ihrem Verhalten. Jungen waren ihr lieber. Sie gehorchten zwar auch nicht, aber das wenigstens ohne zusätzliche Komplikationen.
    „Warum hast du das denn nicht gleich gesagt, Mädchen?“, fragte das Kinderfräulein vorwurfsvoll.
    Esther hasste es, wenn sie jemand ‘Mädchen’ nannte. Schließlich hatte sie einen Namen.
    „Und du meinst Felix von Flocke? Nur dass wir uns richtig verstehen“, setzte Fräulein Romitschka nach, als sie merkte, dass Esther gar nicht daran dachte, ihr zu antworten.
    Esther nickte. Wie oft sollte sie es denn noch wiederholen? Felix von Flocke war gemeinsam mit ihr, Baptist und dem Kardinal ins Schloss gekommen. Auf Wunsch der Kaiserin.
    Fräulein Romitschka gab es auf. Sie wandte sich an Frau von Waldburg. Das Mädchen war ihr zu verstockt.
    „Oh ja, die Kaiserin fand den Jungen sehr nett. Sie dachte, er wäre der rechte Kamerad für den Prinzen. Das hatte ich Ihnen doch schon erzählt!“, erwiderte die Hofdame.
    „Aber Sie vergaßen zu erwähnen, dass er sich in Begleitung von Verbrechern hier aufhält. – Nun gut, dann weiß ich ja, was ich jetzt zu tun habe!“, sagte Fräulein Romitschka und wandte sich zum Gehen. „Danke vielmals. Vielen Dank auch!“
    Eilig machte sie sich auf die Suche nach Kloppke. Er und seine Leute mussten umgehend davon verständigt werden, dass Felix kein Verbrecher war, dass er geschont werden sollte, bei dieser Treibjagd, die sich mittlerweile im ganzen Schloss ausgebreitet hatte.
    Zwischen Ärzten und Priestern, die eilig die Flure hinauf und hinunter liefen, zwischen Krankenschwestern und Dienern, die Krankenstühle schoben und medizinische Geräte trugen, entdeckte sie schließlich den Hauptwachtmeister.
    „Felix von Flocke ist kein Verbrecher...! So hören Sie doch!“, rief Fräulein Romitschka ihm zu. Kloppke schien nicht zu verstehen, er war noch zu weit weg. Er schien sie nicht einmal bemerkt zu haben.
    Immer mehr Menschen strömten durch die Flure des Schlosses. Die meisten Ballgäste machten sich auf den Weg nach Hause. Traurig warteten sie, dass man ihnen die Vorfahrt ihrer Kutschen meldete. Andere bildeten kleine Gruppen, in denen mit leiser Stimme über den Gesundheitszustand des jungen Prinzen gerätselt wurde.
    Für Fräulein Romitschka schien es unmöglich, zu Kloppke durchzudringen.
    ‚Diese Enge’, dachte sie ‚überall diese Enge... ah, da ist doch dieses Parfüm, es liegt in der Luft, mein Gott, was war es doch gleich...?’
    Ein älterer Herr versperrte ihr den Weg. Sein Monokel blitzte auf.
    „Verzeihen Sie, aber kennen wir uns nicht?“, fragte Fräulein Romitschka ihn.
    ‚Er ist es, der nach diesem Parfüm riecht, es ist der Duft aus dieser Stadt, wie heißt sie doch gleich?’ Fieberhaft arbeitete das Gehirn des Kinderfräuleins.
    Der Mann mit dem Monokel lächelte ihr zu: „Teuerste, ich bin beschämt, aber ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern!“
    Ein Uniformierter trat zu den beiden und sprach den Mann mit dem Monokel an: „Herr Professor Schladerer, bitte, wenn Sie mir folgen wollen! Ihr Assistent wartet bereits.“
    Mit einem freundlichen Kopfnicken ließ der Professor Fräulein Romitschka stehen und folgte dem Uniformierten.
    Fräulein Romitschka versuchte den Professor aufzuhalten.
    „Aber natürlich, Sie sind Professor Schladerer aus Wien. Wollten Sie

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