Das Filmbett
sadistischen
Mannsviechern zu Tode gedemütigt zu werden...«
»Du würdest ihn erpressen?«
»Ohne die geringsten
Gewissensbisse.«
Sie planten weiter, bis sie von
den Aufsehern zum Verlassen der Akropolis veranlaßt wurden. Vergnügt hängte
sich Irene in Helena ein. Der Mond hatte seinen Zenit erreicht. Irene zitierte
ungenau: »Ein solcher Mond...« Dann lachte sie: »Ein Sommernachtstraum.« Und
nach einer Pause: »Ein Fehler, daß wir kein Liebespaar sind«, sagte sie.
»Sind wir das nicht?« sagte
Helena.
Irene wußte, was nun auf sie zukommen
würde, und sie wollte es. Sie war lange genug »am Bau«. Sie hatte, wenn auch
mit jämmerlichem Erfolg und ohne Resultat ihre Erfahrungen gemacht, die sie
mißmutig ihre Verfahrungen nannte. Sie war schon im Kinderballett mit allen
Gegebenheiten beider Geschlechter bekannt geworden. Der Körper, das wußte sie,
war ihr eigentliches Instrument, das Werkzeug ihres künstlerischen Ausdruckes.
Sie beherrschte ihn, aber seine Geheimnisse hatte er — wie es oft bei
»engagierten« jungen Tänzerinnen der Fall ist — , noch nicht preisgegeben. Was
die Mädchen in den Ballettgarderoben da faselten von Orgasmus, Lustlösung,
Höhepunkt und Erfüllung hielt sie für Angabe und Wichtigmacherei. Sie hatte
nichts gegen Sex, aber sie hielt das Getue um ihn für maßlose Überschätzung.
Als sie in Helenas Wohnung angekommen waren — sie gehörte den wohlhabenden
Eltern und erschien Irene sehr pariserisch in ihrem art-deco-Stil — , gab sich
Helena zwar sehr degagiert, aber doch auch zurückhaltend. Man zog die
verschwitzten Kleider aus, duschte gemeinsam, und Irene konnte Helenas
makellosen Körper bewundern. Die Freundinnen legten sich ins französische Bett,
tranken Wein. Man sprach natürlich von Sex und Erotik, ungeniert und ohne
Verklemmung. Helena hatte plötzlich eine Art kühler, desinteressierter Distanz,
und Irene merkte nicht, daß sie unentwegt getestet und abgetastet wurde, ohne
berührt zu werden. Helena kam zur Sache ohne bohrende Neugier, ohne
verletzende, indiskrete Fragen, ohne mehr zu zeigen als die Bereitschaft zur
Freundschaft. Irene war leicht berauscht und fühlte sich in einen Trancezustand
versetzt.
Noch bevor es zur ersten, längst
erwarteten und vielleicht ersehnten Annäherung kam, war ihr, als hätte ein
durchtriebener Puck sie mit der Liebesblume — »ein zartes Blümchen, sonst
milchweiß, purpurn nun durch Amors Wunde« — berührt und »ihren Saft auf ihre
Wimpern geträufelt«.
Als Helena sie dann — endlich! — nahm,
war alles ganz anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Es wurde von ihr
Besitz ergriffen, zwar weiblich-verständnisvoll, aber männlich-bestimmt. Da war
nichts von schwüler Lüsternheit, von drängendem, bohrendem Begehren, von geiler
Erregtheit, hektischer Frustriertheit oder gar lasterhaftem Ennui, was sie
befürchtet hatte. Es gab keine katzenhaft schnurrende, schmeichlerische
Verspieltheit, aber auch keine rücksichtslose, brutale Okkupation. Irene
entspannte sich von allein und nicht, weil sie es sich vorgenommen hatte. Eine
harte Zunge bemächtigte sich ihres Leibes fordernd und tolerierend zugleich,
aber erst, nachdem das verlockende Terrain sorgfältig sondiert und ein
Entgegenkommen signalisiert war. Eine sanfte Gewalt begann sie zu beherrschen
und zu leiten. Da war keine verderbte, dekadente Gier und keine vergewaltigende
Roheit. Die Zärtlichkeiten waren seltsam streng, hier wurde nicht verführt,
sondern geführt, bestimmt und mit zweckvoller Klarheit. Sie hatte nicht das
Gefühl sich hinzugeben, sich aufzulösen, zu zerfließen und schon gar nicht die
beschämende Empfindung, benützt, mißbraucht zu werden. Ihr Körper, das
Instrument ihrer Kunst, wurde ihr aus den Händen genommen und mit virtuosen Griffen
wie eine Amati gespielt. Ihr Leib wurde unter Helena zum neugeschaffenen
Kunstwerk. Sie fühlte sich zum erstenmal zur Frau geschaffen, als Frau neu
erschaffen. Irene spürte nur noch irrlichterndes irritierend-flackerndes
Elmsfeuer an einer bestimmten, erigierten Stelle zwischen ihren Beinen, dann
kam eine blutrote glühende Flutwelle, riß ihre Schenkel auseinander, drang in
sie ein und explodierte in einem funkensprühenden Gischt, der ihr Inneres
verbrannte, das vielfältige Nervengeflecht ihres Körpers entzündete und ihre
Gehirnzellen elektrisierte. Die Gewalt des Spasmus warf ihren Unterkörper hoch,
so daß sie auf den Schulterblättern lag, während sich die Füße in die Laken
stemmten.
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