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Das Feuer von Konstantinopel

Das Feuer von Konstantinopel

Titel: Das Feuer von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingmar Gregorzewski
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ein Leichtes für Baptist, Essen zu stehlen, wenn sie Hunger hatten. Niemals gerieten sie unter Verdacht, die zwei jungen Edelleute.
    Felix hatte die Idee, mit einem der Schiffe b is nach Konstantinopel zu fahren. Aber niemand wollte sie an Bord lassen, denn sie sahen zwar nach Geld aus, hatten aber keines.
    Da entdeckten sie plötzlich Esther. Sie war gerade dabei, das Schiff nach St. Petersburg zu betreten. Begleitet wurde sie von Erna Klimovskanowa und einem Tross Diener, die schwere Gepäckstücke an Bord hievten.
    Esther drehte sich um. Jemand hatte ihren Namen gerufen. Sie erkannte die Stimme gleich, und sie erkannte auch die beiden Jungen. Von der Gangway winkte sie und rief: „Felix, Baptist...! Wartet auf mich!“
    Umständlich kämpfte sie sich durch den Strom der Passagiere, die alle an Bord drängten, noch einmal zurück an Land. 
    „Felix! Baptist!“ Esthers Freude war unbeschreiblich. Aber sie hatte ihre beiden Freunde aus den Augen verloren. Hatte sie sich etwa getäuscht? Galt der Ruf gar nicht ihr?
    „Esther, hier sind wir!“, rief Felix, als sie zwischen all den Händlern mit ihren Würsten, Postkarten und Kämmen in die falsche Richtung laufen wollte.
    „Wartet auf mich. Ich wollte euch nur Lebewohl sagen“, sagte Esther. Sie war leicht außer Atem. „Ich gehe nach Sankt Petersburg. Vielleicht werden wir uns niemals wiedersehen!“
    „Lebewohl, Esther! Wir wollen es bis Konstantinopel schaffen“, sagte Felix. Er klang traurig, war aber zugleich froh darüber, dass es Esther gut ging und sie eine gesicherte Zukunft vor sich hatte.
    „Ganz schön groß“, sagte Baptist und deutete auf das Schiff, von dem das Mädchen gerade kam.
    „Ja“, antwortete Esther. „Wie eine schwimmende Stadt.“
    „Du musst nicht mehr stehlen, das ist für dich vorbei“, sagte Baptist und lächelte sie ungläubig an.
    „Ja, das stimmt. Stehlen ist für immer vorbei“, wiederholte Esther.
    „Für uns auch... bald. – Stimmt’s, Felix?“, fragte Baptist und sah Hilfe suchend zu seinem Bruder.
    „Ja. Für uns wird auch alles anders. Wir werden endlich in Frieden leben“, sagte Felix.
    „Hast du gehört, was mein Bruder gesagt hat?“, fragte Baptist Esther. „Du brauchst Dir um uns keine Sorgen zu machen!“
    „Ich habe etwas für euch... zum Abschied!“, sagte Esther leise zu den beiden. Erst als sie sicher war, dass sie nicht beobachtet wurden, zog sie vorsichtig eine Papierrolle aus der Manteltasche.
    „Es ist das Siegel der Kaiserin. Mein allerletzter Diebstahl. Ich schwöre! Ich habe es dem Kardinal gestohlen. Es soll nun euch gehören. Mit diesem Siegel wird euer Leben vielleicht leichter!“, flüsterte das Mädchen.
    Sie steckte Felix das Siegel zu.
    „Hütet es gut!“
    „Danke, Esther. Danke für alles, was du für uns getan hast!“, antwortete Felix. „Sobald wir in Konstantinopel angekommen sind, werde ich dir schreiben.“
    „Komm mit uns, Esther! Noch ist es nicht zu spät!“, bat Baptist leise. Aber seine Stimme wurde von dem Lärm des Schiffshorns übertönt.
    „Jetzt muss ich los, sonst fährt das Schiff noch ohne mich ab!“, sagte Esther.
    Die drei Kinder sahen einander schweigend an. Keiner wusste so recht, was er jetzt sagen sollte.
    „Ich dreh’ mich nicht mehr um!“, schlug Esther vor.
    „Tu das...!“, sagte Baptist und kämpfte mit den Tränen. „Es wird wohl das Beste sein!“
    „Es war eine lange Zeit...!“, erwiderte Esther.
    Wieder meldete sich das Schiffshorn mit einem gewaltigen Ton. Die Möwen flogen kreischend auf. Esther schlug die Kapuze über ihren Kopf und ging zum Schiff. Sie drehte sich nicht mehr um.
     
    Adieu, kleine Esther Silberstein. Sie ging traurig zurück an Bord des Schiffes. Traurig, weil Kinder nur wissen, was sie zurücklassen. Sie können sich nichts Gutes unter dem vorstellen, was sie erwartet, so wie die Erwachsenen es sich einzureden wissen. Eine grausame Zeit raubte ihr alles, was sie besaß: den Vater, die Mutter, die zehn Brüder, den Großvater und die Heimat. Alles, was ihr wertvoll war, wurde auf dieser Welt ausgelöscht. Nur die Geige blieb ihr. Überall, wo Esther auftrat, hörten ihr die Menschen zu, ergriffen von dem tiefen reinen Glauben und dem dunklen Schmerz, den sie auf ihrem Instrument zum Ausdruck brachte. Bereits mit den ersten Tönen hatte sie das Publikum in ihren Bann geschlagen.
    Aber es kam auch vor, dass sie die Polka spielte, wie einst in der ‘Neuen Welt’, wie einst in der Stadt Berlin. Dann

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