Das Feuer von Konstantinopel
Hofdame nicht davon, dass er sich um den kranken Prinzen kümmert? Indem er Polka schreit oder schreien lässt?“
Kloppke sog jedes Wort seiner Angebeteten auf und versuchte ihre Aussage in seinem Kopf zu einer Art logischer Kette zu verknüpfen. Immer wieder kam ihm dabei die Bewunderung für das Kinderfräulein in die Quere und störte seine Konzentration und er musste mit der Logikaufgabe wieder von vorne anfangen.
„Es ist der Prinz!“ murmelte er und sein Gesicht leuchtete. „Vielleicht hat alles damit zu tun, dass seiner Kaiserlichen Hoheit Gefahr droht.“
Fräulein Romitschka legte ihren Kopf schief. „Ja, so ungefähr... ich meine, es könnte doch sein... es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn Sie alle gemeinsam...!“
Kloppke erhob seine Kommandostimme zu seinem alten Schlachtruf:
„Männer, mir nach!“
Ehe Fräulein Romitschka sich so recht umsehen konnte, stand sie alleine da.
„Danke vielmals! Vielen Dank auch!“, konterte sie ungehört ins Leere.
„Du darfst das nicht, Hoheit! Bitte...!“, sagte Felix mit sanfter Stimme. Er wollte jede Art von Panik vermeiden.
Der Kardinal stand vor dem offenen Wanddurchgang und war völlig überrascht.
„Eine Geheimtüre! Wie schlau. Die kommt mir gerade recht“, freute er sich. Aber Giacomo versperrte ihm den Weg. Der Harlekin stand in der dunklen Mauer und wagte es nicht, das Zimmer zu betreten. Er wollte den Prinzen nicht erschrecken.
„Platz da, du dummer August!“, zischte der Kardinal ihn an.
Baptist beobachtete Felix, wie der sich um den Prinzen kümmerte.
„Du hast mich vergessen“, sagte er leise vor Traurigkeit.
„Niemand hat dich vergessen, Baptist. Die Stadt mit den drei Namen, von der du gesprochen hast, ich kenne sie. Ich weiß, wo die Eltern sind. Lass’ uns zusammen dorthin gehen!“, schlug Felix vor.
Die Türen zu den Räumen des Prinzen flogen weit auf. Sie wurden mit Gewalt von außen aufgestemmt. Es waren Kloppke und seinen Leute. Sie versperrten den Ausgang, so dass niemand das Zimmer verlassen konnte.
„Halt! Polizei!“, rief Kloppke laut. „Geben Sie auf Kardinal! Das Spiel ist aus! – Hoheit, bitte zu mir! Sie sind in Sicherheit!“
Im selben Augenblick bückte sich der Kardinal nach einer der bunten Scherben. Der Wolf fiel dabei zu Boden und der Mann griff sich den Prinzen. Mit dem roten Handschuh hielt er dem Jungen die Scherbe an den Hals.
„Keine Bewegung, oder der Prinz ist tot!“, fauchte der Kardinal.
Niemand wagte, sich zu bewegen.
„Nimm’ den Wolf, Baptist!“, befahl der Kardinal.
Baptist rührte sich nicht. Felix sah ihn an.
„Den Wolf! Hörst du nicht, Baptist?“, versuchte es der Kardinal noch einmal. Diesmal mit einer noch schärferen Stimme.
Mit weit aufgerissenen Augen wartete der Prinz darauf, was weiter geschehen würde. Er spürte das kalte Glas an seinem Hals.
„Lassen Sie seine Kaiserliche Hoheit augenblicklich frei!“, rief Kloppke dem Kardinal zu. Der antwortete erst mit einem höhnischen Lachen und sagte dann:
„Sie werden machen, was ich Ihnen befehle! Jetzt hat meine Stunde geschlagen!“
Felix ging einen Schritt auf den Mann zu. Der drückte den Prinzen fester an sich.
„Ich nehme den Wolf. Ich helfe Ihnen bei der Flucht. Aber lassen Sie den Prinzen frei!“, sagte Felix, bückte sich nach dem Wolf und nahm ihn an sich.
„Finger weg von dem Rubin! – Wir hatten schon einmal einen Pakt, Felix. Du hast dich nicht daran gehalten und mich hintergangen. Warum sollte ich dir jetzt glauben? Also, wenn du deinen kaiserlichen Freund wirklich retten willst, legst du schön brav den Wolf zu mir!“
Aber Felix dachte gar nicht daran, dem Kardinal zu gehorchen. Mit dem ausgestopften Tier im Arm drehte er sich um und verschwand mit einem Satz durch die Geheimtüre in der Wand.
Augenblick stieß der Kardinal den Prinzen von sich. Der fiel in die am Boden liegenden Glasscherben. Wie ein Derwisch setzte der Kardinal Felix nach und verschwand in der Mauer.
„Felix!“, schrie Baptist. Kloppke setzte gerade an, um sich den Jungen zu schnappen, aber der flüchtete so schnell er konnte in den Geheimgang. Mit einem Ruck zog er die Türe zu. Felix, Baptist und der Kardinal waren verschwunden.
„Giacomo!“, rief der Prinz und erhob sich aus den Glasscherben. „Wo warst du all die Jahre? Ich habe dich unendlich vermisst. Niemand hat mich so zum Lachen gebracht, wie du!“
„Hoheit, wie soll ich mich erklären... es war schrecklich!“, stammelte Giacomo.
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