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Das Filmbett

Das Filmbett

Titel: Das Filmbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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diesem
verzweifelten Coitus Swantjes, sozusagen »in Concert«, konnte man mit Recht
sagen: »A star is born!«
    Diese Szene machte einen höchst
mittelmäßigen Porno zu einer Sehenswürdigkeit und die neue musikalische
Interpretation dieser längst vergessenen Platte zum sensationellsten Hit der
elektronischen Musikbranche.
    Swantje sah sich unvermittelt als
Nummer 1 auf allen Hitlisten. Die Mafia des Pornofilmgeschäftes, die von keinem
Godfather, also von keinem Paten, sondern von einer Patin geleitet wurde, einer
deutschen Kauffrau von erheblicher Tüchtigkeit, entließ sie ungerne, aber in
Frieden. Swantje wurde von der weit härteren Musikmafia vereinnahmt. Sie
erlebte das Tauziehen um Single und LP, Platte oder Kassette, geriet in die
erbitterten Nahkämpfe um Texter und Komponisten, um Manager und Musikkonzerne,
Bandleader und Orchesterchefs, um Tourneeleiter und Konzerthallenbesitzer, um
Lizenzen und Royalities, Urheberrechtsanteile und Gemaprozente, und bestand
alles dank dem eigenartigen Timbre ihrer schönen, vollen, etwas rauchigen
Stimme, der sie keine Beachtung mehr geschenkt hatte, seit sie als Nähmädchen
ihre Freizeit mit Gitarrengeklimper verkürzt hatte.
    Es stimmt nicht, daß ihr Erfolg
mehr der Physis ihres Körpers als der Qualität ihrer Stimmbänder zuzuschreiben
war, doch ergab zweifellos ihre optische Erscheinung mit dem akustischen
Phänomen ihres Gaumensegels einen besonderen Reiz, der nicht nur der
Rock-Jugend gefiel, sondern auch den älteren Generationen. Im glitzernden Goldtrikot
war sie mehr als ein hüftenschwenkendes Go-Go-Girl, sie war ein echter Star,
dessen Repertoire die Bandbreite von Kollo bis Brecht/Weill, von Blues bis
Beat, von Pop bis Punk hatte. Und obwohl sie als Schauspielerin nicht mehr
gezeigt hatte als die mittlere Begabung eines anstelligen Starlets, gewann ihr
Gesicht bei der Interpretation jeglicher Musik soviel Ausdruck, daß von einer
besonderen Persönlichkeit die Rede sein mußte. Als sie im Pariser Olympia
gastierte, sprach man von einer Show-Königin, die über eine neonerleuchtete
Hintertreppe auf die Revuebühne herabstieg, und traf damit ziemlich genau das
ambivalente Spezifikum ihrer Darbietung: die ungewöhnliche Mischung
proletarischen Charmes mit dem ordinären Gout verwahrlosten Establishments.
    Ihre attraktive, fotogene
Erscheinung war natürlich für das Plattencover besonders geeignet, was das
graphische Gewerbe, das den Multikonzernen der Unterhaltungselektronik diente,
redlich auszunützen verstand.
    Und so war es paradoxerweise auch
eine Hülle, die zur letzten Hürde auf der obersten Sprosse ihrer steilen
Karriere wurde. Denn die Hülle zeigte sie hüllenlos und das rief die
Fernsehsender beziehungsweise deren Intendanten, Fernsehräte und Funktionäre
auf den Plan. Die Anstalten — wie immer zu spät am Ball, zu spät informiert — wurden
von der hüllenlosen Plattenhülle kräftig geschockt, als man sich gerade
anschickte, mit dem neuen Showphänomen die eigene Programmode zu düngen. Es gab
Stunk. Man erregte sich zweifach: vor Entsetzen und vor Vergnügen. Die Meinungen
gingen auseinander, weil man dasselbe meinte. Die einen behaupteten, man wäre
schließlich nicht mehr in der pingeligen Adenauerära, in der eine
Fernsehkamera, die aus der Froschperspektive die Evolutionen einer
Cancantänzerin abtastete, beim Programmdirektor mehr Entrüstung hervorrief, als
Jahre später in Hollywood eine ganze Cancantruppe bei Herrn Chrustschow; die
anderen waren der Ansicht, daß auch eine freisinnige Gesellschaftsordnung
sittliche Grenzen haben müsse. Wenn nichts mehr wog, wo blieb da die
Ausgewogenheit. Ein Pornostar als Fernsehstar schreckte doch manchen
Parteimann, der als Fernsehrat die ominöse Unterhaltungssparte argwöhnisch
kontrollierte. Also neigte man dazu, vorgesehene Sendungen abzusetzen, in
Produktion befindliche Shows zu stoppen, in Planung befindliche in die
Schublade zu sperren, in der sich schon die indizierte Plattenhülle befand.
    Swantje ließen diese Querelen
kalt. Sie war den Umgang mit den Herren, die das Sagen hatten, gewohnt. Nach
dem strategischen Konzept ihrer defensiven Blitzkriege begann sie gleichzeitig
an der Basis und an der Spitze der hierarchischen Pyramide tätig zu werden,
ohne dabei ihre wesenseigene Passivität zu verleugnen. Sie schlenderte
geschickt von allen Seiten an das Terrain der Hauptabteilung Unterhaltung und
Musik heran. Sie gewann den herumwieselnden Schleicher Osmin wie den
edelmütigen Bassa

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