Das Filmbett
gekehrt hatte, so daß die haßerfüllte Privatfehde jederzeit
zu einem öffentlichen Skandal werden konnte. Sieger blieb der Ranghöhere.
Für Swantje war der erbitterte
Zweikampf um den ausschließlichen Besitz ihrer Person unbegreiflich. Durch
ihren jähen künstlerischen Erfolg zu einer Persönlichkeit des öffentlichen
Interesses geworden — ein Umstand, der für jeden Menschen schwer zu verkraften
ist -, befürchtete sie plötzlich zur Skandalfigur im bundesrepublikanischen
Kulturbetrieb zu werden, was ihr noch Monate vorher gänzlich egal gewesen wäre.
Aber sie war eben weder ein Glamourgirl noch eine Skandalnudel. Vor dieser
Bedrohung erkannte sie unversehens klar, daß sie eigentlich ihr ganzes Leben
lang ambitionslos und ohne Ehrgeiz gewesen war. Was sie nötig hatte, war ein
bißchen Selbstbestätigung, und davon hatte sie jetzt genug. Publizität und Erfolg
gegenüber blieb sie weitgehend gleichgültig. Bei allem Fleiß war sie immer
idolent gewesen. Sie ließ sich gebrauchen, wenn sie gebraucht wurde.
Gelegentlich hatte man sie den »Wanderpreis« genannt, wenn sie so von Hand zu
Hand ging. Als Trophäe eines ihrer Ansicht nach völlig sinnlosen Zweikampfes
fühlte sie sich zutiefst verunsichert. Um so mehr, als es sich nicht um Liebe,
sondern nur um doofe Männereitelkeit zu handeln schien.
Prompt machte sie den
entscheidenden Fehler. Sie heiratete den Sieger, den großen Zampano der
Sendeanstalt, wobei sie der Ansicht blieb, daß dem Unterlegenen eine erotische
Marschallplanhilfe zugebilligt werden müsse.
Als ihr Freunde zu bedenken gaben,
ob es richtig sei, in eine öffentlich rechtliche Anstalt einzuheiraten — zumal
nach ihrem bisherigen Lebensablauf — , meinte sie gereizt, sie habe nie etwas
gegen recht öffentliche Anstalten gehabt, ihre Eindrücke von dem internen
Betrieb des Hauses würden sich von ihren Vorstellungen eines Bordells nicht
wesentlich unterscheiden und schließlich sei auch ein Eroscenter nichts
grundsätzlich anderes als ein Informationscenter — nur wäre letzteres weniger
ehrlich. Hauptsächlich läge aber der Grund ihres Entschlusses in dem ewigen
Wunsch jeder Hure, eine ehrbare Ehefrau zu werden; ihr sturmgebeuteltes
Lebensschiffchen sollte nun doch langsam in einem Bootshafen vor Anker gehen.
Jetzt, solange sie noch eine Luxusjacht sei. Als alter Musikdampfer würde sie
außer Dienst gestellt und fiele der Versteigerung mit anschließender
Verschrottung anheim.
Trotz allen verzweifelten
Ratschlägen ihrer Manager und Plattenproduzenten gab sie das Singen auf,
bemühte sich nicht mehr um Engagements, Konzerttourneen oder — für alle
überraschend — um Sendungen oder Personality-Shows. Sie wurde, wie viele Huren,
eine gute Ehefrau und machte im Zeitalter der Dienstleistungsmisere als
Haussklavin wie als Dame des Hauses eine gute Figur, auch wenn eine Aureole der
Fragwürdigkeit sie umschwebte und ein süffisantes Geraune bei der Konversation
ihrer Partygäste nie verstummte. Das einfache Sensorium ihres Gemütes nahm das
nicht wahr. Und auch der hahnenhafte Besitzerstolz des Ehemannes registrierte
nichts dergleichen.
Als der einstige Krieger und
spätere Funktionär überraschend schnell starb — nicht an einem managergerechten
Herzinfarkt, sondern wie boshafte Zungen behaupteten am Vitaminüberfluß W
(Whisky) — , gab es eine Katastrophe. Plötzlich kam das unter den Teppich
Gekehrte zum Vorschein: die Finanzierung des Luxusbungalows und anderes
stellten sich als dankbare Gefälligkeitsbeweise von Lobbies, Interessenten und
Auftragsfirmen heraus, und einige Wochenmagazine sprachen von einem Abgrund von
Korruption.
Das Ende ist rasch erzählt.
Swantje, so jäh aus der Gesellschaft ausgeschlossen, wie sie aufgenommen worden
war, benützte alles, was sie wieder erworben hatte, um die größten Schulden
abzudecken.
Als sie wieder singen wollte,
mußte sie erfahren, daß sie nicht mehr »in« war. Nach einiger Zeit nahm sie
einen Pornofilm an, spielte dann auch in einem Film der wieder einmal »Neuen
deutschen Welle« eine kleine Rolle, in der es hauptsächlich auf ihren Busen
ankam. Dann lebte sie einige Jahre mit einem erfolgreich pleitegegangenen
Baulöwen zusammen an der Côte d’argent, der sich nicht mehr in die
Bundesrepublik wagen durfte und sie schließlich wegen einer Bauchtänzerin aus
dem Sudan sitzen ließ. Anschließend machte sie einige Werbespots, in denen sie
eine Bundesbürgerin spielte, die über die Waschkraft eines Reinigungsmittels
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