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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Italiens ausborgte.
    Da vereinigte sich der neureiche
Gründerkapitalismus des Wirtschaftsbooms mit den karrieresüchtigen germanischen
Blondinen der Via Veneto, die heruntergekommenen Restbestände internationalen
Hochadels mit der ausgeflippten Prominenz des einstigen Hollywood, die
infarktgefährdeten Lebegreise der Beau monde mit den aufstiegswilligen Wohlstandsnutten
beiderlei Geschlechtes aus dem Untergrund, die juwelenbehängten Witwen im
Besitz der Aktienmajoritäten mit den Nichtstuern aus den korrupten
italienischen Honoratiorenfamilien der Provinz, den »Vitellonis« und den latin
lovers aus dem Mezzogiorno, die nicht viel mehr als Strichjungen waren — sie
alle vereinigten sich zur Ausverkaufs- und Wegwerfgesellschaft der zweiten
Jahrhunderthälfte, die sich Jet-set nennt.
    Swantje war hier jemand. Eines der
besten und opulentesten Fotobücher war herausgekommen, mit ihr als einzigem
Inhalt, und zu einem Buchhändlererfolg geworden. Man konnte da, bis aufs
kleinste Härchen, ihre intimsten Seiten Seite für Seite auf Kunstdruckpapier
aufschlagen.
    Swantje lernte mit billigen
Sexbomben und üppigen Eisbomben zu leben. Es wurde ihr aber rasch leid, die
Tage an den diversen Swimming-pools herumzutrödeln, sich lüstern zu räkeln,
wenn eine männliche Badehose aufkreuzte, sich auf Jachten — außer Reichweite
neugieriger Ferngläser — malerisch nackt am Mast oder an der Takelage zu
postieren, mit leicht geöffneten Schenkeln auf dem Mahagonideck sonnenzubaden,
um — angeblich unwissentlich — backgammonspielenden Männern Erektionen zu
verschaffen. Es langweilte sie, an den abendlichen hochgestochenen Diskussionen
teilzunehmen, von denen sie — wie ihre Mitschwestern — kein Wort verstand,
schweigend dabeisitzen zu müssen, Sekt und Wodka zu trinken und zu warten, bis
der Gastgeber sein Taschentuch geworfen hatte und sie dieser oder jener
Partygast mit ins Bett nahm — zu keinem anderen Zweck, als in irgendeiner
Klatschspalte erwähnt zu werden.
    Es widerte sie an, in Gruppensex
zu machen, nur weil es »in« war, gesellschaftsrituellen Orgien beizuwohnen, die
wegen allseitiger Übermüdung und Abschlaffung vorwiegend zu lächerlichen Mißerfolgen
wurden, solange man nicht das quicke farbige Dienstpersonal aus Ghana zu Hilfe
holte. Sie wollte nicht senilen Voyeuren und faltenreichen Lesben in extremen
Stellungen zeigen, wie sich Mädchen selbst befriedigen. Sie wollte nicht das
träge Leben dieser publizitätsgeilen Dirnchen leben, sondern richtig arbeiten,
malochen, wie sie es von Kindheit an gewöhnt war. Sie fand den Handel, der hier
getrieben wurde, schlicht beschissen und kleinkariert.
    Aus diesem Paradies der Langeweile
holte sie ein Telegramm Ians heraus. Er war überstürzt zurückgekommen (mit
vielen Bildern schöner vollbusiger Massai- und Kikuyu-Mädchen) auf eine
Depesche hin, die ihm endlich eine Filmregie zusagte.
    Swantje quittierte umgehend ihr
Zwischenspiel als Partygirl, kehrte zu Ian zurück und geriet umgehend in ein
neues, bislang unbekanntes Milieu. In der heimlichen Hauptstadt der
Bundesrepublik, die sich in akuter Gefahr befindet immer wieder ein
unheimliches Provinznest zu sein, vegetierten die Reste von Oberhausen, die
Veteranen eines Manifestes, das die Welt erschüttern sollte, längst überholt
von weiteren Generationen von Filmemachern, zermürbt von Mißerfolgen,
ausgehöhlt von den Kämpfen um Prämien in Gremien und Forderungen nach Förderungen.
Die Jungfilmer in der Midlife-crises, komplette Versager mit nie versagenden
Komplexen, die neidisch-nägelkauend auf den nächsten Pseudoerfolg des einen von
drei oder vier Newcomers sahen. Eine Boheme eigener und neuer Art: Die Boheme
der Cineasten, die durch Mund-zu-Mund-Beatmung von einer Mafia spezifisch
deutscher Kinointellektualität am Leben erhalten wurde.
    In dieser verwitterten Boheme
wirkte Swantjes ungebrochene Frische belebender als in Puccinis Boheme Mimi und
Musette zusammen. Sie wurde in diesem Schwabinger Clan, der mit Vorschußlorbeeren
rasch bei der Hand war, zur Muse des »Neuen deutschen Films« ernannt und es war
selbstverständlich, daß sie die Hauptrolle in Ians Regieerstling spielte, der
nur leider immer noch nicht voll finanziert war, auch als Ian seine
beträchtlichen Bankkonten und Swantje euphorisch ihre diversen Sparkassenbücher
in das Projekt investierten. Der Film lag sehr unglücklich zwischen neuer
Filmkunst und altem Kommerzfilm und saß letztlich zwischen allen Kinostühlen.
Er wurde von

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